Jetzt geht es richtig in die digitale Welt/ den Cyberspace:
„Das Thema ‚Was ist strafbar?‘ erschien auch in der Diskussion bei dem wirklich erneut nahezu euphorisierenden Vortrag von Shermin Voshmgir (BlockchainHub Berlin) zu den Lehren aus dem ‚Investment- Fond‘ Projekt TheDAO (siehe meine Blogs vom Mai und August 2016) Wie schon berichtet, hatte die weltweite Blockchain-Community in diesen ersten Investment-Fonds ohne Management mehr als 180 Mio. Dollar einbezahlt. TheDAO steht generell für Dezentralisierte Autonome Organisation – die Bitcoin-Blockchain ist eine solche. Es gibt trotz der mittlerweile kapitalen Größen der Bitcoin auch dort kein Management. Entscheidungen können immer nur mit Zustimmung von 51% der Stakeholder getroffen werden. Jede Weiterentwicklung des Programmcodes und somit der sogenannten Smart Contracts geht nur über die Mehrheitsentscheidung. Womit wir gleich beim ersten der zerbrochenen Dogmen sind: Smart Contracts sind weder Verträge noch sind sie Smart. Es sind Programmzeilen, die Null oder Eins entscheiden. Das hört sich natürlich nicht so cool an wie Smart Contract. Aber vielleicht hat das Buzzword auch besser rasch ein Ende, da es irreführend ist. Eine oder auch viele Programmzeilen, die Dinge automatisiert ausführen wie Abrechnungen, Energieanforderungen, Energiekennzeichnungen oder was auch immer, bleiben am Ende immer Programmzeilen. Diese können falsch sein und müssen entwickelbar sein, wie das Scheitern des DAO-Projekts zeigt.
TheDAO ist kurz nach dem Auffüllen mit den Mitteln und noch vor jeder Entscheidung, was damit gemacht werden könnte, von Hackern angegriffen worden und um fast 50 Mio. Dollar ‚erleichtert‘ worden. Das System sperrte für 40 Tage den ‚Abtransport‘ des Geldes und in der Community brach ein aus meiner Sicht faszinierender und auch wichtiger Glaubenskrieg aus. Sollte man den Hacker nicht ziehen lassen? Er hat ja nix strafbares gemacht, denn das Programm war halt fehlerhaft und ein Dogma ist: ‚eine Blockchain darf niemals verändert werden‘. Andere ‚White Hat Hacker‘ (die ‚Guten‘) griffen ein und versuchten den ‚Black Hat Hackern‘ (die ‚Bösen‘) beizukommen. War deren Tun illegal oder nicht? Was ist in einem völlig undefinierten Raum illegal? Hatten nicht die Einzahler (inkl. meiner selbst) mehr als 180 Mio. Dollar auf Basis eines Programmcodes und auch noch völlig anonym eingezahlt? Was kann ich an Rechten überhaupt erwarten, zumal mich das System nicht einmal erreichen konnte, um eine Mehrheitsentscheidung zum Umgang mit dem Hacker überhaupt zu ermöglichen? Wie kann man also in Zukunft einen verschlüsselten Shareholder in einer solchen TheDAO oder einen verschlüsselten Stromkunden/Produzenten dennoch, wo rechtlich nötig, identifizieren oder erreichen?
Oder anders gesprochen: Ich habe so etwas wie Geld, das offiziell keine Währung ist, verschlüsselt und anonym in ein System einbezahlt, das überall (also z. B. auf dem Laptop neben Ihnen in der U-Bahn) und nirgends (es gibt keine einzige Person, die eine Autorität im System hat und es gibt auch kein Büro) existiert. Ich habe dieses Geld einbezahlt, um junge Unternehmen zu fördern, welche die Blockchaintechnik überall und nirgends fördern. Deren Identifizierung (schließlich konnten Proposals auch von irgendwoher eingestellt werden) sollte von Seiten des Systems nur über eine Hilfe möglich werden. Es kann keine Regeln dafür geben. Von welchem Staat sollten sie auch kommen? Aus Russland, wo einige der Rechner durch die Moskauer U-Bahn fahren? Oder aus Indien, wo irgendwo im Land in einem Dorf mit Internetzugang ein Blockchainrechner läuft? Merken Sie etwas? Digitalisierung ist global, die echten (positiven) Treiber sind Internationalisten. Sie kennen keine Grenzen zwischen Staaten. ‚Peer to peer‘ bedeutet mit einer offenen Blockchain eben keine Grenze. Das ist auch gut so. Vielleicht kann so eine Weltgemeinschaft nochmals überlegen, ob sie nicht doch beginnen will, ernsthaft über internationale Regeln, die in so vielen Bereichen nötig wären, nachzudenken. In der Blockchain hat sie dafür sicher noch viel Zeit. Wir machen derzeit die guten Sachen weiter.
Mit schon einigem Tumult im Gehirn geht die Reise in Cyberspace noch paradoxer weiter: Denn die Macher der Ethereum-Blockchain – also des DAO-Betriebssystems – griffen ein und benutzten eine Art ‚Zeitmaschine‘ – also wieder etwas, das es zumindest in der realen Welt noch nicht gibt. Sie drehten die Blockchain auf einen Zeitpunkt vor dem Hackerangriff zurück und konnten so das Gros der Mittel schützen. Die Ethereum-Community zerbrach, wie berichtet, darüber in zwei Hälften. Noch immer sind ungefähr eine Million Dollar aus der DAO nicht von ihren Besitzern zurückgeholt worden. Da es auch keine Autorität gibt, stellt sich auch die Frage, wie das gehen soll, die Leute zu benachrichtigen.
Wie beim ersten Blockchain-Tag für die Energiewelt im Mai 2016 schwirrte mir auch diesmal noch am Wochenende nach der Veranstaltung der Kopf. Die schnellen Lerneffekte um TheDAO und die deutsche Strom-DAO inklusive aller ihrer Rückschläge sind absolut beeindruckend. Die Anwendung der Bitcoin für einfache Hilfsleistungen in aller Welt lassen mich euphorisch diesen Beitrag beenden.“
->Quellen: