Erstmals künstliche Photosynthese im Großmaßstab

Vom Blatt zum Baum: Forscher entwerfen erstmals praktisch anwendbares Design für photoelektrochemische Wasserspaltung

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben zum ersten Mal ein komplettes und kompaktes Design einer Anlage für die künstliche Photosynthese entwickelt. Dies bringt diese Technologie einen entscheidenden Schritt näher zur Anwendung. Das in Nature Communications veröffentlichte Konzept ist flexibel, sowohl bei den verwendeten Materialien als auch bei der Größe des Systems.

Blatt der Salweide - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify „Sonne und Wind sollen in Zukunft den Löwenanteil unserer Energie liefern. Die unstete Natur dieser erneuerbaren Energiequellen richtet den Fokus der aktuellen Forschung immer mehr auf effiziente Speichertechnologien. Wie die Energiequellen selbst sollen sie umweltfreundlich und bezahlbar sein“, so eine Pressemitteilung aus Jülich. Dieser Trend sei besonders offensichtlich in der Forschung zur direkten photoelektrochemischen Wasserspaltung: künstliche Photosynthese, die Kombination von Solarzelle und Elektrolyseur. Mit ihr lasse sich die Energie der Sonne direkt in das universale Speichermedium Wasserstoff umwandeln. Zum ersten Mal in den 70 Jahren erforscht, stoße sie in den vergangenen Jahren auf immer größeres Interesse. Bisher liege der Fokus der Forschung auf der Materialwissenschaft: Mit neue Absorbermaterialien und Katalysatoren solle der bisher sehr bescheidene Wirkungsgrad weiter erhöht werden.

Die Jülicher Solarzellenforscher Jan-Philipp Becker und Bugra Turan konzentrierten sich jedoch auf einen anderen Aspekt, der bisher weitgehend vernachlässigt worden sei: das realistische Design eines solchen Systems, das die Technologie aus den Laboren der Wissenschaftler herausholt und eine praktische Anwendung möglich macht. „Die photoelektrochemische Wasserspaltung wurde bis jetzt immer nur im Labormaßstab getestet“, erklärt Turan. „Die einzelnen Komponenten und Materialien wurden verbessert, aber keiner hat wirklich versucht, näher an eine wirkliche Anwendung zu kommen.“

Kompakt, komplett und erweiterbar

Das Design der beiden Experten des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung unterscheidet sich deutlich von den üblichen Laborexperimenten. Statt fingernagelgroßer einzelner Komponenten, die untereinander mit Drähten verbunden sind, entwickelten sie ein kompaktes, in sich geschlossenes System – komplett aus kostengünstigen, leicht verfügbaren Materialien.

Mit einer Fläche von 64 Quadratzentimetern wirkt ihr Bauelement noch immer relativ klein. Der Trick ist jedoch das flexible Design: Durch die ständige Wiederholung der Basiseinheit lassen sich künftig auch quadratmetergroße Systeme herstellen. Die Basiseinheit wiederum besteht aus mehreren Solarzellen, die durch eine spezielle Lasertechnik miteinander verschaltet sind. „Durch diese Serienverschaltung erreicht jede Einheit die für die Wasserstoffgewinnung nötige Spannung von 1,8 Volt“, so Becker. „Im Gegensatz zu den bislang in Laborexperimenten üblichen Konzepten zur Aufskalierung erlaubt diese Methode eine höhere Effizienz.“

Kompatibel mit diversen Technologien

Im Moment liegt die Sonne-zu-Wasserstoff-Effizienz des Prototyps bei 3,9 Prozent. „Das klingt nicht nach viel“, gibt Turan zu. „Doch das ist natürlich nur ein erster Entwurf einer vollständigen Anlage. Da ist noch mehr drin.“ Und natürliche Photosynthese erreicht nur Wirkungsgrade um ein Prozent – geben die Wissenschaftler zu bedenken. Auf bis ungefähr zehn Prozent könnte man mit dem Jülicher Design in relativ kurzer Zeit und unter Verwendung bekannter Solarzellenmaterialien kommen, hofft Becker. Aber es gebe auch andere Ansätze – zum Beispiel Perowskit, mit dem man jetzt schon 14 Prozent Wirkungsgrad erreichen könne.

„Das ist einer der großen Pluspunkte des neuen Designs. Es erlaubt die unabhängige Optimierung der beiden Hauptkomponenten: des photovoltaischen Teils, der Strom aus Sonnenergie gewinnt, und des elektrochemischen Teils, der diesen Strom zur Wasserspaltung einsetzt.“ Das bereits patentierte Konzept der Jülicher Forscher sei flexibel: für jede Dünnschicht-Photovoltaik-Technologie anwendbar und für verschiedene Elektrolysearten. „Wir arbeiten zum ersten Mal in Richtung Markteinführung“, erklärt Becker. „Wir haben die Grundlagen dafür geschaffen, wie das überhaupt aussehen könnte.“

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