Umweltverbände: Fehlender Klimaschutzplan 2050 ist Blamage für Deutschland – CSU-Nüsslein: Hendricks soll sachlich diskutieren
Der Klimaschutzplan 2050 wurde entgegen der ursprünglichen Planung am 02.11.2016 von der Kabinettstagesordnung abgesetzt. Mit dem Plan wollte die Bundesregierung aufzeigen, wie Deutschland das Pariser Klimaabkommen, auf das sich die Weltgemeinschaft im Dezember vergangenen Jahres geeinigt hatte, umsetzen will. Doch selbst eine knappe Woche vor Beginn der diesjährigen Weltklimakonferenz COP22 in Marrakesch bleibt die Koalition darüber zerstritten. Die Umweltverbände BUND, Germanwatch, Greenpeace, NABU und WWF kritisieren diese Blockadehaltung in einer gemeinsamen Presseerklärung. Unionsfraktionsvize Nüsslein forderte Umweltministerin Hendricks dagegen auf, sie wolle mit ihrem Ruf nach der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin offensichtlich einer gründlichen Ressortabstimmung und einer sachlichen Diskussion über den Klimaschutzplan ausweichen.
Nüsslein (CSU): Hendricks darf sachlicher Diskussion um Klimaschutzplan nicht aus dem Weg gehen
Dass Hendricks in der Diskussion um den Klimaschutzplan 2050 die Bundeskanzlerin zum Eingreifen aufgefordert hat, lässt CDU/CSU-Fraktionsvize Georg Nüßlein nicht ruhen – er erklärt: „Wer wie die Bundesumweltministerin nach der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin ruft, will offensichtlich einer gründlichen Ressortabstimmung und einer sachlichen Diskussion über den Klimaschutzplan ausweichen. Dass sich Vorschläge wie eine Halbierung des Fleischkonsums oder das pauschale Aus für fossile Heizungen und Verbrennungsmotoren auf unseren Druck hin im aktuellen Entwurf nicht mehr wiederfinden, zeigt, dass sich eine inhaltliche Auseinandersetzung lohnt.“
Hendricks dürfe den Fragen, die sich bei der Lektüre ihres aktuellen Entwurfs aufdrängten, „nicht aus dem Weg gehen“ – und Nüsslein präsentiert gleich einen ganzen Katalog seiner Fragen:
- „Warum steht in dem Papier nichts zu den Kosten einzelner Maßnahmen und dem damit verbundenen Nutzen?
- Warum wird der untaugliche Versuch unternommen, Voraussagen über möglicherweise in zwei Jahrzehnten zur Verfügung stehende Technologien zu treffen?
- Warum erfolgen wie bei der Mobilität einseitige technologische Festlegungen, und warum wird ausschließlich auf Elektromobilität gesetzt – ohne etwas zu den Möglichkeiten von Hybridmotoren, Plug-in-Hybriden, Brennstoffzellenantrieben oder auch zu hocheffizienten Verbrennungsmotoren, die mit klimafreundlichen Kraftstoffen betrieben werden, zu sagen?
- Warum kommt von der Ministerin kein Wort zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung – sondern nur zu immer mehr staatlichen Auflagen für den Gebäudebereich, die das Wohnen und Bauen für die Bürger und Mieter weiter verteuern?
- Warum scheut die Ministerin eine Diskussion um die Technologie der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, wenn es doch um das Ziel der Treibhausgasneutralität im Laufe des Jahrhunderts geht?
- Und warum will sie den Europäischen Emissionshandel durch nationale Maßnahmen im Energiebereich in seiner Leitfunktion schwächen?“
„Dringend“ erwarten Nüsslein & Co. Antworten auf diese „und viele weitere von uns gestellte Fragen“. Sich hierfür die erforderliche Zeit zu nehmen, lohne allemal. Gründlichkeit gehe „klar vor Schnelligkeit“. (Solarify. „Ob die COP22 das auch so sieht?“)
[note Solarify merkt weiter an: Dass Nüsslein ausgerechnet auf die Förderung der energetischen Gebäudesanierung kommt, ist pikant: Ausgerechnet sein eigener Parteichef Seehofer versetzte nämlich im Fabruar 2015 der „Energiewende noch einen Schlag“ (Die Welt). „Für Freund und Feind vollkommen überraschend“ blockierte der Ober-Bayer das in der Regierung schon so gut wie beschlossene Gesetz zur energetischen Gebäudesanierung. „Einmal mehr widerspricht er sich so selbst,“ urteilte die Welt. Seehofer, wie stets die weißblauen Wähler stur im Blick, wollte verhindern, dass bei Sanierung von Häusern als Gegenrechnung Handwerkerrechnungen dann erst ab 300 Euro abgesetzt werden sollten. Das Presseecho fiel vernichtend aus, störte Seehofer aber nicht – der mache „aus der Energiewende eine Energie-Pirouette“, kommentiert der Kölner Stadtanzeiger. Die Neue Osnabrücker Zeitung sah schlicht „Blamage“ und „Bruchlandung“. „Heute hü und morgen hott“, heiße „offenbar das umweltpolitische Konzept der Bundesregierung“, ätzte der Reutlinger Generalanzeiger. Das Offenburger Tagblatt konstatierte, es gehe offensichtlich „um Peanuts und um das Übergroße Ego von Horst Seehofer“. Das Thema scheint nicht so glücklich für einen CSU-Mann. Siehe: https://www.solarify.eu/2016/01/31/196-schwarzer-block/]
Folgt: NGOs: „Bigott, sich für Paris feiern zu lassen, und zu Hause die Hände in den Schoß zu legen“