Klimaschutzplan „nicht mehr ehrgeizig, sondern nur noch geizig“
Vor dem Hintergrund, dass Deutschland seine Klimaschutzziele der nächsten Jahre voraussichtlich mit „Pauken und Trompeten“ verfehlen werde, nahm BEE-Präsident Fritz Brickwedde beim Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) am 16.01.2017 die Politiker in die Pflicht und forderte erneut als richtiges Klimaschutzinstrument die CO2-Bepreisung im Strom- und Wärmebereich. Weitere Redner taten es ihm gleich.
Dazu hatte der BEE am 15.01.2017 konkrete Vorschläge vorgelegt (siehe solarify.eu/ets-klimapolitisch-leere-huelle), die auch in der anschließenden Diskussionsrunde überwiegend auf breite Zustimmung stießen. „Wir erwarten von der Politik, ihre ratifizierten Ziele auch umzusetzen.“ Am Ende des politischen Prozesses sei ein Klimaschutzplan herausgekommen, der – Brickwedde zitierte aus einer Rede des ehemaligen Weltbankchefs und Bundespräsidenten Horst Köhler – „nicht mehr ehrgeizig, sondern nur noch geizig“ sei. Deutschland brauche einen Preis für CO2 – „entweder über eine Steuer oder über einen funktionierenden Emissionshandel“, so Brickwedde.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) vermied in ihrer Rede das Thema CO2-Bepreisung; lediglich den Handlungsbedarf im Wärmesektor räumte sie ein. Hatte sich das BMWi unter Gabriel im Vorfeld des Klimaschutzplans 2050 noch gegen ein Ausstiegsdatum für fossile Wärmeerzeuger gesperrt, deutete Zypries nun unter dem Applaus der mehr als tausend Gäste an, dass es zu einem Förderungsverbot fossil angetriebener Heizungen kommen könne. Die versammelte Erneuerbaren-Branche goutierte das mit Applaus. Zudem brachte die Ministerin ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass das kürzlich auf Druck der Union von der Tagesordnung des Bundeskabinetts abgesetzte Gebäudeenergiegesetz bald beschlossen werde.
Ruf nach einer nationalen CO2-Bepreisung wird immer lauter
Überhaupt wird der Ruf nach einer nationalen CO2-Bepreisung immer lauter. Beim BEE-Neujahrsempfang sprachen sich gleich mehrere Branchenvertreter und Politiker für einen CO2-Mindestpreis oder eine Besteuerung des CO2-Ausstoßes auf nationaler Ebene aus. Aus der Sicht von Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise (er hielt eine Keynote) ist der ETS eigentlich eine gute Idee – er sei aber derzeit in der Praxis unwirksam, da er von einer Steuerungswirkung „sehr, sehr weit entfernt“ sei. Dennoch solle man den Emissionshandel nicht komplett abschreiben. „Es ist noch einen Versuch wert, das System wiederzubeleben“, sagte er – ähnlich wie Thomas Bareiß, energiepolitischer Sprecher der Bundestags-Unionsfraktion: Ein niedriger CO2-Preis, wie er sich seit Jahren im Europäischen Emissionshandel festgesetzt habe, bringe auch seine Vorteile: „Je günstiger der CO2-Preis, desto günstiger die Energiewende.“ Er schloss zwar nicht aus, dass ein Mindestpreis eventuell gebraucht würde, aber er betonte: „Der Emissionshandel funktioniert. Und der darf nicht kaputt geredet werden.“
Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck sah das anders. Es sei zwar wünschenswert, dass der Emissionshandel funktioniere. Aber solange das nicht der Fall sei, müsse man eine nationale Lösung finden. „Ich wäre sehr dafür, die Stromsteuern zu senken oder abzuschaffen und im Gegenzug eine CO2-Bepreisung national einzuführen“, so der Grüne. Er verwies darauf, dass sich ein sauberer Kraftstoff im Verkehr nicht durchsetze, solange Diesel günstiger ist. So könne auch die Sektorenkopplung nicht gelingen. „Die Energiewende gelingt nur, wenn die Wärme und der Verkehr dazu kommen.“ Habeck weiter: „Ich glaube, dass die Umstiegsszenarien nur über klar definierte Ausstiegsszenarien gehen.“ Der CO2-Preis müsse andernfalls bei 45 Euro liegen, damit er Lenkungswirkung entfalte. „Ein nationaler Mindestpreis für CO2 ist das Gebot der Zukunft“, erklärte Habeck. Nationale Maßnahmen zur CO2-Minderung halten sowohl er als auch Brickwedde deshalb für zwingend erforderlich, weil sie bezweifelten, dass der europäische Emissionshandel absehbar ein echtes Preissignal sende. Außerdem müsse man – so Habeck – in Bezug auf Ölheizungen – und eigentlich den gesamten Energiepark – sagen, ab dem Tag X sei diese Technik ausgelaufen. „Die Leute, die sich jetzt noch staatlich gefördert eine Ölheizung anschaffen, die verarscht man.“ Die müssten wissen, dass sie in 20 Jahren das Doppelte und Dreifache für Öl zahlen müssten.
Nicole Weinhold von Erneuerbare Energien fasste die Diskussionsrunde mit der Linken MdB Caren Lay, Bareiß, Habeck, dem BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger und Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand so zusammen: „Insgesamt sprach sich der überwiegende Teil der Diskussionsrunde am Ende noch einmal für die Einführung einer CO2-Steuer aus, die zuletzt die Verbände noch einmal in die Diskussion gebracht hatten.“
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