Hiobsbotschaft aus Bonn
„Krise, Krise und kein Ende in Sicht: Solarworld schockt erneut Aktionäre,“ textete das Handelsblatt: Die Solarworld AG ist erneut in Problemen – diesmal wegen der schwachen Nachfrage in China. In einer Ad-hoc-Mitteilung kassierte das Unternehmen am späten Abend des 21.10.2016 (wieder einmal) eine Prognose. Konsequenz: „Die Aktie schmierte nachbörslich ab“ (ARD-Börse).
Immer neue schlechte Nachrichten von der Bonner Solarworld AG: Obwohl Deutschlands größter PV-Konzern seine Absatzprognose für 2016 mit plus 20 Prozent wohl erreichen dürfte, korrigierte das Unternehmen seine Geschäftserwartungen. So sollen Umsatz und Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) nicht erreicht werden – genauere Angaben unterblieben jedoch.
„Nachdem im 1. Halbjahr 2016 massiv Solaranlagen in China installiert wurden, brach die Binnennachfrage aufgrund der Kürzung der Einspeisetarife im 3. Quartal 2016 ein“, teilte das Unternehmen von Chef Frank Asbeck (Foto) in einer Pflichtmitteilung mit. Im Gegenzug hätten chinesische Hersteller ihre Lagerbestände zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt angeboten, was zu einem globalen Preisverfall geführt habe. In einer ersten Reaktion rutschte die Solarworld-Aktie auf Tradegate um fast zehn Prozent auf 3,55 Euro ab. Das Papier befindet sich seit dem Frühjahr in einem Abwärtstrend.
Die letzte Gewinnwarnung der Bonner liege keine drei Monate zurück, so das Handelsblatt. Damals habe Solarworld noch einen marginalen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) geplant. Doch nicht einmal dieses Minimalziel scheine noch erreichbar. Und auch die Umsatzprognose sei „Makulatur“ – die angepeilte Umsatzmilliarde „wohl nicht mehr erreichbar“. Denn massive Überkapazitäten hätten die Preise für Solarmodule abstürzen lassen: Während die Produktionskapazitäten der Modulproduzenten weltweit etwa 110 GW/a betrügen (laut IHS), würden 2016 nur 72 GW neu installiert werden.
Die Solar Alliance for Europe (SAFE) hat auf der INTERSOLAR in München eine Fortschreibung der Studie „Der Preis der Sonne“ vorgestellt. Danach sinken die Kosten in der Modulproduktion unvermindert schnell: Seit Jahresanfang 2015 konnten alle weltweit führenden Hersteller die Produktionskosten um 8% bis 13% reduzieren (pv-magazine.de). Solarmodule könnten in Europa rund 20% günstiger sein. Stattdessen wird der Markt abgeschottet und die Unternehmen, die sich auf die Energiewende eingestellt haben, müssen damit zurechtkommen. Da niedrigere Kosten wiederum zu günstigeren Preisen führen, braucht die europäische Solarwirtschaft den ungehinderten Zugang zu den chinesischen Produkten. So kann die Nachfrage am einfachsten wieder angekurbelt werden. Am Ende kommt das auch den europäischen Produzenten zugute, denn bei einem wachsenden Markt, steigt auch die Nachfrage nach ‚Made in Europe“. (safe-eu.org/studie-der-preis-der-sonne).
IHS erwartet zwischen 2015 und 2019 eine jährliche Wachstumsrate der installierten Leistung von 8,6 %. Die kumulierte installierte Leistung weltweit wird sich in diesem Zeitraum verdoppeln. Gleichzeitig werden die Produktionskosten weiterhin stetig sinken, im Durchschnitt 5 % jährlich. Neue Daten bestätigen diesen Trend: Alle führenden Hersteller haben binnen der nun untersuchten sechs Monate ihre Produktionskosten um 1-3 $-ct/W gesenkt. Malaysia und Singapur konnten in diesem Frühjahr bereits 13% günstiger produzieren als im Januar 2015.
Solarworld entlässt
Erst vor kurzem hatte Solarworld angekündigt, man werde die Produktion im vierten Quartal „maßvoll“ drosseln und sich bis zum Jahresende in Sachsen und Thüringen von rund 500 Zeitarbeitern trennen. Um seinen finanziellen Gesamtspielraum auszunutzen, hat Solarworld die für 2016 fälligen Zinszahlungen auf seine beiden bestehenden Anleihen bis 2019 gestreckt. „Doch selbst diese Sparmaßnahmen reichen offenbar nicht aus, um den schwer angeschlagenen Photovoltaikkonzern zurück in die Gewinnzone zu bringen“, so das Handelsblatt. Denn Solarworld hat Nettoschulden von mehr als 233 Millionen Euro.
Nach wie vor lebensbedrohliches Ungemach aus USA
Zu allem Unglück könnte das im Juli erfolgte Urteil aus den USA im Prozess des Siliziumlieferanten Hemlock Semiconductor gegen die US-Tochter SolarWorld Industries Sachsen GmbH wegen nicht erfüllter Verträge das Bonner PV-Unternehmen in Bedrängnis bringen (siehe: solarify.eu/solarworld-berufung-gegen-hemlock-urteil). Würde der Richterspruch in zweiter Instanz bestätigt, drohen Solarworld negative Auswirkungen „bis hin zur Bestandsgefährdung“, so der Geschäftsbericht des Konzerns. Solarworld-Chef Asbeck glaubt aber, das amerikanische Urteil sei in Deutschland nicht vollstreckbar, weil die mit Hemlock abgeschlossenen Take-or-Pay-Verträge gegen europäisches Kartellrecht verstießen und hat folgerichtig einem Bericht des Nachrichtensenders n-tv und anderen Medien folgend (pv-magazine.de) gegen das Urteil Berufung eingelegt.
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