Reale Emissionen moderner Diesel-Autos sieben Mal höher als gesetzlich erlaubt
Die Stickoxid-Emissionen moderner Diesel-Pkw liegen sieben Mal höher als es die seit September 2014 geltende Abgasnorm Euro 6 erlaubt. Zu dieser Erkenntnis gelangt eine am 06.01.2017 in Berlin vorgestellte Studie der unabhängigen Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT), welche die VW-Affäre mit ins Rollen gebracht hat. Wenn der ICCT mit seiner (bereits am 11.10.2014 erstmals teilweise publizierten) Studie Recht hat, sind viele Dieselautos schmutziger als Lkw.
Sie stießen mehr als doppelt so viel giftige Stickoxide (NOx) aus wie Lastwagen oder Busse – selbst in der modernsten Schadstoffklasse Euro 6. Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) und aus Finnland für Euro-6-Dieselmotoren im Straßenbetrieb hätten einen NOx-Ausstoß von 480 bis 560 mg/km ergeben. Bei Nutzfahrzeugen seien es dagegen nur 210 mg/km.
Bei der Studie handelt es laut ICCT sich um die erste systematische Untersuchung der realen Emissionen von Euro 6 Diesel-Pkw – in einer Medienmitteilung hieß es: „Große Unterschiede zwischen dem Emissionsverhalten der getesteten Fahrzeuge weisen darauf hin, dass die Technologien für saubere Diesel-Pkw bereits heute existieren, diese jedoch nicht von allen Fahrzeugherstellern entsprechend eingesetzt werden. Die neuen Ergebnisse kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die EU-Mitgliedsstaaten über die Einführung eines neuen, verbesserten, Testverfahrens beraten, welches ab 2017 zusätzlich zu den bisherigen Tests im Labor auch Fahrzeugtests auf der Straße vorsieht.“
[note Schon am 18.11.2016 enthüllte der ICCT, dass Autos im Alltag meist deutlich mehr verbrauchen, als die Hersteller angeben. Möglich machen das Laborbedingungen, Regelschlupflöcher und dreiste Fälschungen. Eine ICCT-Untersuchung zeigte damals, dass die Diskrepanz viel höher war als angenommen: Der ICCT erhob in der Folge schwere Vorwürfe gegen die Autoindustrie. Und die DUH in der Folge gegen die Bundesregierung – doch ohne Wirkung (siehe: solarify.eu/half-regierung-bei-co2-und-spritverbrauchs-betrug?).]
Für die vorliegende Studie habe der ICCT die realen Emissionen von 15 Fahrzeugen mittels Portable Emissions Measurement Systems (PEMS) untersucht, die eine genaue Aufzeichnung von Fahrzeug- und Umgebungsdaten erlaubten. Es seien Daten im Rahmen von 97 Fahrten mit insgesamt mehr als 140 Stunden Fahrzeit und 6.400 Kilometern Fahrstrecke gesammelt worden. Es handle sich damit um die größte Datensammlung zum realen Fahrverhalten moderner Diesel-Pkw. Etwa die Hälfte aller neuen Pkw in der EU würden derzeit mit Diesel betrieben. Seit September 2014 gilt für alle neuen Fahrzeugtypen die Euro 6 Schadstoffnorm.
“Unsere Untersuchung zeigt, dass die realen Stickoxidemissionen moderner Diesel-Autos durchschnittlich sieben Mal höher liegen, als für die Euro 6-Abgasnorm erlaubt”, sagte Dr. Peter Mock, Geschäftsführer des ICCT in Europa. Die ICCT-Forscher weisen zudem darauf hin, dass der überwiegende Teil der beobachteten Überschreitungen weder “extremen” noch “untypischen” Fahrsituationen zugeordnet werden kann. Stattdessen wurden stark erhöhte Stickoxid-Emissionen im normalen Alltagsbetrieb der Fahrzeuge (beispielsweise beim Anfahren an einem leichten Hang) beobachtet.