Bundesrat stimmt zentralen Energievorhaben zu: Milliardenpakt für Atomausstieg und Regelungen zu Kraft-Wärme-Kopplung und Eigenversorgung
Die Finanzierung des Atomausstiegs ist beschlossene Sache. Am 16.12.2016 stimmte der Bundesrat dem Milliardenpaket zu – und der Umsetzung des zwischen Wirtschaftsminister Gabriel und EU-Wettbewerbskommissarin Vestager vereinbarten Energiepaketes mit den Änderungen von KWK-Bestimmungen und zur Eigenversorgung. Tags zuvor hatte der Bundestag die Gesetzgebungsvorhaben in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Mehr als fünf Jahre nach dem von der Bundesregierung beschlossenen Atomausstieg steht damit die Einigung mit den vier Stromkonzernen Vattenfall, E.on, RWE und EnbW.
Bund regelt Zwischen- und Endlagerung
Die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls trägt zwei Medienmitteilungen des Bundesrates und des BMWi folgend der Bund. Finanzielle Mittel dafür erhält er von den Stromkonzernen, die zahlen hierfür rund 17,34 Milliarden Euro in einen Fonds. Bringen sie darüber hinaus weitere 6,12 Milliarden Euro für einen – optionalen – Risikozuschlag auf, sind die AKW-Betreiber von allen späteren Nachforderungen befreit. Bezahlt ein Betreiber den Aufschlag bis Ende 2022 nicht, soll er verpflichtet werden, bei Nachschussbedarf des Fonds die entsprechenden Mittel einzuzahlen. Kritiker nennen das „Freikaufen“ – Befürworter führen ins Feld, man habe die Stromkonzerne nicht finanziell strangulieren und Arbeitsplätze riskieren dürfen.
Verantwortung für Stilllegung der AKW bei den Stromkonzernen
Auch die Frage der Verantwortung für die Stilllegung und den Rückbau von Atomkraftwerken ist mit der Zustimmung des Bundesrates abschließend geklärt: Sie liegt bei den Konzernen, die auch für den von ihnen erzeugten radioaktiven Abfall haften. Selbst derzeit noch nicht bekannte Zahlungspflichten sind erfasst (Nachhaftung): Es wird eine langfristige Konzernhaftung eingeführt, die unabhängig von den konkreten konzerninternen Strukturen und deren Veränderungen besteht.
Bundesminister Gabriel hierzu: „Wir haben mit dem Gesetz zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs dafür gesorgt, dass die Gelder für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der Atomkraftwerke auch tatsächlich zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. Ich freue mich besonders, dass dies in einem parteiübergreifenden Konsens gelungen ist. Nach dem Konsens zum Atomausstieg haben wir es in dieser Legislaturperiode nun erstmals geschafft, einen breiten Konsens über die Finanzierung der Folgelasten der Kernenergie zu erzielen. Das ist ein starkes Signal.“
Umweltministerin Hendricks: „Der Entsorgungskonsens ist ein Durchbruch. Seit heute herrscht Klarheit, wie die Atomkraft in den kommenden Jahrzehnten abgewickelt werden wird. Das Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung gibt bei dem äußerst komplexen Thema der Entsorgung klare Vorgaben, die uns die Vorgänger-Regierungen schuldig geblieben sind. Das Gesetz trifft eine unmissverständliche Arbeits- und Kostenteilung, die dem Verursacherprinzip Rechnung trägt. Es ist sichergestellt, dass die Verursacher die Kosten für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der strahlenden Hinterlassenschaften der Atomenergienutzung übernehmen. Die Energieversorgungsunternehmen haben bereits angekündigt, Klagen gegen notwendige Maßnahmen im Rahmen des Atomausstiegs zurückzunehmen. Auch vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsgerichts leisten sie damit einen fälligen Beitrag zum Rechtsfrieden. Es wäre mehr als angebracht, wenn die Kraftwerksbetreiber nun auch die restlichen Klagen zurückziehen. Hier ist insbesondere die Klage von Vattenfall vor dem Internationalen Schiedsgericht zu nennen. Die Verhandlungen über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag bieten dazu das passende Forum.“
Bundesrat bittet um Evaluierung
Mit dem Gesetz zur „Neuordnung der Finanzierung in der kerntechnischen Entsorgung“ werden zugleich die Empfehlungen der unabängigen Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) umgesetzt und die Handlungs- und die Finanzierungsverantwortung für die Entsorgung kerntechnischer Abfälle erstmals zusammengeführt.
In einer Entschließung begrüßte der Bundesrat das Gesetz als einen wichtigen Schritt zur Finanzierung des Atomausstiegs. Zugleich spricht er sich dafür aus, nach einer dreijährigen Anwendungsphase zu prüfen, ob sich auch Betreiber von Forschungsanlagen oder gewerblichen Anlagen der Brennstoffversorgung an der Entsorgung des Atommülls beteiligen sollten. Dies entspreche dem eigentlich im Atomrecht geltenden Verursacherprinzip.
Die Rückstellungen in den Bilanzen der Unternehmen hierfür werden wesentlich transparenter sein als bisher. Der Bund erhält erstmals das Recht, regelmäßig die Kostenschätzungen und Liquiditätsplanungen der Betreiber einzusehen. Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag hierzu regelmäßig berichten.
Folgt: Verkündung und Inkrafttreten