Auszeichnung geht an Molekularforscher
Jean-Pierre Sauvage (Frankreich), James Fraser Stoddart (USA) und Bernard Feringa (Niederlande) wurden am 05.10.2016 für die Entwicklung sogenannter molekularer Maschinen mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mit.
Sauvage, Stoddart und Feringa haben aus ganz wenigen Molekülen unter anderem „Mini-Autos“, einen „Aufzug“ und „künstliche Muskeln“ produziert. Solche Maschinen, so die Akademie, könnten künftig für neue Energiespeicher, Materialien und Sensoren verwendet werden. Die Preisträger seien in eine neue Dimension der Chemie vorgedrungen. Denn die molekularen Maschinen seien kleiner als der Tausendste Teil des Durchmessers eines Haares: „Sie haben Moleküle entwickelt, deren Bewegungen man kontrollieren kann und die eine Aufgabe erfüllen, wenn sie die dafür nötige Energie bekommen.“
Nach den Worten des Komitees kann der Entwicklungsstand des molekularen Motors mit dem des Elektromotors in den 1830er-Jahren verglichen werden. Damals habe ebenfalls niemand geahnt, dass die Erfindung zu elektrisch angetriebenen Zügen, Waschmaschinen und Lüftern führen würde. Künftig würden Molekülmaschinen vermutlich in Sensoren, Energiespeichersystemen und bei der Entwicklung von neuen Materialien eingesetzt. Feringa berichtete im Juni 2015 bei der Gordon Research Conference in den USA, Inzwischen seien 50 oder 60 verschiedene Motoren entwickelt worden. Jetzt müsse man sie auch einsetzen.
Geschichte der Forschungen im Super-Kleinformat
Die Zeit („Diese Männer fahren echte Minis“) beschrieb die Geschichte der Forschungen im Super-Kleinformat: 1983 sei es Sauvage an der Uni Straßburg gelungen, zwei ringförmige Moleküle zu einer Kette zu verbinden – eigentlich forschte er an molekularen Komplexen, die mittels Sonnenenergie aus Sonnenstrahlen chemische Reaktionen antreiben können. Als er eines Tages an einem solchen Modell arbeitete, sei ihm dessen Ähnlichkeit zu einer Kette aufgefallen: Zwei Moleküle waren verflochten. Sauvage und sein Team bauten nach dieser Vorlage zwei verankerte Molekülringe.
Dieses Ergebnis nutzten dann Stoddart (Northwestern-Universität Illinois) und Feringa (Universität Groningen) zum Bau erster Nanomaschinen. Die Zeit: „1991 montierte Stoddart einen Ring an einer Art Radachse und schaffte es, dass dieser sich kontrolliert auf- und ab bewegte. Mithilfe elektrischer Ladung und Hitze konnte Stoddart die Bewegungen gezielt beeinflussen. Auf dieser Basis schuf er später einen molekularen Aufzug, der sich 0,7 Nanometer über eine Oberfläche erheben konnte. Außerdem baute er Muskelfasern im Nanoformat nach, die ein sehr dünnes Goldblättchen biegen konnten. Die Erkenntnisse halfen Stoddart sogar, einen molekularen Computerchip zu entwickeln mit immerhin 20 Kilobyte Speicher. Enorm, angesichts seiner extrem kleinen Fläche.“
Den ersten Nanomotor konstruierte 1999 Feringa, indem er er einen aus Molekülen konstruierten, mit Licht und Hitze angetriebenen Rotor sich ständig in eine Richtung drehen ließ. Am Anfang ganz langsam, dreht sich der kleine Rotor mittlerweile mit zwölf Millionen Umdrehungen pro Sekunde, so dass sich damit sogar 10.000 Mal größere Glaszylinder antreiben lassen. Dann folgte das von ihm entwickelte und im November 2011 im Magazin Nature vorgestellte Nanoauto.
Später entstanden weitere „faszinierende Nanomaschinen“ (Zeit) – ein Beispiel: ein Roboter, der Aminosäuren (aus denen die Eiweiße in unserem Körper bestehen) greifen und verbinden kann. Andere Forscher versuchen sich auf der Basis, die Sauvage, Stoddart und Feringa gelegt hatten, an neuen Formen von Batterien oder lichtempfindlichen Sensoren.
Die Auszeichnungen werden traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel, überreicht.
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