Welche Folgen für das politische Gesamtgefüge?
-Kommentar von Stefan Gsänger-
Freitag, der 8. Juli 2016, wird als der Schwarze Freitag in die Geschichte der Energiewende in Deutschland eingehen. In einem Eilverfahren, dessen demokratische Legitimation angezweifelt werden darf, wurden 15, im Grunde sogar 25 Jahre erfolgreiche Gesetzgebung und weltweite Führung im Bereich Erneuerbare Energien aufgegeben. Bereits unter der Kohl-Regierung begann 1990/91 die Energiewende mit dem Stromeinspeisungsgesetz, Rot-grün verabschiedete dann im Jahr 2000 mit dem „Gesetz über den Vorrang der Erneuerbaren Energien“ EEG praktisch das verbesserte Stromeinspeisungsgesetz, das weltweit zum Vorbild und Leitbild wurde.
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Seit Freitag hat das EEG nun seinen ursprünglichen Charakter völlig verloren, es wurde zum Gesetz zur Begrenzung der Erneuerbaren Energien.
Besonders beschämend und demokratieschädigend ist es, wie wenige Abgeordnete im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens den Mut fanden, zumindest einen sachgerechten Entscheidungsprozess mit ausreichender Beteiligung der sonst hoch gepriesenen Zivilgesellschaft einzufordern. Offenbar haben Regierung und Parlament Angst vor den Ansichten der Bürgerinnen und Bürgern. Dem Parlamentarismus wurde damit schwerer Schaden zugefügt – und das in Tagen, in denen es wohlfeil ist, nach dem Brexit Volksentscheide als ungeeignete politische Instrumente zu brandmarken.
Auch die Opposition, das sei betont, hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert und ihre Möglichkeiten im Bundesrat nicht genutzt. Reden im Bundestag allein reicht nicht aus.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die Gesellschaft auf eine solche Entscheidung reagiert. Hat sie die Kraft, sich trotz eklatanter Verschlechterung der Rechtslage neue Wege für die Bürgerenergiewende zu erschließen? Welche langfristigen Konsequenzen hat das alles auf das politische System in Deutschland, wenn so schamlos und eindeutig Konzerninteressen vor Gemeinwohl gestellt werden? Und das auch noch mit dem Bruch internationaler Vereinbarungen, da die Bundesregierung ja die Pariser Klimaschutzvereinbarung unterzeichnet hat und dieses Abkommen eine beschleunigte anstatt gebremste Einführung der Erneuerbaren Energien erfordert.
Im fernen Australien fährt die dortige Regierung seit einigen Jahren ebenfalls einen Kurs pro Fossilkonzerne und contra Wind und Sonne. Als Reaktion darauf gibt es nun eine Renewable Energy Party. Völlig überraschend wäre es nicht, sollte es auch hierzulande eine solche Entwicklung geben – es ist verlockend, dass für den Einzug ins Europäische Parlament weniger als eine halbe Million Stimmen ausreichen. Ob dies allerdings sinnvoll wäre, darf jedoch auch bezweifelt werden, da dies die Erneuerbaren Energien noch stärker in eine Ecke drängen würde.
Stattdessen wünsche ich mir, dass sich die Befürworter der Erneuerbaren Energien stärker als bisher in ALLEN bestehenden Parteien engagieren. Und sich noch besser parteiübergreifend vernetzen.
Und, am wichtigsten, dass sie nicht nachlassen in ihren täglichen Anstrengungen, die Bürgerenergiewende in der Praxis umzusetzen.
Stefan Gsänger ist Generalsekretär der Wind Energy Association, des internationalen Dachverbandes zur Förderung der Windenergie, 2001 gegründet mit Sitz in Bonn. Im August 2014 hatte die WWEA 600 direkte Mitgliedsorganisationen aus insgesamt 104 Staaten, darunter Windenergieverbände auf nationaler Ebene, wissenschaftliche Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus der Windenergiebranche.