Regierung: AKW-Betreiber nicht kaputtmachen
Atomindustrie und Bundesregierung haben sich auf einen Entsorgungspakt geeinigt – ihnen gelang mit der Einigung auf die Finanzierung des 2011 beschlossenen Atom-Ausstiegs und dessen Entsorgungs- und Endlagerkosten zwar ein großer Schritt. Doch für den Steuerzahler ist das Thema in Zukunft ein Problem. Zudem sind wichtige Haftungsfragen nach wie vor ungeklärt. Denn die Stromkonzerne – die großen Vier – wollen ihre letzten juristischen Trümpfe nicht aus der Hand geben. Zahlreiche deutsche Zeitungen zählten die Folgen auf (dpa).
Doch nur „auf den ersten Blick sieht es so aus, als kämen die Konzerne billig davon,“ schreibt Antje Höning in der Rheinpost, und sie sieht „eine historische Schlacht zu Ende“ gehen. Nur 23,6 Milliarden Euro müssten die Atom-Konzerne zahlen, um die unkalkulierbaren Lasten der Atommüll-(End?)-Lagerung loszuwerden – die übernehmen letztendlich doch die Steuerzahler. Und trotzdem werden die Klagen gegen den Staat aufrechterhalten. Kniefall vor der Atomlobby, wie Greenpeace meint? Höning: „Gemach. Für den Atomfonds gibt es gute Gründe. Angesichts der Krise einzelner Konzerne ist es sinnvoll, die Rückstellungen zu sichern, so lange es diese noch gibt. Das Geld dafür liegt nicht im Keller von RWE und Co., sondern ist in Kraftwerken gebunden, die immer weniger wert werden.“
Eon, RWE, Vattenfall und EnBW zahlen insgesamt 23,55 Milliarden Euro in den Staatsfonds ein, der die Zwischen- und Endlagerung des Nuklearmülls finanzieren soll. Manche kritisieren, die Unternehmen könnten sich mit ihrer Zahlung von der dauerhaften Gesamt-Haftung freikaufen. Allerdings bleiben sie für Stilllegung und Abriss der AKW sowie die Verpackung des Mülls verantwortlich – die Verursacher sollen sich nicht aus der Verantwortung stehlen, so der Gesetz- und Verordnungsgeber. Gleichzeitig aber soll das Überleben der Konzerne gesichert und insofern andere aktuellere Risiken für die Steuerzahler klein gehalten werden.
Aber: Die pertei-übergreifende Kommission hatte – allerdings zu Preisen von 2014 – für das Gesamtpaket mindestens 48 Milliarden angesetzt. Eines der Szenarien kam bis 2099 gar auf inflationsbereinigte Gesamtkosten von fast 170 Milliarden.Entgegen ihrer Ankündigung von 2016 wollen die Atom-Konzerne weiter gegen Schäubles Brennelemente-Steuer klagen – es geht um fast 6,3 Milliarden Euro, die der Bund zwischen 2011 und 2016 kassierte.
Das Karlsruhe Bundesverfassungsgericht bestätigte den Atomausstieg zwar, billigte den Konzernen aber eine Entschädigung für entwertete Investitionen in ihre AKW sowie teilweise für entgangene Stromverkäufe zu. Doch Vattenfall will mehr: Die Schweden verklagten die Bundesrepublik Deutschland wegen der Abschaltung seiner beiden Atommeiler Krümmel und Brunsbüttel nicht nur in einem transparenten, rechtsstaatlichen Verfahren vor einem deutschen Gericht, sondern gleichzeitig auch vor dem International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) der Weltbank. Dabei geht es um eine Klage, welche die deutschen Steuerzahler unterschiedlichen Quellen zufolge 3,7 bis 4,7 Milliarden Euro kosten könnte (siehe: solarify.eu/vattenfall-stiehlt-sich-aus-den-atom-kulissen). An dieser Klage hält Vattenfall zum Ärger der Bundesregierung trotz des Atomdeals fest.
Bis zum 30.06.2018 hat der Gesetzgeber noch Zeit zu regeln, wie der Ausgleich insgesamt genau aussehen soll.
Greenpeace-Atomexpertin Susanne Neubronner kommentiert den Deal: „Allen Warnungen zum Trotz hat sich die Bundesregierung von der Atomlobby über den Tisch ziehen lassen. Die Milliardenklagen der Konzerne laufen weiter, aber vor ihrer Verantwortung für den Atommüll haben sie sich trickreich gedrückt. Für die Steuerzahler ist dieser Deal das denkbar schlechteste Ergebnis.“
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