Einseitige Konzentration auf Energieeffizienz reicht nicht
Immerhin will sie ein Gebäudeenergiegesetz auf den Weg bringen und so die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz zusammenführen. „Damit werden wir den Einsatz der erneuerbaren Energien in Gebäuden novellieren“, betonte Baake. Immerhin steht hier zur Debatte, die einseitige Konzentration auf den Primärenergieverbrauch im Gebäude aufzugeben und die Energieproduktion durch das Gebäude noch stärker zu berücksichtigen, wenn es um die Umsetzung von Gebäudeenergiestandards geht. Die Bundesregierung reagiert damit auf die Vorschriften aus Brüssel. Die Europäische Kommission hat schließlich festgelegt, dass alle Neubauten ab 2021 ohne Emissionen auskommen müssen. Spätestens dann muss die Bundesregierung ihre einseitige Konzentration auf die Energieeffizienz aufgeben und die Energiewende auf der aktiven Seite vorantreiben.
Ausbau muss dringend erhöht werden
Schließlich sei selbst mit der Umsetzung aller Effizienzmaßnahmen das Klimaschutzziel nicht zu erreichen, betont Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. „Wir haben nicht fünf oder zehn Jahre Zeit, erst einmal Effizienz umzusetzen, sondern wir müssen alles parallel machen. Es geht darum, dass wir die Energiewende sehr schnell umsetzen müssen“, sagt er mit Blick auf die immer noch sehr zögerliche Haltung der Bundesregierung. „Jedes Jahr, das wir verlieren, wird die Probleme in der Welt verschärfen.“ Er betont, dass das Klimaabkommen eingehalten werden und das 1,5-Grad-Ziel realisiert werden muss. „Das bedeutet, dass wir hier in Deutschland 2040 mit der Energiewende komplett fertig sein müssen“, erklärt Quaschning.
Er hat es durchgerechnet, was das bedeutet. Der Strombedarf wird steigen – und das trotz aller Effizienzmaßnahmen und selbst wenn alle Gebäude auf höchstes Niveau saniert werden: Er hat ausgerechnet, dass sich der Stromverbrauch verdoppeln wird, selbst wenn alle Effizienzmaßnahmen umgesetzt werden, um den Energieverbrauch in Gebäuden maximal zu reduzieren. Zudem müsse die Elektromobilität schnell umgesetzt werden, sagt Quaschning. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion drastisch steigen muss, wenn die Sektorkopplung nicht mit einem Mehr an Emissionen auf der Stromseite bezahlt werden soll. „Mit den aktuellen Ausbauzielen wird es aber gelingen, nur 27 Prozent erneuerbaren Anteil an der Stromversorgung bis 2040 zu erreichen“, sagt Quaschning. „Wir müssen deutlicher loslegen.“ Um Deutschland zu dekarbonisieren – trotz aller Effizienzbemühungen – muss ein Ausbauziel von etwa 400 Gigawatt Photovoltaik bis 2040 erreicht werden. Das bedeutet, dass der Ausbau mindestens auf zehn bis 15 Gigawatt pro Jahr ansteigen muss, wenn es etwas mit der Energiewende werden soll.
Ohne Energiewende wird es teuer
Quaschning kritisiert, dass die Bundesregierung die Energiewende immer mit einem Kostenargument ausbremst und dabei die Kosten des fossilen Systems außer Acht lässt. „Wir investieren pro Jahr etwa 50 bis 100 Milliarden Euro für den Import von Öl, Kohle und Gas“, rechnet er vor. „Wir streiten über 23 Milliarden Euro für die EEG-Umlage und überweisen gleichzeitig 100 Milliarden Euro an andere Länder.“ Dazu kommen noch die Folgekosten und die Subventionen für die fossile Energieversorgung, die nicht über die Stromsteuer oder eine EEG-Umlage bezahlt werden, sondern über Steuern und allgemeine Abgaben. Insgesamt koste die fossile Energieversorgung 5.000 Milliarden Euro in den nächsten 25 Jahren, wenn die Energiewende weiter ausgebremst wird. „So viel können wir gar nicht für eine schnelle Energiewende ausgeben“, fasst Quaschning zusammen. (Sven Ullrich)
->Quelle: erneuerbareenergien.de