EVU und Netzbetreiber bald überflüssig?

Brooklyn-Bewohner speisen selbst produzierten Solarstrom in unabhängiges Netz ein und sparen Kosten und Energie

Im Projekt „Brooklyn Microgrid“ versorgen die Bewohner einiger Stadtteile von New York seit kurzem einander mit Solarstrom. Während auf einer Straßenseite oder dem Nachbarhaus auf den Dächern mit PV-Modulen Energie erzeugt wird, nutzen die Nachbarn von gegenüber den Ökostrom mit, ohne zwischengeschaltete Stromanbieter oder Netzbetreiber. Darauf hat eben Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im BMUB,  jetzt per Twitter hingewiesen, und darüber berichtet Anica Beuerbach im greenpeace magazin.

Über das Mini-Netz lasse sich der an Ort und Stelle erzeugte Strom direkt an die Anwohner weiterverkaufen. Jeweils zwei Erzeuger können ein eigenes kleines Stromnetz betreiben und ihren Strom an bis zu 13 Konsumenten liefern. Das Ziel der Entwickler sei unabhängige Produktion von Erneuerbaren Energien in den Gemeinden. Diese käme vor allem bei Stromausfällen durch extreme Wetterereignisse zum Tragen. 130 Gebäude in den zwei Brooklyner Stadtteilen Gowanus und Park Slope hätten sich bereits für diese ökologische Stromgewinnung angemeldet. Der Staat New York habe daraufhin einen Wettbewerb für Microgrid-Projekte in Höhe von 40 Millionen US-Dollar ausgeschrieben.

„Das Bahnbrechende ist, dass jemand wie ich, der keine Solarmodule besitzt, trotzdem Teil dieses Ökostrom-Netzwerkes werden kann“, so Lawrence Orsini, Gründer von Lo3 Energy, dem Unternehmen, das die digitale Plattform für das lokale Stromnetz entwickelt hat, gegenüber dem Online-Magazin „Motherboard“. Zudem sei es effizienter, betont Orsini, da der herkömmliche Strom aus abgelegenen Kraftwerken stammt und es bei der Produktion und der Anlieferung meist zu Wärme- und Energieverlusten kommt, die üblicherweise der Endverbraucher bezahlen muss. Bei der Bezahlung über das Microgrid wird hingegen nur der tatsächliche Stromverbrauch abgerechnet.

[note: Die Ziele des Brooklyn Microgrid-Projekts nach eigenen Angaben:

  • Erhöhung der Menge der Produktion von Erneuerbaren Energien von Mitgliedern der Energie-Genossenschaft in der Kommune;
  • Entwicklung eines Netzwerks verteilter Energieressourcen, das Effizienz, Netz-Stabilität und -Elastizität verbessert;
  • Verwaltung dieser Energieressourcen in Zeiten von Stromausfällen, um die Genossenschaft und die lokale Wirtschaft zu schützen;
  • Erstellung finanzieller Anreize und neuer Geschäftsmodelle, um gemeinsame Investitionen der Kommune in ihre Energiezukunft zu fördern, sowie
  • Schaffung von Arbeitsplätzen zur Ankurbelung der lokalen Wirtschaft.]

Das Microgrid funktioniert nach dem Blockchain-Verfahren, bei dem digital erstellte Datensätze an bestehende angeknüpft werden. So sind Einspeisung und Stromabnahme von allen Nutzern einsehbar und können nicht nachträglich manipuliert werden. Auch die digitale Währung „Bitcoin“ funktioniert so und verhindert oft hohe Transaktionsgebühren, wie sie zum Beispiel Banken fordern. Ernst & Young hält Blockchain für eine der wichtigsten Entwicklungen seit der Erfindung des Internets. Für den Energiehandel gebe es hier noch viel Potenzial.

Auch in Deutschland gibt es schon Interessenten für die unabhängige Energiegewinnung: Ende Juli besuchten Schwarzelühr-Sutter (SPD) und BMUB-Kollegen das Projekt in Brooklyn. Auf Twitter postete sie dieses Foto eines mit Solarzellen überdachten öffentlichen Parkplates, der die Anwohner versorgt:

Ein deutscher Anbieter für Komplettlösungen im Bereich des dezentralen Energiemanagements bietet seinen Kunden bereits seit kurzem eine Strom-Flatrate an. Das Komplettpaket, aus dem Microgrids werden könnten, umfasst eine Kombinationen aus PV-Anlage, Batteriespeicher, Energiemanagement und allen dazu gehörigen Services – zu einem Kampfpreis. Versorgungsschwankungen gleicht eine von dem Unternehmen organisierte Gemeinschaft. Künftig kann die Kundschaft auf dem Dach ihre eigene Solarenergie produzieren, sie direkt verbrauchen oder auch in einer Batterie zwischenspeichern, um sie bei Bedarf zu nutzen. Den nicht benötigten Strom gibt sie automatisch in die Gemeinschaft weiter. (Siehe: solarify.eu/ende-der-stromrechnung)

[note Solarify meint: Das Prinzip MicroGrid könnte einer echten Energiewende Schub verleihen – wenn es denn in Deutschland durchsetzbar ist und nicht an irgendwelchen Gerichtsschranken endet, welche die davon lebensbedrohten EVU zu errichten versuchen werden. Solarify hört bereits die vorwurfsvollen Rufe „Entsolidarisierung! Entsolidarisierung!“ Doch – siehe Rand-Kolumne auf der Homepage – die lediglich dem Namen – nicht ihren Taten – nach Große Koalition wird die Begeisterung ihrer Umwelt-Staatssekretärin nicht zur Gänze teilen: Denn die im Zuge der Energiewende und des Klimaschutzes unzweifelhaft und notwendigerweise sich ändernde Arbeitsplatzstruktur könnte ja die eine oder andere Wählerstimme kosten…]

->Quellen: