Germanwatch sieht neue Dynamik auf dem Klimagipfel – China und EU könnten Führungsrolle im internationalen Klimaschutz übernehmen
Als „ermutigenden Schub für die zügige Umsetzung des Pariser Klimaabkommens“ wertete die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch den Ausgang der COP22. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, zog Bilanz:
„Der internationale Klimazug nimmt weiter Fahrt auf – auch nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Die von der Klimakrise besonders gefährdeten Staaten setzen durch Ankündigung von 100 Prozent Erneuerbaren Energien die anderen Staaten unter Druck. China scheint bereit zu sein, die nach der US-Wahl drohende Führungslücke für den internationalen Klimaschutz auszufüllen. Die EU muss nun entscheiden, ob sie zur Führungsstärke früherer Zeiten zurückfindet. Deutschland und die EU können beim G20-Gipfel im kommenden Jahr in Hamburg und beim nächsten UN-Klimagipfel in Bonn eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnehmen. Die EU muss jetzt verbesserte Klimapolitik und verschärfte Klimaziele auf den Weg bringen, damit sie bei der 2018 beginnenden ersten Nachbesserungsrunde für diese Ziele etwas zu bieten hat.“
Das Thema der Anpassung an die Folgen des Klimawandels habe bei diesem Klimagipfel auf dem afrikanischen Kontinent eine besonders wichtige Rolle gespielt. Hier erwarteten die ärmsten und verletzlichsten Länder Unterstützung von den Hauptverursachern des Klimawandels. Der Plan der Industrieländer, mit dem sie ab 2020 jährlich insgesamt 100 Milliarden Dollar für Klimaschutz und -anpassung in Entwicklungsländern aus öffentlichen und privaten Quellen zusammenbekommen wollen, sei von der Konferenz zur Kenntnis genommen worden. Bals weiter:
„Ohne ausreichende Finanzierungszusagen gibt es nicht die notwendigen ehrgeizigen Pläne für Anpassung und Klimaschutz. Ohne solche Pläne sinkt die Akzeptanz für ausreichende Klimafinanzierung. Dieses Dilemma muss endlich entschieden angepackt werden. Sowohl zur Finanzierung der Anpassung an den Klimawandel als auch zum Umschichten der globalen Finanzflüsse für Klimaschutz muss mehr getan werden. Die sich abzeichnende Entscheidung, den Anpassungsfonds des Kyoto-Protokolls auch unter dem Paris-Abkommen weiterzuführen, wäre ein wichtiges Signal der Solidarität mit den verletzlichsten Ländern.“
In den technischen Verhandlungen sei es vor allem um die Ausarbeitung der Umsetzungsregeln des Paris-Abkommens gegangen, zum Beispiel zur Vergleichbarkeit der Klimabeiträge der einzelnen Staaten und zur regelmäßigen Erhöhung der Klimaziele (Ambitionsmechanismus). Zu diesem „Regelbuch für das Paris-Abkommen“ sei ein Arbeitsprogramm beschlossen worden, das 2018 fertig sein solle. Das erfordere nach Einschätzung von Germanwatch konzentriertes Verhandeln. Außerdem sei in Marrakesch bekräftigt worden, dass 2018 die erste Runde der Zielüberprüfung beginnen solle.
Bals: „Noch klafft eine große Lücke zwischen den eingereichten nationalen Klimazielen und dem großen Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad, am besten gar 1,5 Grad, zu begrenzen. Was in Marrakesch angekündigt wurde reicht nicht, um die Lücke zu füllen. Ab 2018 erwarten wir verbesserte Klimaziele von allen großen Emittenten.“
Folgt: Greenpeace: Politische Unsicherheit nach US-Wahl kann Dynamik nicht bremsen