Hendricks begrüßt Brüsseler Grenzwerte für Mitgliedstaaten
Keine grundstürzende Neuigkeit: Die Erderwärmung soll langfristig zwei Grad nicht übersteigen – im Kampf gegen den Klimawandel will die EU-Kommission den Mitgliedsländern jetzt allerdings erstmals nationale Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasen vorschreiben. Bundesumweltministerin Hendricks begrüßt das – im Gegensatz zu den Umweltverbänden.
Nach den Brüsseler Vorschlägen soll Deutschland den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 38 Prozent im Vergleich zu 2005 verringern. Schweden und Luxemburg sollen sogar 40 Prozent erreichen, Wegen seiner geringen Wirtschaftskraft werden Bulgarien keine Vorgaben gemacht.
Mit den unterschiedlichen nationalen Reduktionszielen will Brüssel sicherstellen, dass die EU ihre Zusagen (-40 % ggü. 1990) von der Weltklimakonferenz COP21 in Paris einhalten kann. Die Mitgliedsstaaten und das Europaparlament müssen zustimmen.
Hendricks begrüßt EU-Vorschlag zur Aufteilung des EU-Klimaziels
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks begrüßte laut einer Pressemitteilung vom 20.07.2017 den Vorschlag der EU-Kommission zur Aufteilung des gemeinsamen europäischen Klimaziels für 2030 auf die Mitgliedstaaten: „Das ist eine gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen.“ Der Vorschlag der Kommission diene nun der Umsetzung dieses Ziels in EU-Recht.
Hendricks: „Europa macht ernst beim Klimaschutz. Nicht nur Deutschland, auch alle anderen EU-Staaten werden bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen deutlich senken. Zum ersten Mal werden auch die osteuropäischen Staaten ihre Emissionen verbindlich reduzieren. Manche sprechen dabei von Lastenteilung. Aber ich finde, der Begriff Chancenteilung trifft es besser. Denn Klimaschutz ist eine große Chance für die Modernisierung unserer europäischen Volkswirtschaften. Wir sind bereit, mit unserem bestehenden nationalen Ziel noch über die Vorgaben hinaus zu gehen. Aber das muss dem Klima zugutekommen und darf nicht dazu führen, dass andere europäische Staaten weniger tun.“
„Deutsches Ziel ambitionierter“
Die BMUB-Pressemitteilung wörtlich: „Konkret schlägt die Kommission für jeden EU-Mitgliedstaat ein Klimaziel für die Bereiche vor, die nicht am Emissionshandel teilnehmen, also Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall. Für Deutschland ist demnach eine verbindliche Treibhausgasminderung von 38 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 vorgesehen. Dieser Wert lässt sich nicht direkt vergleichen mit dem nationalen Klimaziel von mindestens 55 Prozent Reduktion bis 2030, bezogen auf das Basisjahr 1990 und auf alle Sektoren (inklusive Emissionshandelsbereiche). Allerdings ist klar, dass das bestehende nationale deutsche Klimaziel im Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommission noch etwas ambitionierter ist.“
Industrie und Energieerzeugung seien vom EU-Vorschlag nicht betroffen, da sie unter den europaweiten Emissionshandel ETS fielen, der ebenfalls reformiert werden solle. Der Vorschlag der Kommission basiere auf den Klimazielen der EU für 2030, die im Oktober 2014 vom Europäischen Rat beschlossen wurden. Damals wurde auch bereits die grobe Formel für die Aufteilung der Ziele beschlossen, wonach Staaten mit höherem Pro-Kopf-Einkommen mehr tun müssen als ärmere Mitgliedsstaaten.
Grüne und SPD-MdEP kritisch
EU-Abgeordnete von SPD und Grünen kritisierten, dass den Staaten mit den beiden Einschränkungen Hintertüren geöffnet würden. „Es ist bedenklich, dass die Mitgliedsländer mangelnden Fortschritt im Transport-, Wärme- und Landwirtschaftssektor demnächst mit Emissionsminderungen aus dem Energie- und Industriebereich ausgleichen können“, sagte der SPD-Politiker Jo Leinen. Zudem dürften Wälder und Autoabgase nicht gegeneinander aufgerechnet werden.
Österreichische Wirtschaftskammer mosert: „Überzogene Reduktionsverpflichtung“
Für Österreich schlug Brüssel effektiv minus 36% als Zielwert v0r; das nannte die Wirtschaftskammer Österreich „eine überzogene Reduktionsverpflichtung“. Zudem sei die Spannbreite der Mitgliedstaaten zu groß, „die innereuropäische Lastenteilung spiegelt nicht die tatsächlichen Emissionsreduktionspotenziale wider. Für die Festsetzung der Ziele hat die Kommission nicht die richtigen Kriterien gewählt“, kritisierte Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik der WKÖ.
„Auf BIP pro Kopf abzuzielen bestraft jene Mitgliedstaaten, die bereits erhebliche Anstrengungen zur Emissionsreduktion getätigt haben. Wesentliche Indikatoren, wie etwa schon erreichte und noch vorhandene Treibhausgasreduktionspotenziale, geografische und demografische Gegebenheiten, werden dabei vernachlässigt,“ ergänzt Schwarzer. Aus Sicht der WKÖ sollten die schon erreichten Treibhausgas-Reduktionen berücksichtigt werden. Nach seiner Einschätzung wäre es fairer und sinnvoller, das Kriterium Emissionen pro BIP heranzuziehen, was die Gesamtkosten senken und gleichmäßiger verteilen würde. Der Wirtschafts-und Beschäftigungsstandort Österreich sollte nicht noch weiter mit überbordenden Kosten konfrontiert werden. „Daher fordert die WKÖ die Bundesregierung auf, die österreichische Verpflichtung mit Augenmaß und Vorsicht festzulegen, andernfalls wären der Wirtschaftsstandort in Gefahr und eine Deindustrialisierung vorprogrammiert“, so eine Presseaussendung aus Wien.
Folgt: Erstmals Verordnung für Klimawirkung von Wäldern und Böden (LULUCF)