2035 Treibhausgase auf Null!

Politische Optionen für Klimaschutz und Kohleausstieg

Welche ordnungspolitischen oder marktbasierten Instrumente sind geeignet, Klimaschutz im Stromsektor durchzusetzen? Welche Effekte haben diese Instrumente auf Versorgungssicherheit und Preise? Wie könnte ein Pfad zum Kohleausstieg beschlossen werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der böll.brief Grüne Ordnungspolitik #3 „Politische Optionen für Klimaschutz und Kohleausstieg“ von Pao-Yu Oei, TU Berlin und DIW Berlin.

Mit dem aktuellen energiepolitischen Kurs droht die Politik ihre selbst gesteckten nationalen und internationalen Klimaschutzziele deutlich zu verfehlen. Der eingeschlagene Pfad ist daher auch nicht im Einklang mit den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens. Denn eigentlich wollte die Bundesregierung ihren Klimaschutzplan 2050 noch vor der UN-Klimakonferenz (COP22) in Marrakesch vorlegen. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die darin skizzierten Maßnahmen durchschlagen und wirkmächtig sind. In der Ressortabstimmung wurde der vom Bundesumweltministerium vorgelegte Entwurf zerpflückt und weichgespült. Unter anderem wurde ein Bekenntnis zum Kohleausstieg „schon deutlich vor 2050“ gestrichen.

Der Stromsektor hat im Klimaschutz eine besondere Rolle, da in diesem Sektor vergleichsweise einfach Treibhausgasemissionen eingespart werden können. Die Eindämmung der Kohleverstromung ist ein Dreh- und Angelpunkt für die Dekarbonisierung des Stromsektors. Neben der Eindämmung der Kohleverstromung müssen saubere Energien ausgebaut werden und der Bruttostromverbrauch reduziert werden.

boellbrief-3-titelIm vorliegenden böll.brief legt Pao-Yu Oei dar, welche wirtschaftlichen und klimafreundlichen Maßnahmen im Stromsektor vor dem Zieldreieck Klimaschutz, Versorgungssicherheit und vertretbarer Preise ergriffen werden können. Sein Fokus liegt auf regulatorischen Ansätzen zur Eindämmung der Kohleverstromung. Zudem beleuchtet er den Vorschlag, einen Runden Tisch zur Herstellung eines „Nationalen Kohlekonsens“ einzuberufen. Eine „Kohle-Kommission“ war ebenfalls im Klimaschutzplan 2050 vorgesehen, ist aber aktuell in Regierungskreisen umstritten

Zusammenfassung

  • Eine konsequente Ausrichtung am Pariser Klimaabkommen und dem 1,5 Grad-Ziel würde bedeuten, dass in Deutschland vor dem Jahr 2035 Treibhausgasemissionen aus der Energienutzung auf null sinken müssen. Ein Kohleausstieg müsste bis 2025 erfolgen.
  • Bei derzeitigen Börsenstrompreisen ist der laufende Betrieb der konventionellen Kraftwerke für die Energieversorgungsunternehmen mit Verlusten verbunden. –Ein geordneter Kohleausstieg erhöht den Strompreis für Haushalte um lediglich 1-2 % und ist somit kaum spürbar für die Endverbraucherinnen und Endverbraucher.
  • Ein Kohlekonsens kann helfen, Strukturbrüche in den betroffenen Regionen (Lausitz, Mitteldeutschland, Rheinland) zu vermeiden.
  • Wenn seitens der Energiewirtschaft im Rahmen von Konsensgesprächen nicht ausreichend gewährleistet wird, dass die Klimaschutzziele eingehalten werden, ist stattdessen die Einführung von zusätzlichen ordnungsrechtlichen Instrumenten zu empfehlen.
  • Nationale [[CO2]]-Grenzwerte oder ein Kohleausstiegsgesetz sind geeignete Klimaschutzinstrumente für einen geordneten Kohleausstieg in den 2030er Jahren.
  • Durch die Einführung von [[CO2]]-Grenzwerten für Neu- und Bestandsanlagen können bis zum Jahre 2020 bis zu 25 Millionen Tonnen [[CO2]] in Deutschland zusätzlich vermieden werden.
  • Eine Reduktion der deutschen Kohleverstromung reduziert zudem Netzengpässe und führt zu einer europäischen [[CO2]]-Nettoeinsparung von rund 12 Millionen Tonnen [[CO2]].
  • Der kontinuierliche Ausbau erneuerbarer Energien garantiert die Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger Einhaltung der (inter-)nationalen Klimaschutzziele.

Zum Autor:

Dr. Pao-Yu Oei ist promovierter Wirtschaftsingenieur und arbeitet an der TU Berlin, am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und für den Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU). Sein Forschungsschwerpunkt ist die Modellierung europäischer Dekarbonisierungsstrategien. In den vergangenen Jahren hat er hierbei zahlreiche Projekte zur Zukunft der Kohleverstromung für Ministerien, Parteien, Stiftungen und Verbände angeleitet und bearbeitet. In diesem Zusammenhang hat er Akteure in allen deutschen Braunkohlerevieren besucht, um auch die regionalen Auswirkungen in die Analysen einzubeziehen.

->Quelle:  boell.de/boellbrief-politische-optionen-fuer-klimaschutz-und-kohleausstieg