Alpenvereins-Gletscherbericht mit Fakten zum vergangenen Gletscherjahr
90 Gletscher haben die Beobachter des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) 2015/2016 für Messungen besucht. Der aktuelle Gletscherbericht zeigt, dass der durchschnittliche Längenverlust der Gletscher im Berichtsjahr 2015/2016 mit 14,2 Metern deutlich unter dem Vorjahreswert und auch unter dem Mittel der vergangenen zehn Jahre liegt.
Insgesamt sind 87 der beobachteten 90 Gletscher (also 97 %) zurückgeschmolzen. Es gab nur einen geringfügig vorstoßenden Gletscher (das Landeckkees), zwei Gletscher (Winkelkees und Totenkopfkees) verhielten sich stationär. Andrea Fischer, ehrenamtliche Leiterin des Gletschermessdienstes im Alpenverein und „Österreicherin des Jahres 2013“, dazu: „Wir befinden uns seit dem Hochstand der Gletscher in der Kleinen Eiszeit in einer Phase des Gletscherrückgangs, der sich im 21. Jahrhundert deutlich verstärkt hat.“
Weniger Rückgang als im Jahr zuvor
Wenig Schnee und wärmere Temperaturen sind für gewöhnlich schlechte Vorboten, weil Eis rascher ausapert und schmilzt, je weniger Winterschnee am Gletscher liegt. Dass der Gletscherrückgang in diesem Jahr doch geringer ausfällt, ist dem Schneefall zur rechten Zeit zu verdanken. Nach dem niederschlagsarmen Winter 2015/2016 lieferte das Frühjahr eine schützende Schneeschicht, die die Gletscher vergleichsweise gut durch den Sommer brachte. Die schneefreie Zeit war kürzer und die absoluten Längenverluste letztlich geringer als in den Extremsommern 2003 und 2015.
Am meisten zurückgeschmolzen ist – wie schon im Jahr zuvor – das Hornkees in den Zillertaler Alpen (-65,0 m), allerdings deutlich weniger als im Vorjahr (-136,0). Insgesamt wurden an 13 Gletschern Rückgänge um mehr als 30 m gemessen. Diese Verluste sind aber deutlich geringer als im vorangegangenen Jahr, in dem an drei Gletschern sogar mehr als 100 m Rückgang gemessen wurde. Der Rückgang der Pasterze setzt sich in etwa der gleichen Geschwindigkeit wie in den Vorjahren fort.
„Zusammenfassend kann man sagen, dass das Eis an den Zungen der großen Gletscher Österreichs stark ausgedünnt ist. Weil die Fließgeschwindigkeiten niedrig sind, gibt es kaum Eisnachschub zu den Gletscherzungen“, resümiert Fischer. Diese Faktoren sorgen zusammen mit den großen Abschmelzbeträgen an den Gletscherzungen für den weiterhin extremen Rückgang der Gletscher.
Wandel der Gletscher stellt Messnetz auf die Probe
Die derzeit großen Veränderungen an den Gletschern machen es auch schwieriger, ein verlässliches Messnetz aufrechtzuerhalten. Einige Gletscher sind in einzelne Teile zerfallen oder mittlerweile fast vollständig von Schutt bedeckt, wodurch die Zungenenden nicht mehr auszumachen sind. Dadurch ändert sich das Fließverhalten des Gletscherrestes, der bis zur vollständigen Ausaperung oft an Ort und Stelle liegen bleibt. Messungen an diesen Zungen büßen an Aussagekraft ein und müssen aus dem Programm genommen werden. Damit solche Zerfallserscheinungen nicht den Jahresmittelwert verzerren, muss die Anzahl der beobachteten Gletscher groß genug sein. Deshalb werden immer wieder neue Gletscher ins Programm aufgenommen, so wie im Jahr 2016 der Hauerferner.
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