Greenpeace-Report enthüllt psychosoziale Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima
Frauen und Kinder leiden besonders stark an den Folgen des Reaktorunglücks in Fukushima von vor sechs Jahren. Das ist das Ergebnis eines aktuellen Greenpeace-Reports, der wissenschaftliche Studien zusammenfasst und der am 07.03.2017 in Tokio veröffentlicht wurde. Wie die Presseabteilung von Greenpeace mitteilte, beleuchtet der Report die psychosozialen Folgen des GAUs, die weit über die rein körperlichen Beeinträchtigungen bei Menschen durch atomare Strahlung hinausgehen. Betroffene Frauen würden in der stark von Männern dominierten japanischen Gesellschaft ausgegrenzt, da ihr Risiko, an Krebs zu erkranken oder Kinder mit schweren Erbschäden zur Welt zu bringen, erhöht sei.
Trotzdem sollen die Betroffenen nach dem Willen der japanischen Regierung nun in die verstrahlten Gebiete zurückkehren. Dadurch würde der Betreiber des Atomkraftwerkes Tepco hohe Entschädigungen für die Anwohner vermeiden. „Die japanische Regierung verrät die Opfer der Katastrophe und stellt Konzerninteressen über das Wohl der Menschen“, sagt Susanne Neubronner, Atom-Expertin von Greenpeace. „Stattdessen müssen die Betroffenen entschädigt werden. Das muss auch die psychosozialen Folgen der Katastrophe mit einschließen“.
Japanische Regierung benachteiligt Frauen
Kurz nach der Katastrophe 2011 kam es durch die unübersichtliche Situation vermehrt zu Übergriffen auf Frauen und zu Fällen häuslicher Gewalt, die bis heute juristisch nicht aufgearbeitet worden sind. In den von Männern geführten Evakuierungszentren wurden die Bedürfnisse von Frauen nach Privatsphäre massiv missachtet. Sie werden noch immer bei der Verteilung von Aufgaben ungleich behandelt.
Zur Pflege und Versorgung anderer Betroffener werden ausschließlich Frauen herangezogen. Ausgleichszahlungen erhält zudem meist nur der männliche Familienvorstand, wodurch die Abhängigkeit der Frauen verstärkt wird. Viele Frauen mit Kindern leben getrennt von ihren Partnern, da diese eher in die Regionen zurückkehren. Diese gelten nach wie vor besonders für Kinder als gefährlich. (Eine Studie zur Strahlenbelastung finden Sie hier.) Die Atomkatastrophe hat die Kluft zwischen den Geschlechtern in den betroffenen Gebieten deutlich verstärkt.
Weiblicher Widerstand
Doch die Frauen wehren sich: Der Widerstand gegen die japanische Regierung und deren Versuch, die Anwohner wieder in die verstrahlten Gebiete zurückzubringen, wird überwiegend von Frauen organisiert. Sie haben Online-Netzwerke gegründet, planen Demonstrationen und kämpfen für Entschädigungen sowie eine verbesserte Informationspolitik zu den Folgen der Katastrophe. „Vor allem für Familien mit Kindern ist es nicht möglich, ein normales Leben ohne Strahlenrisiko rund um die Unglücksreaktoren zu führen“, so Neubronner. „Das Leid und die Ungerechtigkeit in Folge eines Atomunfalls gehen weit über das Messbare hinaus. Atomkraft schadet auch einer demokratischen Gesellschaft“.