Klimaklage: Peruanischer Bergführer geht in Berufung
Der Bergführer und Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya aus Peru hat am 26.01.2017 in seinem Zivilverfahren gegen RWE Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Essen eingelegt. Das teilte die Presseabteilung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanchwatch mit. Gemeinsam mit seiner Rechtsanwältin Roda Verheyen (Hamburg) kämpft Saúl Luciano Lliuya nun vor dem Oberlandesgericht Hamm weiter dafür, hieß es, dass sich der Energiekonzern RWE als größter CO2-Emittent Europas an Schutzmaßnahmen gegen Klimawandelfolgen in den peruanischen Anden beteiligen muss. Diese bedrohten große Teile seiner Heimatstadt Huaraz. In erster Instanz war die „Klimaklage“ Mitte Dezember abgewiesen worden. (solarify.eu berichtete)
„Die Begründung des Landgerichts Essen für die Abweisung der Klage ist aus unserer Sicht falsch“, sagte Rechtsanwältin Verheyen. „Sie lässt von uns vorgebrachte Sachverhalte zum Zusammenhang zwischen Emissionen von CO2 und der konkreten Gletscherschmelze außer Acht und unterstellt trotz anerkannter möglicher naturwissenschaftlicher Kausalität ganz generell eine fehlende rechtliche Kausalität für solche Fälle. Wir halten die Kausalität aber auch auf rechtlicher Ebene für gegeben. Nur weil viele Verursacher eine bestimmte Folge herbeiführen, entfällt nicht die rechtliche Verantwortung des Einzelnen. Wir hoffen, dass das Oberlandesgericht Hamm unsere Rechtsauffassung teilt und uns mit der Beweisaufnahme die Chance gibt, die Mitverantwortung von RWE für die akute Gefährdung des Eigentums meines Mandanten zu beweisen.“
[note Das Verfahren ist ein Präzedenzfall: In Lliuyas Heimat droht der 120.000-Einwohner-Stadt Huaráz wegen der massiven Gletscherschmelze (die der IPCC auf den Klimawandel zurückführt) akute Flutgefahr. Denn der Palcacocha-See oberhalb der Stadt ist seit 2003 um mehr als das Vierfache gewachsen. Durch den Klimawandel steigt nun das Risiko, dass sich vom Gletscher über dem See große Eisblöcke lösen und in den See stürzen. In Huaráz könnten dann laut Studien bis zu 50.000 Menschen einer verheerenden Flutwelle zum Opfer fallen. Um diese Gefahr abzuwenden, müssten durch ein neues Entwässerungssystem regelmäßig große Mengen Wasser aus dem See abgepumpt und neue Dämme errichtet werden. LLiuya will erreichen, dass RWE entsprechend seinem Anteil an der Verursachung des Klimawandels für die Schutzmaßnahmen aufkommt. Es geht lediglich um 17.000 Euro. Doch selbst diese kleine Summe lehnt RWE aus grundsätzlichen Erwägungen ab – man hat Angst vor einer dann folgenden Klagewelle.]
Saúl Luciano zeigte sich entschlossen: „Wir haben keine andere Chance. Der Gletschersee oberhalb meiner Heimatstadt wächst unaufhaltsam und diejenigen, die das Schmelzen der Gletscher mit ihren Emissionen beschleunigen, tun so als hätten sie mit unserer Notlage nichts zu tun. Man muss kein Rechtsgelehrter sein um zu erkennen, dass das Unrecht ist.“
„Jeder, der Risiken verursacht, muss auch seinen Teil der Kosten für den Schutz der davon betroffenen Menschen übernehmen“, sagte Germanwatch-Vorsitzender Klaus Milke: „Wir setzen darauf, dass es einen ähnlichen Effekt wie bei der Tabakindustrie geben wird: Nach dem Erfolg solcher zivilrechtlicher Fälle würde der Handlungsdruck auf die Politik endlich viel größer.“ Für die Anwalts- und Gerichtskosten des Klägers in diesem Musterverfahren tritt die Stiftung Zukunftsfähigkeit ein und ruft zu Spenden auf.
->Quelle: germanwatch