Doch Chancen für europäsche Betrugs-Software-Fahrer
Nach der Vergleichsvereinbarung zwischen dem VW-Konzern und den privaten Klägern in den USA vom 28.06.2016 haben – anders, als zunächst gemeldet – auch europäische Besitzer von Autos mit VW-Betrugssoftware Chancen auf Schadenersatz. Auf den Seiten my-right.de und Stichting Volkswagen Car Claim können sich Geschädigte registrieren und vertreten lassen.
Legendärer US-Anwalt will für deutsche Autobesitzer kämpfen
Hinter der my-right-Sammelklage steckt US-Staranwalt Michael D. Hausfeld. test.de hat sich das Angebot angeschaut und beurteilt es in der hier folgenden Pressemitteilung. In den USA ist Anwalt Michael D. Hausfeld laut test.de eine Legende. Er hat etliche Milliarden Dollar Schadenersatz für Opfer von Diskriminierung, Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen erkämpft. Auch bei den Klagen amerikanischer Opfer der VW-Manipulationen war er beteiligt. Bei solchen „class actions“ ziehen einzelne Musterkläger stellvertretend für alle anderen Opfer vor Gericht, Unternehmen können zu milliardenschwerem Schadenersatz verurteilt werden. Alle übrigen Opfer werden anschließend entsprechend der im Musterprozess ausgehandelten Regeln entschädigt. Solche Sammelklagen gibt es in Deutschland nicht. Zivilrechtlicher Schadenersatz steht Besitzern von Autos mit Betrugssoftware aber auch in Deutschland zu, erklärt Christopher Rother, Hausfelds Partner in Deutschland und Leiter der Niederlassung der US-Kanzlei in Berlin. Durch Abtretung solcher Forderungen an einen Kläger können die Rechte vieler Opfer auch in Deutschland gesammelt geltend gemacht werden.
Auf durchschnittlich 1 000 bis 1 500 Euro Minderwert pro Auto schätzt Rother den Schaden von Opfern des VW-Skandals. Was genau VW zu zahlen hat, hängt vor allem davon ab, wie gut oder schlecht die Nachrüstung der betroffenen Autos mit korrekter Motorsteuerung gelingt und was die Autos anschließend wert sind. Einzelklagen haben praktisch keine Aussicht auf Erfolg. Um die Wertminderung der Autos zu ermitteln, werden aufwändige Gutachten nötig sein. Die Honorare der Gutachter werden den maximal möglichen Schadenersatz im Einzelfall bei weitem übersteigen und Kläger müssen sie erstmal vorstrecken. Auch fähige Rechtsanwälte verlangen in der Regel einen Vorschuss auf ihr Honorar.
Registrierung angelaufen
Bei der Sammlung von Forderungen durch my-right.de kann mitmachen, wer ein Auto aus dem VW-Konzern mit betrügerischer Motorsteuerung vor Bekanntwerden des Skandals im September 2015 gekauft hat. Er benötigt Kopien oder Scan-Dateien von
- Fahrzeugschein,
- Zulassungsbescheinigung (Teil 2),
- Kauf- oder Leasingvertrag
- und gegebenenfalls Kreditvertrag.
Die Unterlagen muss er entweder bei Registrierung auf my-right.de hochladen oder später per Post schicken. test.de hat es ausprobiert: Die Registrierung mit Hochladen der erforderlichen Unterlagen verläuft problemlos. Die Bedienung klappt auf Anhieb.
Inkasso beim VW-Konzern
Hinter dem Dienst my-right.de steht die Financialright GmbH aus Hamburg. Das Unternehmen hat eine sogenannte Inkasso-Zulassung. Es zieht Forderungen von Verbrauchern gegen Unternehmen wie die Volkswagen AG ein. Wenn Verbraucher sich über my-right.de registriert haben, schickt das Inkassounternehmen ihnen per E-Mail das Formular für eine „Treuhänderische Abtretung“ aller Schadenersatzforderungen gegen VW. Wenn Verbraucher es ausdrucken, unterzeichnen und an das Unternehmen schicken, gehen deren Rechte auf das Inkassounternehmen über.
Kein Kostenrisiko für Autobesitzer
Financialright verpflichtet sich, die von den Kunden abgetretenen Rechte gegen VW durchzusetzen und Schadenersatz zu fordern. Bietet VW außergerichtlich eine aus Sicht des Unternehmens ausreichend hohe Zahlung an, wird Financialright einen Vergleich mit dem Autohersteller schließen. Darin wird festgelegt, wie viel Geld Besitzern von Skandalautos der unterschiedlichen Typen zusteht. Wenn der Autokonzern gar nicht oder nicht genug zahlt, geht es vor Gericht. Dann kommen die Hausfeld-Anwälte zum Zuge, allen voran Christopher Rother. Wenn VW am Ende zahlt, behält das Unternehmen 35 Prozent des Geldes. 65 Prozent des auf sie entfallenden Schadenersatzes erhalten die Autobesitzer. Wer den Vergleich am Ende für unzureichend hält, kann aussteigen und auf eigene Faust mehr fordern. Er schuldet Financialright dann allerdings das Honorar, also 35 Prozent der angebotenen Entschädigung.
Financialright verlangt Qualitätsgarantien von VW
Financialright fordert für die von ihm vertretenen Kunden bindende Qualitätsgarantien für alle nachgerüsteten Fahrzeuge. VW habe bisher nur „unverbindliche Zusicherungen“ gegeben, dass sich betroffenen Wagen nach einem Rückruf bei Parametern wie Verbrauch, Motorleistung und Verschleiß nicht verschlechterten. „Wir fragen uns, warum VW nicht bereits freiwillig eine umfassende Garantie auf die Nachrüstung gegeben hat“, zitiert die Nachrichtenagentur afp my-right.de-Sprecher Jan-Eike Andresen. Das Inkassounternehmen will VW daher nun per Schreiben im Namen ihrer Kunden auffordern, diese Zusicherung zu geben und im Fall von Qualitätseinbußen eine „Vertragsstrafe“ von 5.000 Euro zu akzeptieren. Laut Christopher Rother sind die ersten entsprechenden Briefe im Namen der my-right.de-Mandanten bereits an VW verschickt worden. Aufgrund der hohen Zahl werde die gesamte Aktion „Wochen und Monate“ dauern, sagte Rother der afp. Nach eigenen Angaben betreut der Dienstleister Financialright tausende VW-Käufer, darunter neben Privatkunden auch Betreiber größerer Fahrzeugflotten.
test-Fazit: Interessanter Deal für viele VW-Kunden
my-right.de ist laut test-de eine bequeme Möglichkeit, Schadenersatzansprüche gegen VW durchzusetzen. Wenn es nicht klappt, zahlen Kunden gar nichts. Wenn es klappt, geht gut ein Drittel des Schadenersatzes ans Unternehmen. Für viele Fahrzeugbesitzer dürfte das ein guter Deal sein. Denn die Ansprüche gegen VW selbst geltend zu machen, ist annähernd aussichtslos. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, kann natürlich ohne Kostenrisiko selbst einen Rechtsanwalt beauftragen – muss ihn aber selbst mit allen erforderlichen Informationen und Unterlagen versorgen.
->Quellen: