Grüne: CO2-Einsparziele werden krachend verfehlt

Deutscher CO2-Ausstoß steigt – Klimaziele kaum zu halten

„Deutschland kommt beim Klimaschutz nicht voran. Das zeigt ein neues Gutachten. Die Grünen sprechen von einem ‚Offenbarungseid für die Klimapolitik der Bundesregierung‘ – doch im Kanzleramt will man es ruhig angehen lassen,“ schreibt Horand Knaup im Spiegel. Und wirklich: Trotz (oder wegen?) der Energiewende wurde in Deutschland 2016 mehr CO2 ausgestoßen als 2015. Die Klimaziele 2020 rücken in weitere Ferne.

Rauch-und-Wasserdampffahnen-im-Norden-von-Berlin-Foto-©-Gerhard-Hofmann-Agentur-Zukunft-für-Solarify

Rauch- und Wasserdampffahnen im Norden von Berlin – Foto-©-Gerhard-Hofmann-Agentur-Zukunft-für-Solarify

2016 sind die energiebedingten Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Vorjahr allen Klimaschutz-Bemühungen zum Trotz vermutlich um 0,7 Prozent oder vier Millionen Tonnen CO2 angestiegen, so die Kurzanalyse der nationalen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2016 von arepo consult. Dabei wäre eine deutliche Verringerung der Emissionen dringend nötig, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Die Zahlen bestätigen laut Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen: „Programme und Maßnahmen der großen Koalition tragen den Klimaschutz nur im Titel. In der Substanz sind sie wirkungslos.“

Knaup im Spiegel: „Das Ziel war einmal klar definiert: Bis zum Jahr 2020 wollte Deutschland nur noch 750 Millionen Tonnen emittieren (Zum Vergleich: 1990 waren es 1.250 Millionen Tonnen), im Jahr 2030 sollten es noch 560 Millionen Tonnen sein. Nachdem ein CO2-Rückgang in den vergangenen Jahren aber praktisch nicht stattfand, ‚hätte der jährliche Ausstoß zwischen 2015 und 2016 deutlich sinken müssen, und zwar um ca. 30 Millionen Tonnen‘, heißt es nun in der Studie. Das ist nicht gelungen.“

Immer schwieriger, Klimaziele zu erreichen

Ursache der steigenden Emissionen sei der weiter wachsende Primär­energie­ver­brauchs, damit werde es für Deutschland noch schwieriger, seine Klimaziele zu erreichen, so das Gutachten: Bis 2020 müssten die jährlichen Emissionen nun jedes Jahr um durchschnittlich 40 Mio t gesenkt werden. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr um diese Zeit habe diese Zahl noch bei 30 Mio t notwendiger Reduktion pro Jahr gelegen. Kaum zu erreichen, wo doch vor allem die Zunahme des Mineralölverbrauchs die Treibhausgase ansteigen lasse. Daneben spielen der zusätzliche Schalttag und das gestiegene Brutto-Inlands-Produkt eine Rolle. Grünen-Umweltpolitikerin Annalena Baerbock forderte deshalb einen „Masterplan im Verkehrsbereich“ zugunsten von Schiene und E-Autos.

Laut Umweltbundesamt (UBA) stieg der CO2-Ausstoß im Verkehrssektor insgesamt um 5,4 Millionen Tonnen, das ist ein Plus von 3,4 Prozent. Der Güterverkehr auf der Straße nahm demnach um 2,6 Prozent zu. Allein der höhere Diesel-Verbrauch sei für 4,8 Millionen Tonnen Treibhausgase mehr verantwortlich, heißt es in der Analyse des auf Klimapolitik spezialisierten Beratungsunternehmens Arepo Consult für die Grünen. „Die Effizienzsteigerungen bei Fahrzeugen sind durch das Verkehrswachstum auf der Straße verpufft“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger.

„Diese Zahlen sind ein Offenbarungseid für die Klimapolitik der Bundesregierung. Seit Jahren bewegt sich wenig bis gar nichts trotz der Investitionen und Förderprogramme. Deutschland hat letztes Jahr genauso viele klimaschädliche Gase wie 2009 ausgestoßen. Da die Bundesregierung keine wirksamen Maßnahmen aufgelegt hat, werden die eigenen CO2-Einsparziele für 2020 krachend verfehlt. Das drohende Wetterchaos und deswegen steigende Flüchtlingszahlen spielen bei der Bundesregierung leider nur in Sonntagsreden eine Rolle,“ klagen die Bündnis-Grünen an.

Schmutzige Kohlekraft muss schnell vom Netz

Ihre Forderung deshalb: In den nächsten Jahren müssten die schmutzigsten Kohlekraftwerke schleunigst vom Netz. Sie seien aufgrund der großen Überkapazitäten ohnehin überflüssig. Der CO2-Ausstoß im Verkehr liege nun zwei Millionen Tonnen höher als 1990.

Noch einmal Knaup: „Dass sich bald etwas bewegt – danach sieht es aber nicht aus. Knapp 16 Monate nach dem pompösen Weltklimagipfel von Paris hat das Bundeskanzleramt seinen Ehrgeiz beim Thema Erderwärmung offenkundig aufgegeben. ‚Der Weg nationaler Ziele ist falsch‘, befand Amtschef Peter Altmaier (CDU) vor dem Wirtschaftsrat der Union. Und gegenüber der taz erklärte der frühere Umweltminister: In Zukunft solle Deutschland ‚Klimaschutz im europäischen Geleitzug machen‘. Das jedoch bedeutet: Deutschland soll – zumindest nach dem Willen der CDU/CSU – nicht länger die Rolle des Vorreiters spielen. Maßstab soll in Zukunft das gemächlichere Tempo der Europäischen Union sein.“

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sagte in der Tagesschau am 16.03.2017, sie sei zwar „verantwortlich für das, was in die Luft geht, nicht aber für die Neuorganisation des Verkehrs.“ Die allerdings sei „in der Tat dringlich notwendig, um die Belastung zurückzuführen“, unterstrich sie mit einem offensichtlichen Seitenblick auf ihren CSU-Kollegen Dobrindt.

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