RWTH-Institut für Straßenwesen forscht an Straßen mit integrierter Photovoltaik
RWTH Aachen: „Es werden Module benötigt, die horizontal liegen, bruch- wie rutschfest sind und das Licht optimal zur Energiegewinnung nutzen“. Er forscht unter Leitung von Professor Markus Oeser am RWTH-Institut für Straßenwesen in einem Verbund, gefördert vom BMWi. Im Fokus steht die technische Bewertung der Energiegewinnung durch Fahrbahnoberflächen mit integrierter Photovoltaik.
„In Deutschland gibt es rund 1,4 Milliarden Quadratmeter horizontale Flächen. Diese könnten für die Erzeugung von Strom genutzt werden, beispielsweise für das Betreiben von 20 Millionen Elektroautos“, errechnet Lukas Renken von derDerzeit existieren nur Photovoltaik-Module für Dächer, Freiflächen und Fassaden, die meist aufgeständert nach Süden gerichtet sind. Es gibt keine horizontal ausgelegten Module mit hohem Energieertrag bei gleichzeitiger Belastbarkeit. Eine Doppelnutzung von Straßen für Verkehr und als Energielieferant bietet aber ein größeres Flächenpotenzial als Photovoltaik auf dem Dach. Im Projekt werden daher in den nächsten zwei Jahren die technischen und wirtschaftlichen Risiken befahrbarer Solar-Module erforscht. So müssen sie zum Beispiel eine mechanische Belastbarkeit von bis zu 11,5 Tonnen Achsenlast haben, um auch Lkw tragen zu können.
Energiewende unterstützen
Zwei Aspekte prägen den kontinuierlich wachsenden Strombedarf: Die Energiewende mit dem Atomausstieg macht alternative Stromquellen unverzichtbar. Außerdem steigert die zunehmende Elektromobilität den Verbrauch. „Wenn 15 Prozent der Verkehrsflächen mit den Solar-Modulen ausgestattet werden, sind in Deutschland keine Atomkraftwerke mehr notwendig“, erläutert Donald Müller-Judex von der Solmove GmbH als Forschungspartner. „Die lokalen Versorger können auf regenerative Alternativen umstellen und langfristig die Kosten für die Straßenerhaltung refinanzieren“, betont er. Der Energieaufwand für die Produktion der Module werde in drei Jahren ausgeglichen. Das System soll eine Lebensdauer von 25 Jahren haben – länger als konventioneller Asphalt, der in der Regel nach 20 Jahren grundsaniert werden muss. „Die Entwicklung einer Solarstraße ist ein wichtiger Baustein für die Straße der Zukunft“, ergänzt Professor Oeser.
Solarteppich wird ausgerollt
Die Solar-Module sind industriell vorgefertigt etwa fünf bis sechs Millimeter dick und bestehen aus zusammensetzbaren Elementen, die wie ein Fliesenteppich ausgelegt werden. Sie sind mit einem besonders bruchsicheren und rutschfesten Spezialglas bedeckt und können beliebig kombiniert und ausgetauscht werden. Das Besondere ist die Oberfläche: Das Glas lenkt einfallendes Licht optimiert auf die PV-Schicht im Inneren, so dass ein hoher Energieertrag möglich ist. Gleichzeitig führt das Glas photokatalytische Effekte herbei. „Es kann zur Luftreinhaltung beitragen, indem Stickoxide abgebaut werden“, so Lukas Renken.
Demonstrator entwickelt
Die Oberflächen der Fahrbahnen sollen zudem selbstreinigende Eigenschaften erhalten, damit möglichst wenig Schmutz das Sonnenlicht von den Solarzellen abhält. Integrierte LED-Lampen lassen die Seitenstreifen nachts leuchten. Flüsterqualität bekommt die Solarstraße durch eine akustisch optimierte Struktur. Dank Induktionsschleifen versorgen die Photovoltaik-Fahrbahnen Autos während der Fahrt drahtlos mit Energie. Auch Ampelsysteme werden über die Module mit Energie versorgt. Außerdem sollen Zwischenspeichersysteme die überschüssige Energie speichern.
Ein erster Demonstrator eines Solar-Moduls wurde von der RWTH gemeinsam mit der Solmove GmbH entwickelt (vgl. solarify.eu/strassen-als-kraftwerke). Weiterhin involviert sind unter anderem zwei Fraunhofer-Institute, die Bundesanstalt für Straßenwesen, das Forschungszentrum Jülich und die Spezialglashersteller JSJ Jodeit GmbH. Zu klären sind noch mögliche Unfallsituationen: „Das Schaltsystem ist so zu wählen, dass nur Teile des Systems abgeschaltet werden müssen“, meint Renken. Da wenig frequentierte Straßen zugleich weniger beschattet sind, wären Zufahrtsstraßen oder Fußgängerüberwege besonders gute Einsatzbereiche. „Aber auch höherbelastete Verkehrsflächen können mit den Systemen ausgestattet werden. Wir werden die Technik in den nächsten zwei Jahren optimieren.“
Franz Alt auf seiner Sonnenseite: „Diese neuartigen Solarzellen werden bereits in Kalifornien und in den Niederlanden erprobt. Die französische Umweltministerin Segolene Royale hat angekündigt, dass diese Solarstraßen und Solarschienenwege in Frankreich bis 2021 auf hundert Kilometern erforscht würden. Solar betriebene Elektroautos könnten sich dort beim Fahren automatisch selbst aufladen. Ladezeiten würden so entfallen. Mit nur wenig Phantasie und mit den bisherigen Erfahrungen kann überhaupt kein Zweifel mehr daran bestehen, dass der hundertprozentige Umstieg auf erneuerbare Energie auf der ganzen Welt in wenigen Jahrzehnten möglich ist. Dann entfallen auch viele Fluchtgründe, Ursachen für Ölkriege und das Klima ist noch zu retten.“
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