Experten aus Politik und Wissenschaft informierten in Berlin über die 22. Weltklimakonferenz in Marrakesch
Was nach dem „historischen Erfolg“ der globalen Klimaverhandlungen von Paris bei der diesjährigen UN-Klimakonferenz (COP22) in Marrakesch passieren muss, diskutierten Experten am 27.09.2016 im Berliner Auswärtigen Amt bei der Veranstaltung „Deutlich unter 2 Grad – Konkrete Umsetzung nach Paris“.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie das gemeinsame Ziel von Paris konkret umgesetzt werden kann, welche Maßnahmen und nationalen Beiträge nun nötig sind, um die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu erreichen. Thema war außerdem, inwieweit dieses Ziel mit einem Entwicklungsauftrag an alle Gesellschaften verbunden ist. Nur durch die Entwicklung aller Länder kann die globale Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen und klimaresilienten Gesellschaft gelingen. Rund 250 Besucher aus dem diplomatischen Korps, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft waren bei der gemeinsamen Veranstaltung des Auswärtigen Amts, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und des Wissenschaftsverbands Deutsches Klima-Konsortium zu Gast.
Statements von Regierungsvertretern und Experten:
Maria Böhmer, Staatsministerin, Auswärtiges Amt: „Gemeinsam sind wir mit dem Übereinkommen von Paris Verpflichtungen eingegangen und müssen diese nun einlösen. Dafür müssen wir Strategien erarbeiten und diese stetig weiterentwickeln und anpassen. Die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft und die Wissenschaft – alle Akteure müssen eingebunden werden. Der Kampf gegen den Klimawandel bietet jedoch auch Chancen, insbesondere für Entwicklungsländer. Chancen für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Die Stichwörter lauten hier: Technologietransfer und Innovation. Für ein gemeinsames Erreichen der Ziele von Paris und der Nachhaltigkeits-Agenda 2030 braucht es nicht weniger als eine globale Transformation, bei der nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz ineinandergreifen.“
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Ich freue mich sehr, dass wir in der vergangenen Woche das parlamentarische Verfahren zur Ratifikation des Paris-Abkommens abschließen konnten. Damit leisten wir unseren Beitrag für ein schnelles Inkrafttreten. Das stärkt die Glaubwürdigkeit des Abkommens und trägt dazu bei, das Abkommen Wirklichkeit werden zu lassen. Auch auf EU-Ebene setzen wir uns dafür ein, das Ratifikationsverfahren möglichst zeitnah abzuschließen. Die Ratifikation des Abkommens ist aber kein Selbstzweck, eine schnelle und ambitionierte Umsetzung auf allen Ebenen bleibt für uns die oberste Priorität.“
Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik: „Ohne wirksamen Klimaschutz können inklusive Entwicklung und Armutsbekämpfung nicht gelingen. Aber nicht jede Klimaschutzmaßnahme ist automatisch inklusiv. Deswegen ist es wichtig, Klimaschutz mit einer nachhaltigen globalen Entwicklung zusammenzudenken. Die 17 Nachhaltigkeitsziele, wie sie im vergangenen Jahr mit der 2030 Agenda von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden, repräsentieren diesen ganzheitlichen Ansatz. Damit können Klimaschutz und die 2030 Agenda so gestaltet werden, dass sie zu zentralen Bausteinen eines Modernisierungs-, Gerechtigkeits- und Friedensprojektes der Weltgemeinschaft werden. Dass dies möglich ist, muss klarer herausgestellt werden, um denjenigen, die ihr Heil in aggressivem Nationalismus, Klimaskeptizismus, Xenophobie und Absagen an internationale Kooperation suchen, mit einem zukunftsfähigen Gegenentwurf den Wind aus den Segeln zu nehmen.“
Gernot Klepper, Leiter Forschungsbereich „Umwelt und Ressourcen“ am Institut für Weltwirtschaft: „Wenn das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Abkommens eingehalten werden soll, dann müssen die Emissionen zunächst da eingespart werden, wo es am schnellsten und am kostengünstigsten möglich ist: im Stromsektor und der Landwirtschaft. Beim Strom tut sich schon einiges. Der europäische Emissionshandel existiert, ist allerdings reformbedürftig. China führt jetzt einen nationalen Emissionshandel ein. Andere Länder starten mit CO2-Steuern. Aber insgesamt ist das Tempo noch viel zu langsam und die Preise für Emissionsrechte entsprechen in keiner Weise den gesellschaftlichen Kosten, die mit den fossilen Energien verbunden sind. Nach einer Studie des Internationalen Währungsfonds könnten sich diese Kosten auf mehr als sechs Prozent des Welteinkommens belaufen. Dies entspräche einer Summe von über dreitausend Milliarden Dollar! Viel Geld, das besser im Sinne des Pariser Abkommens investiert werden sollte.“
Gerda Stuchlik, Umweltbürgermeisterin der Stadt Freiburg im Breisgau: „Die Kommunen spielen eine zentrale Rolle beim Klimaschutz – dort werden die gesamtgesellschaftlichen Klimaschutzziele in konkrete Maßnahmen übersetzt. Vor allem geht es vor Ort darum, Gebäude energetisch zu sanieren, die Energieerzeugung zu transformieren und eine innovative Verkehrspolitik zu realisieren. Dafür benötigen wir als Stadt die richtigen Rahmenbedingungen und Vorgaben von Bundesebene sowie Förderprogramme von Bund und Ländern.“
->Quelle: deutsches-klima-konsortium.de/pre-briefings-zu-den-vn-klimakonferenzen