Regierung aktualisiert Klimaschutz-Projektion für EU

Kritische Reaktion von Germanwatch

Die Bundesregierung hat aktualisierte Szenarien für die Treibhausgasemissionen in Deutschland in den nächsten zwanzig Jahren an die EU-Kommission übermittelt. Darin werden erstmals die Ende 2014 mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 beschlossenen Maßnahmen berücksichtigt. Die Zahlen zeigen laut BMUB: Bei zügiger und anspruchsvoller Umsetzung der mehr als 100 beschlossenen Maßnahmen sei bis 2020 eine Treibhausgasminderung von 37,0 bis 40,4 Prozent im Vergleich zu 1990 erreichbar.

Ohne die neuen Maßnahmen wären nur 32 bis 35 Prozent erreichbar gewesen, so die Regierung. Die Spanne erkläre sich durch unterschiedliche Annahmen zur künftigen Entwicklung des Wirtschaftswachstums, der Energiepreise und des Stromexports. Von 1990 bis 2015 sei bereits eine Treibhausgas-Minderung von 27 Prozent erreicht worden. Umweltministerin Barbara Hendricks: „Der Bericht macht deutlich, dass wir bei unseren Klimaschutzanstrengungen keinesfalls nachlassen dürfen. Das gilt für alle Sektoren vom Verkehrssektor über die Landwirtschaft bis hin zum kontinuierlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir werden die Entwicklung genau beobachten. Falls nötig, wird die Bundesregierung rechtzeitig nachsteuern.“

Der bisherige Projektionsbericht der Bundesregierung vom März 2015 habe nur die Klimaschutzmaßnahmen mit Stand vom Sommer 2014 enthalten. Der Bericht wurde jetzt aktualisiert, um die Wirkung der Maßnahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020, das im Dezember 2014 beschlossen wurde, einschätzen zu können. Tatsächlich sei heute für nahezu alle Maßnahmen die Umsetzungsplanung weit fortgeschritten. Einige Maßnahmen konnten bereits vollständig umgesetzt werden: Am 01.10.2016 ist mit dem Kraftwerk Buschhaus der erste von insgesamt acht Braunkohlekraftwerksblöcken vom Netz gegangen. Die vorzeitige Außerbetriebnahme dieses und weiterer Kraftwerksblöcke bis Oktober 2019 leiste einen der größten Klimaschutzbeiträge im Rahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020.

Die Bundesregierung dokumentiert den jeweiligen Umsetzungsstand der Klimaschutz-Maßnahmen jährlich in einem Klimaschutzbericht, in den auch die aktuelle Projektion einfließt. Der nächste Klimaschutzbericht soll Ende des Jahres vorgelegt werden.

Germanwatch: Deutschland droht Klimaschutzziel für 2020 zu verpassen – Nur zusätzliche Abschaltung von Kohlekraftwerken wahre Chance auf Erreichen des Ziels

Zur aktualisierten Klimaschutz-Projektion für 2020 erklärt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „Jetzt ist es offiziell, dass Deutschland sein Emissionsreduktionsziel für 2020 selbst bei vollständiger Umsetzung der bislang beschlossenen Maßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit verfehlen wird. Für Deutschlands internationale Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz ist das kurz vor der Übernahme der G20-Präsidentschaft eine schlechte Nachricht. Man kann doch nicht den Klimawandel mit gutem Grund zu einem der wichtigsten Probleme der Menschheit erklären und dann schulterzuckend die selbst gesteckten Ziele verfehlen.“

Die Emissionen des Verkehrs liegen auf demselben Niveau wie 1990. Auch die Energieeffizienz kommt nicht wie versprochen voran. Vor allem aber gefährdet die  anhaltend hohe Kohleverstromung das Klimaschutzziel von 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020 im Vergleich zu 1990.

Die Szenarien der Bundesregierung sind zudem mit unrealistisch optimistischen Annahmen gerechnet, etwa was den CO2-Preis im EU-Emissionshandel oder den Ölpreis angeht. Dennoch wird nur in einem der Szenarien selbst bei voller Umsetzung der Maßnahmen das selbst gesteckte Ziel erreicht. Alle anderen Szenarien landen bis 2020 nicht bei minus 40%, sondern allenfalls bei 37 bis 39%.  Bals: „Nur eine spürbare und zusätzliche Reduktion der massiven Überkapazitäten bei der Kohleverstromung kann nach Einschätzung von Germanwatch das Klimaschutzziel für 2020 noch retten.“

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