Strukturen ändern, statt Menschen

Buch-Tipp: Wie kann werden, was alle wollen?

Umweltbewusstes Verhalten hat schon manche Bewegung und manchen Trend angestoßen, doch von einem grundlegenden ökologischen Wandel ist unsere Gesellschaft noch weit entfernt. Dazu kommen die Widersprüche im eigenen Verhalten der Menschen: Mehr als 80 Prozent der Bundesbürger begrüßen artgerechte Tierhaltung. Doch nur wenige entscheiden sich an der Ladentheke dafür. Ein Grill darf auch mal 800 Euro kosten, darauf liegen nicht selten die Würstchen zum Dumpingpreis.

Ökoroutine – damit wir tun, was wir für richtig halten“ heißt die Lösung des Autors Michael Kopatz, und er denkt dabei an bereits existierende Standards bei Gebäuden, Vorgaben in der Tierhaltung, effizientere Elektrogeräte und sauberere Autos. Politische Vorgaben schaffen Akzeptanz, soziale Gerechtigkeit und sie helfen sogar gegen schlechtes „Öko-Gewissen“.

Befragungen zeigen auch, dass sich fast die gesamte Bevölkerung mehr Engagement beim Klimaschutz wünscht, doch geflogen wird so viel wie nie zuvor. Kollektiv wollen wir den Wandel, individuell möchten nur Wenige den Anfang machen. Es ändert sich wenig, weil sich die Menschen benachteiligt fühlen, wenn sie »allein« auf den Flug oder das Auto verzichten oder sich einschränken. Das kann sich ändern, wenn wir das erwünschte Verhalten zur Routine machen.

Damit geschehen kann, was geschehen muss

Das Konzept der Ökoroutine ist längst Alltag, und kaum jemand hat es mitbekommen. Elektrogeräte, Häuser und Autos wurden effizienter, weil wir die gesetzlichen Standards  schrittweise erhöht haben. Weitgehend unbemerkt haben Lege-Hühner in der EU heute doppelt soviel Auslauf wie noch 2003. Statt nur mit moralischen Appellen von den Bürgern das »richtige« Verhalten einzufordern, ist es viel effektiver die Produktion zu verbessern. Statt von den Menschen einzufordern, weniger zu fliegen, ist es realistischer, die Expansion der Fliegerei insgesamt zu limitieren.

Ökoroutine zeigt: Wir können nachhaltig leben, ohne uns tagtäglich mit Klimawandel oder Massentierhaltung befassen zu müssen. Motto: Strukturen, statt Menschen. Ökoroutine macht Nachhaltigkeit zum Normalfall; nicht Öko ist exotisch, sondern der verantwortungslose Umgang mit Ressourcen. Das Buch nimmt das hohe Umweltbewusstsein der Bürger ernst und  zeigt, wie sich der Wandel zur Nachhaltigkeit verselbständigen kann, wenn wir dafür »Gelegenheitsstrukturen« schaffen.

Das Buch ist mutig, anschaulich und macht einfache politische Vorschläge. Es ist im engen Austausch mit zahlreichen  ExpertInnen und Experten – besonders im Wuppertal Institut – entstanden.

Michael Kopatz,Ökoroutine. Damit wir tun, was wir für richtig halten, oekom-Verlag, 416 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-86581-806-5, 24,95 Euro / 25,70 (A). Auch als E-Book erhältlich.

Michael Kopatz ist wissenschaftlicher Projektleiter im Wuppertal Institut und war dort maßgeblich an der Erstellung des Standardwerks »Zukunftsfähiges Deutschland« beteiligt. Gegenwärtig beschäftigt er sich mit Konzepten zur systematischen Stärkung der Regional- und Gemeinwohlwirtschaft in Kommunen. Diesen Ansatz nennt er »Wirtschaftsförderung 4.0«. Darüber hinaus interessiert den promovierten Sozialwissenschaftler, wie sich eine umfassende Lebensstilwende realisieren lässt.

->Quellen: