Wasserwirtschaft: „Nehmen Sie es, wie es ist, und halten Sie es ein!“
Das zweite Thema neben der Energie ist die Wasserwirtschaft. Wir haben nach langer Diskussion die Grenzwerte verändert, was die Nitrate im Grundwasser anbelangt, und haben das Düngerecht geändert. Das war eine ewige Diskussion. Der Bundestag hat das jetzt aber beschlossen. Dann muss auch die Düngeverordnung entsprechend dem Düngegesetz angepasst werden. Es wird auch neue Anforderungen für die Lagerung wassergefährdender Stoffe geben. Alle drei Maßnahmen sollen Ende des Monats den Bundesrat passieren. Ich glaube, das ist für Sie im Grunde eine gute Nachricht, weil die Wasserqualität verbessert wird. Die Landwirte haben eher damit zu kämpfen, das liegt in der Natur der Sache. Ich glaube aber, dass Gewässerschutz und sauberes Trinkwasser durchaus ein wichtiger Bereich sind.
Im Bereich der Abfallwirtschaft haben wir ein neues Verpackungsgesetz. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie Sie darüber denken. Die Freude hält sich in Grenzen, ja? Gut. Na ja, nehmen Sie es, wie es ist, und halten Sie es ein. Ich sage einmal: Seit meiner Zeit als Umweltministerin ist in der Verpackungswelt so viel passiert, dass ich durchaus manchmal Schwierigkeiten habe, nachzukommen. Sie kennen das alles aber und Sie werden den Bürgerinnen und Bürgern auch klar machen, wie sich das verändert. Das ist also auch eine Kommunikationsaufgabe.
Jetzt komme ich zu etwas Schönem, nämlich zum digitalen Wandel. Neue datengetriebene Geschäftsmodelle und Plattformen erobern die Märkte. Ich vermute, dass Sie nicht über alles glücklich sind, weil sich manch einer zum Teil auch einen schlanken Fuß macht. Nur noch Plattformen und Vermarktung sind ein bisschen wenig, um eine nachhaltige Energieversorgung und eine nachhaltige Wasserversorgung sicherzustellen. Ich glaube, es gibt auch schon erste Beispiele, die zeigen, dass Menschen gelernt haben, dass der billigste nicht immer der nachhaltigste Anbieter ist. Es ist eigentlich ein schönes Beispiel für Daseinsvorsorge in ihrer ganzen Tiefe, wenn man sagt: Okay, wir wollen durchaus differenzierte Angebote haben, aber wir müssen einfach auch sehen, dass irgendjemand die Energie auch erzeugen muss und sich irgendjemand dann auch um die Leitungen kümmern muss. Dieselbe Situation haben wir im Grunde auch bei der Breitbandversorgung, darauf komme ich gleich noch zu sprechen….
Meine herzliche Bitte: Bleiben Sie nicht dabei stehen, die Produktion, die Erzeugung oder das Management im eigenen Unternehmen zu digitalisieren. Das ist wichtig, das ist selbstverständlich und das können wir auch ganz gut. Aber der eigentliche Punkt, bei dem wir auch mit den Amerikanern und Asiaten in einen Wettbewerb treten, ist: Wer weiß am meisten über seine Kunden? Wenn Sie sich zum Beispiel die neuen Modelle im öffentlichen Personennahverkehr anschauen, dann stellen Sie fest, dass es ganz wichtig ist, über Ihre Kunden viel zu wissen. Katherina Reiche hat als erstes nach „door to door“ gefragt. Das ist jetzt ein Beispiel, ich mache aber keine Werbung für irgendjemanden, es mag andere Beispiele geben. Wenn Sie aber die Wünsche Ihrer Kunden kennen – egal, ob es in der Stadt oder im ländlichen Raum ist –, werden Sie in der Lage sein, wirklich revolutionär und effizienter diese Wünsche zu befriedigen. Und dann werden Sie zum Beispiel die „front runner“ in der Frage der Mobilität sein.
Wie bekomme ich Flexibilität hin?
Da müssen wir aber sukzessive und aufmerksam durchgehen: Was steht dem im Wege? Wenn ich jetzt einmal an einen Landkreis oder an eine Stadt denke – da gibt es beispielsweise den öffentlichen Personennahverkehr, da gibt es Tarifverträge für Busfahrer oder für Straßenbahnfahrer. Und nun kommt einer senkrecht von außen und sagt: Pass einmal auf, ich mache dir das alles ganz einfach – zwischen 20 Uhr und fünf Uhr morgens brauchst du überhaupt nichts mehr von diesen großen Angeboten, du kannst das alles individualisiert machen, und deine Leute werden doppelt so froh sein. Was sage ich dann dem Busfahrer? Wie muss ich ihn umqualifizieren? Ist er bereit, auch einen kleinen Van zu fahren und nur sechs Mann zu transportieren? Wie bekomme ich Flexibilität hin? Wenn wir 20 Jahre brauchen, um alles umzustrukturieren, dann werden private Anbieter kommen, die alles irgendwie besser machen. Sie werden dann sozusagen alles einstellen können, weil keiner mehr den Bus nutzt, der nur alle drei, vier Stunden kommt oder morgens zur Schulzeit; und abends, wenn das Kind zurückkommt, kann auch die Großmutter noch einmal irgendwie zum Einkaufen fahren.
Das jetzt so zu machen, dass die Leute keine Angst bekommen, keine Panik bekommen, und zu sagen „Okay, wir lassen uns darauf ein“ und vonseiten Ihrer Unternehmen zu sagen „Wir kümmern uns um jeden Einzelnen, wir wollen keine Arbeitsplätze vernichten, wir wollen kein Lohndumping“, das wird aus meiner Sicht ganz, ganz wichtig sein. – Sie sind so stumm, dass ich ganz unruhig werde, aber ich glaube, ich habe recht. Ich bin mir sogar ganz sicher, dass ich recht habe.
Folgt: Vier Milliarden Euro für Breitbandausbau in ländlichen Regionen