Friedrich-Wilhelm Wellmer im Solarify-Selbst-Gespräch
Ex-BGR-Präsident Friedrich-Wilhelm Wellmer informiert im Solarify-Selbst-Gespräch über Rohstoff-Nachfrage und Kreislaufwirtschaft – so bräuchten wir für die Erneuerbaren Energie zwar mehr Rohstoffe als für die Fossilen – es seien aber auch mehr als genug vorhanden. Die Seltenen Erden seien nämlich gar nicht so selten, wie der Namen unterstelle. Trotzdem plädiert Wellmer entschieden für die Kreislaufwirtschaft, für Gebrauch statt Verbrauch. Zudem seien Rohstoffe zeit- und epochenabhängige „Kopfprodukte“. Sorgen machen Wellmer die umweltschädlichen Folgen des Rohstoffabbaus und die Kinderarbeit, die nach wie vor in manchen Ländern Asien, Afrikas und Lateinamerikas grassiere. Doch man sei aktiv: Beispielsweise mit dem von der BGR entwickelten „Fingerprinting-System“ für Tantalerze in Afrika – eine Art DNA-Analyse, mit der sich feststellen lasse, aus welchen Gebieten die Erze kämen.
„Also wenn Sie mich fragen… Brauchen wir für die Energiewende mehr metallische Rohstoffe?
Es ist richtig: weniger fossile Brennstoffe, mehr Erneuerbare Energien, mehr Metalle. Pro Energieeinheit brauchen wir mehr Rohstoffe als bei den fossilen Energien – für Erneuerbare-Energien-Anlagen, für Netze, für Speicher. Das gilt für die Massenrohstoffe wie Eisen oder Aluminium, aber ebenfalls für andere Metalle wie Kupfer, Kobalt, Lithium, Gallium, Germanium, Indium, Tellur, oder Seltene Erden, die Platingruppenmetalle oder Vanadium. Lithium und Kobalt brauchen wir z.B. in Batterien für die Elektromobilität, einige Seltene Erden für Permanentmagnete in Windgeneratoren oder einige Platinmetalle als Katalysatoren bei der Wasserstoffelektrolyse, Vanadium für die sogenannten Redox-Flow-Batterien zur Energiespeicherung. Ein Elektroauto benötigt mehr Kupfer als ein konventionelles Auto mit Verbrennungsmotor. Aber weltweit gibt es genügend Metalle und Energierohstoffe für die Energiewende.
Stimmt es nicht, dass viele der Metalle eine relativ kurze Lebensdauer haben? Bei den so kritischen Seltenen Erden sagt ja schon der Name, dass es mit der Lebensdauer nicht so weit her sein kann.
Aus heutiger Sicht ist der Begriff Seltene Erden eine Fehlbezeichnung. Einige Seltene Erden sind sogar häufiger als die im viel größeren Umfang gewonnenen Rohstoffe Blei oder Molybdän. Zu verstehen ist der Begriff aus der Entdeckungsgeschichte: Die Minerale, in denen sie entdeckt wurden, waren selten. Sie waren zunächst nur aus einem bestimmten Steinbruch in Schweden bekannt. Heute kennt man Vorkommen in der ganzen Welt.
Die Lebensdauer ist der Quotient aus den Reserven und dem Verbrauch. Diesen Quotienten aber als Lebensdauer zu bezeichnen, ist irreführend. Er ist immer nur eine Momentaufnahme in einem dynamischen System, denn die Reserven ändern sich laufend. (Reserven sind die bekannten Vorkommen, die wirtschaftlich abbaubar sind. Daneben gibt es Ressourcen. Sie sind bekannt, aber z.Zt. nicht wirtschaftlich. Sie benötigen technologische Verbesserungen oder bessere Preise. Weiter gibt es in geologisch vielversprechenden Gebieten vermutete, bislang unbekannte Vorkommen, die aber mit modernen Explorationsmethoden entdeckt werden können.)
Mit dem Abbau der bekannten Reserven findet auch immer kontinuierlich Exploration statt, so dass die Reserven mit dem Verbrauch wachsen. Bergbaufirmen haben aber kein Interesse daran, Vorkommen zu explorieren, die sie erst in 100 Jahren abbauen können. Das hat zur Folge, dass das Verhältnis Reserven/Verbrauch für jeden Rohstoff ein typischer Gleichgewichtswert ist, der über Jahre nur innerhalb einer gewissen Bandbreite schwanken. Geht man in den epochemachenden Bericht an den Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972, so findet man dort die Zahl 36 für die „Lebensdauer“ von Kupfer. Heute, 45 Jahre später, ist sie 39. Ein anderes Beispiel: für Zink oder Blei bewegen sich diese Zahlen seit Jahren um 20.
Folgt: Aber trotzdem: Sind die Rohstoffe — wenn wir weit in die Zukunft schauen— nicht endlich?