Bauern wollen Strommaut verlangen

Landwirte fordern Geld für künftige Kabel unter ihren Äckern

So mancher Bauer wird unter seinem Grund und Boden für den Bau gigantischer unterirdischer HGÜ- Stromtrassen quer durch Deutschland Bauarbeiten dulden müssen. Dafür fordert einer der Lobbyverbände jetzt mehr als nur eine einmalige Entschädigung – eine Maut. Das berichtet der Bayerische Rundfunk.

Der bayerische Bauernverbandschef Walter Heidl sprach über die Forderung bei einem Baustellenbesuch in Norddeutschland mit Journalisten: „Die Netzbetreiber bekommen die Rechte zur Durchleitung und für viele Jahre eine garantierte Rendite. Da ist es aus unserer Sicht nur logisch, dass wir über eine Entschädigung hinaus einen Anteil bekommen. Wir reden nicht über einen einmaligen Betrag, sondern über eine dauerhafte Abgabe“.

Jahre nötig für Erholung des Bodens

Denn die für die Stromtrassen auszuhebenden etwa dreißig Meter breiten und zwei Meter tiefen Gräben bräuchten, nachdem sie wieder zugeschüttet worden seien, noch Jahre der Erholung – so  Heidl: „Das natürliche Gefüge im Boden wird zerstört. Für die ersten Jahre ist keine Bewirtschaftung möglich.“ Die Netzbetreiber bekämen mit den Rechten zur Durchleitung für viele Jahre eine garantierte Rendite. Da sei es aus Sicht der Landwirte nur logisch, dass sie über eine Entschädigung hinaus ihren Anteil bekämen.

Wenn die Bauern jetzt aber für den verlorenen Grund auch noch Ausgleichsflächen für den Naturschutz bereitstellen müssten wie für andere Baumaßnahmen, seien sie doppelt gestraft. Außerdem sei es unlogisch: Die Flächen dienten indirekt durch „sauberen“ Strom bereits dem Umweltschutz. Die Politik müsse brauchbare Regelungen finden. Schließlich seien die Forderungen der Bauern im Vergleich zu den hohen Kosten für die Verkabelung zu vernachlässigen.

[note Auswirkungen auf den Boden: Erdkabel sind offenbar nicht völlig unproblematisch und die Lösung für die mangelnde Akzeptanz der Überlandleitungen – das stellte jetzt ein Pilotprojekt in Schleswig-Holstein klar. Vor allem die Landwirte machten mit Recht Sorgen um ihre Böden, sagt Prof. Rainer Horn, Bodenexperte der Universität Kiel. Unterirdische Kabel – wie der vom Netzbetreiber Tennet geplante unterirdische Bau des sogenannten Suedlink oder der Ostküstentrasse – könnten viel Schaden anrichten.
Wasseradern würden zerschnitten, die Bodenstruktur zerstört, und nach den Bauarbeiten bleibe ein bis zu 30 Meter breiter Schutzstreifen zurück, der nicht bepflanzt werden könne. Zudem geben die Erdkabel Wärme von rund 70 Grad ab. Dadurch trockne der Boden stärker aus – auf diesen Böden werde nicht mehr viel wachsen, warnt Professor Horn.
Kritik: Tennet schaut nur nach dem Abstand von Häusern – nicht nach geeigneten Böden
Der mehrfach promovierte Kieler Uni-Professor übt scharfe Kritik am Betreiber Tennet – der habe „die Trasse vorher festgelegt und dabei nicht aufgepasst, welche Böden wirklich vorhanden sind. Man hätte mit ganz einfachen Verfahren die Eigenschaften der Böden definieren müssen“, so Horn. Derzeit prüft Tennet laut dem Schleswig-Holstein Magazin für die Ostküstenleitung mehrere mögliche unterirdische Routen zwischen Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) und Göhl (Kreis Ostholstein) – hauptsächlich landwirtschaftliche Flächen. Das Hauptkriterium des Netzbetreibers ist dabei der Abstand zu Wohngebäuden, nicht die Beschaffenheit des Bodens.  Tennet will erst frühestens Anfang Juni den Boden untersuchen lassen, wenn die endgültigen Erdkabeltrassen feststehen. Laut Horn sind lediglich sehr feuchte und/oder sehr dichte Böden geeignet – Moore und sandige Böden überhaupt nicht.
Baumaschinen an Bodendichte anpassen
Um die Gefahr der Bodenverdichtung zu bannen, müsse man standortabhängig vor Baubeginn die mechanische Festigkeit der Böden ableiten – laut Horn aus in Kiel entwickeltem Wissen – und dann die für den Bau nötigen Maschinen daran anpasst. Horn: „Das heißt, die Maschinen müssen leichter sein, als es der Festigkeit des Bodens entspricht, so dass durch diese Fahrmaßnahmen und Baumaßnahmen keine Bodendegradation entsteht“.
Nach Abschluss der Kabelverlegung müssten Regenerationsphasen eingeplant und so gesteuert werden, dass der Boden durch entsprechende Pflanzung wieder funktionsfähig werde: Die Porenstruktur müsse wieder entstehen. Horn nennt als Beispiel „langjährige Luzernepflanzen, drei Jahre oder fünf Jahre“ –  aber der Boden sei mit Sicherheit weicher und in der Folge vorsichtiger zu bewirtschaften. Dazu müssten die Netzbetreiber Verträge über die Ausfallerstattung abschließen. Dennoch stuft Horn die Erdverkabelung als die bessere Variante im Vergleich zu den Freilandleitungen ein.]

Von Norden nach Süden

Mit dem Vorrang für die sehr viel teurere Erdverkabelung war die Bundesregierung Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) entgegengekommen. Dieser hatte gegen die Freileitungen gekämpft, weil der Widerstand in Bayern gegen vermeintliche „Monstertrassen“ groß sei. Die Stromnetzbetreiber Tennet und Transnet hatten im Herbst ihre Vorschläge für mögliche Erdkabel-Korridore vom Norden in den Süden vorgelegt.

Die Vorschläge werden nun von der Bundesnetzagentur geprüft; auch Bürger können sich beteiligen. Erst in einigen Jahren soll der exakte Verlauf der beiden Trassen von Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg sowie nach Bayern feststehen. Die Leitungen sollen nicht vor 2025 in Betrieb genommen werden und dann den Strom aus erneuerbaren Energien wie Windparks im Norden in den industriereichen Süden transportieren.

->Quellen: