Neu: Max-Planck-Energie-Perspektiven 4/2016
Windkraftanlagen erzeugen Strom dann, wenn der Wind weht. Wird der Strom gerade nicht gebraucht, wäre es schön, den Überschuss direkt vor Ort speichern zu können. Eine Idee für Offshore-Windparks: Pumpspeicherkraftwerke auf dem Meeresboden. Sie nutzen den hohen Wasserdruck in großer Tiefe, um mit Hilfe von Hohlkörpern, Pumpen und Turbinen Windstrom zu speichern. Die Max-Planck-Energie-Perspektiven 4/2016 berichten über einen Modellversuch im Bodensee.
Außerdem geht es in der neuen Ausgabe um die Entwicklung organischer Leuchtdioden – hauchdünne, biegsame Leuchtkörper, um Neues zur Fusionsanlage Wendelstein 7-X und um die in der Arktis sichtbar werdenden Folgen des Klimawandels.
Gut zwei Drittel der weltweit erzeugten Treibhausgase kommen aus dem Energiesektor. Dass das Wachstum energiebezogener Kohlendioxid-Freisetzungen im letzten Jahr zum Stillstand kam (siehe „Kohlendioxid weltweit„), nimmt die Internationale Energieagentur in ihrem World Energy Outlook 2016 als gutes Vorzeichen für eine klimafreundlichere Energiezukunft. Dafür seien allerdings nicht gleichbleibende, sondern drastisch sinkende Emissionen nötig. Das Stromsystem für einen hohen Anteil aus variablen erneuerbaren Quellen aufnahmefähig zu machen, verlange zudem tiefgreifende strukturelle Veränderungen – neben Steuerung der Nachfrage und Verbesserung der Energieeffizienz (ein Beispiel: „Organische Leuchtdioden„) auch zuverlässige Energiespeicher („Unterwasser-Pumpspeicher im Test„).
Unterwasser-Pumpspeicher im Test: Auf hoher See können Windkraftanlagen große Ernte einfahren. Wird der Strom gerade nicht gebraucht, speichert man ihn am besten direkt vor Ort, auf dem Meeresboden. Zum Speichern wird mit dem überschüssigen Strom über eine Elektropumpe Wasser aus einer großen Hohlkugel am Meeresboden herausgepumpt. Wird Strom gebraucht, lässt man das Wasser durch eine Turbine in die leere Kugel zurückströmen und erzeugt dabei über einen Generator Strom. Zur Untersuchung der Machbarkeit gründeten der Betonbauspezialist Hoch-Tief und das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Kassel noch im Jahr der Patenterteilung ein Konsortium.
Punktlandung mit Wendelstein 7-X: Auf ein Hunderttausendstel genau konnte die gewünschte Gestalt des magnetischen Feldes in der Fusionsanlage Wendelstein 7-X realisiert werden. Dies zeigt die Auswertung der ersten physikalischen Ergebnisse – erzielt noch vor Betriebsbeginn im Dezember 2015 – die jetzt in der Online-Zeitschrift „Nature Communications“ erschien. Die für guten Einschluss des Plasmas maßgeschneiderte Feldstruktur weicht um weniger als ein Hundertstel Promille von der berechneten Soll-Form ab: Folgt man einer Magnetfeldlinie auf ihrem spiralförmigen Weg durch das Plasmagefäß über 100 Meter, also etwa über die Länge eines Fußballfeldes, dann trifft sie ihr Ziel auf einen Millimeter genau. Damit ist das erste Ziel von Wendelstein 7-X, ein exaktes magnetisches Feld, erreicht.
Eine Autofahrt von 4000 Kilometern lässt die sommerliche Meereis-Fläche in der Arktis um drei Quadratmeter schrumpfen. Das berechneten Dr. Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Professor Julienne Stroeve vom National Snow and Ice Data Center in Boulder/US-Staat Colorado, anhand direkter Beobachtungen. Die Fläche, die das arktische Meereis im Spätsommer bedeckt, hat sich während der vergangenen 40 Jahre etwa halbiert. Klimamodelle kommen zu unterschiedlichen Schlüssen, bis wann das Meer vor der sommerlichen Arktis komplett eisfrei sein könnte. Notz und Stroeve stützten sich bei ihren Rechnungen auf Beobachtungsdaten. Sie glichen die Menge des arktischen Meereises im September, die seit Anfang der 1950er Jahre erfasst wird, mit dem weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid ab: „Bisher ging man von einem Rückgang des sommerlichen Meereises um 1,7 oder 1,8 Quadratmeter pro Tonne Kohlendioxid aus“, sagt Notz. „Unser Wert von drei Quadratmetern liegt deutlich darüber.“ Da der neue Wert auf direkten Beobachtungsdaten beruhe, sei er zuverlässiger.
Bedingt erfreulich ist die diesjährige Bilanz des Global Carbon Project (GCP): 2016 hat die Menschheit voraussichtlich kaum mehr Kohlendioxid freigesetzt als im Vorjahr – und das galt ebenso bereits für die Jahre 2015 und 2014. Laut GCP brachten es Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr und Haushalte dieses Jahr weltweit auf etwa 36,4 Gigatonnen Kohlendioxid. 2015 waren es 36,3 und ein Jahr zuvor 36,2 Gigatonnen. Der in den vorangegangenen Jahrzehnten – abgesehen von drei Wirtschaftskrisen – stetig wachsende Kohlendioxidausstoß blieb damit im dritten Jahr in Folge beinahe konstant.
Organische Leuchtdioden: Hauchdünne Kunststoffschichten, die leuchten, wenn man elektrischen Strom anlegt – im März 2016 startete das EU-Projekt PI-Scale, das die Markteinführung von biegsamen OLED-Lichtquellen beschleunigen soll. Ein Konsortium von 14 Partnern aus Forschung und Industrie baut bis Ende 2018 eine Pilotlinie, an der verschiedenste Hersteller ihre Konzepte testen und auf hohe Stückzahlen übertragen können. Die EU fördert das Projekt mit knapp 14 Millionen Euro.
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