Kosten von 8 ct/kWh Speicherstrom möglich
Wie die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) am 18.04.2017 mitteilte, will ein Energiespeicher-Unternehmen mit fünf Partnern aus Lignin kostengünstige und nachhaltige organische Elektrolyte für Redox-Flow-Batterien entwickeln, die sich gut für die stationäre Speicherung von Wind- und Solarstrom eignen. Eine Zellstofffabrik soll dafür Ligninsulfonate liefern, die in ihrem Produktionsprozess als Nebenprodukt anfallen.
Forscher nehmen laute einer Studie von agora-Energiewende an, dass die Kapazität stationärer Energiespeicher in Deutschland bis zu 176 GWh betragen könnte, soviel, wie 44.000 Vier-Personen-Haushalte im Durchschnitt jährlich verbrauchen (4.000 kWh). Redox-Flow-Batterien eignen sich grundsätzlich gut dafür, denn ihre Speicherkapazität kann unabhängig von ihrer elektrischen Leistung skaliert werden, da die beiden Elektrolyte für die negative und positive Elektrodenseite in separaten Tanks gelagert werden. Damit ist die Speicherkapazität im Prinzip durch die Größe der Tanks, bzw. die Menge der Elektrolyte bestimmt. Bisher setzt man für Letztere in der Regel Verbindungen des Metalls Vanadium ein, die jedoch in den erforderlichen großen Mengen nicht zur Verfügung stehen, teuer und chemisch relativ instabil sind. Eine Alternative könnten Elektrolyte aus organischen Verbindungen sein, die sich aus Lignin gewinnen lassen. Lignin fällt in der Zellstoff- und Papierproduktion weltweit im Millionen-Tonnen-Maßstab an.
Chinone sind die Zielmoleküle in dem jetzt begonnenen Vorhaben. Die Forscher wollen zwei geeignete Redox-Paare mit ausreichend verschiedenen elektrochemischen Potenzialen aus Ligninsulfonaten gewinnen, die in der Ablauge des Zellstoffwerks anfallen. Die geplante Herstellungskette umfasst einen Filtrationsschritt zur Reinigung, eine elektrochemische und chemo-katalytische Lignin-Spaltung zu aromatischen Vorläuferverbindungen, die anschließend zu Chinonen umgesetzt werden. Eventuell ist noch eine chemische Modifikation der erhaltenen Chinone notwendig. Ligninsulfonat ist wasserlöslich, sodass alle Reaktionen in wässriger Lösung ablaufen können. Die Optimierung der Komponenten und der Zellaufbau der Redox-Flow-Batterie gehören ebenfalls zum Arbeitsumfang des Vorhabens.
Ist das Proof-of-Concept erfolgreich, wollen die Wissenschaftler in einem Folgeprojekt eine Pilotanlage mit einer Produktion von einem Kilogramm Chinonen pro Tag errichten. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit ist das Forscher-Team um die CMBlu AG optimistisch: Die International Energy Agency sieht den Durchbruch der Batteriespeicher-Technologie bei Kosten von maximal 0,08 Euro pro gespeicherter kWh – diese Kosten halten die Forscher mit ihrem Ansatz für mittelfristig erreichbar.
Der Einsatz von Lignin in Speichersystemen wäre eine bedeutende Aufwertung dieser ohnehin anfallenden Ressource, die bisher hauptsächlich thermisch verwertet wird. Die nicht zum Elektrolyt umgewandelten Bestandteile der Lignin-haltigen Ablauge sollen wieder in den Stoffkreislauf der Zellstofffabrik zurückgeführt werden, um weiterhin für die Energiegewinnung zur Verfügung zu stehen. Da Lignin ein pflanzlicher Rohstoff ist, verbrennt er weitgehend CO2-neutral. Auch die anorganischen Chemikalien wollen die Forscher zurückgewinnen, so dass die Prozesse der Zellstoffproduktion kaum beeinflusst werden.
Nähere Informationen zu den einzelnen Teilvorhaben stehen auf fnr.de unter den Förderkennzeichen zur Verfügung:
- 22401716 CMBlu Projekt AG – Redox-Flow-Zelle
- 22402816 Technische Hochschule Mittelhessen – Trennverfahren
- 22402916 Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Elektrochemie
- 22403016 Justus-Liebig-Universität Gießen – Chemische Synthese und Modifikation
- 22403116 Justus-Liebig-Universität Gießen – Elektrolyte
- 22403216 MANN + HUMMEL GmbH – Filtrationsmembranen
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.