Kabinettsbeschluss zu Mieterstromgesetz begrüßt

BSW-Solar: Nachbesserungen nötig

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar): „Der Kabinettsbeschluss bestärkt unsere Hoffnung, dass noch in dieser Legislaturperiode wichtige Hemmnisse für solare Mieterstromangebote fallen. Dann könnten endlich auch Mieter vom preiswerten Solarstrom direkt profitieren. Das wäre ein wichtiger Schub für die Energiewende in den Ballungsräumen und ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Viele Stadtwerke und Wohnungsunternehmen dürften dann bereit sein, bislang weitgehend ungenutzte Dachflächen der Innenstädte solartechnisch zu erschließen und attraktive Mieterstromtarife anzubieten.“

Das Gesetz sei notwendig, so eine Medienmitteilung des BSW-Solar, weil solare Mieterstromangebote heute noch mit der vollen EEG-Umlage (derzeit rund 7 Cent) belastet würden, während im Eigenheim für den selbst genutzten Solarstrom keine EEG-Umlage gezahlt werde. Dies sei von Vertretern der Bundesländer, von Mieter- und Verbraucherschützern sowie der Wohnungswirtschaft in der Vergangenheit wiederholt kritisiert worden. Mit der jetzt von der Bundesregierung geplanten Förderung könnte diese Investitionsbarriere zumindest teilweise beseitigt werden.

Kleine Anlagen von Lieferantenpflichten befreien

Damit solare Mieterstromprojekte nun tatsächlich zum Standard im Neubau und Bestand werden können, sind nach BSW-Auffassung am Gesetzesentwurf einige Nachbesserungen vorzunehmen. So sollten nach Verbandsansicht Betreiber kleiner Solarstromanlagen mit einer Leistung bis 10 kWp von Lieferantenpflichten im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes befreit werden. Andernfalls wäre der Aufwand für Abrechnungs-, Informations- und Mitteilungspflichten für diese unverhältnismäßig, wenn sie z.B. Mieter einer Einliegerwohnung mit Solarstrom vom eigenen Hausdach versorgen wollen.

Nicht nachvollziehbar sei auch, warum solarer Mieterstrom nur förderwürdig werden solle, wenn er auf dem gleichen Gebäude geerntet werde, in dem der belieferte Mieter wohne bzw. arbeitee. Vielmehr sollte die Förderung nach BSW-Empfehlungen auch dann gewährt werden, wenn z.B. ein Mieter vom Dach seines Vermieters eines benachbarten Gebäudeensembles mit Solarstrom versorgt werden will und dabei das öffentliche Stromnetz nicht genutzt werde. Hier böte sich die Definition des „räumlichen Zusammenhangs“ an, wie sie z.B. im Stromsteuergesetz von der Bundesregierung bereits genutzt werde.

BDEW: „Berechnungen zeigen: Geplantes Modell würde viele Haushalte stärker belasten“

„Ein klug gestaltetes Mieterstrommodell kann ein sinnvoller Baustein sein, um die Akzeptanz für die Energiewende zu steigern. Es kommt aber sehr darauf an, wie dieses Instrument ausgestaltet ist. Auf keinen Fall darf es zu einer Umverteilung der Lasten und zu sozialer Ungerechtigkeit führen. Der aktuell diskutierte Gesetzentwurf würde aber genau das bewirken: Wenige privilegierte Haushalte würden von den Netzentgelten befreit werden, während viele andere draufzahlen“, sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, anlässlich des Kabinettsbeschlusses zum Gesetzesentwurf laut einer BDEW-Medienmitteilung.

Laut Gesetzentwurf soll der auf geeigneten Mietwohngebäuden produzierte und selbstgenutzte PV-Strom von den Netzentgelten befreit werden. Der BDEW hat die Auswirkungen des neuen Mieterstrommodells auf die Höhe der Netzentgelte berechnen lassen: Vor allem in Städten mit einer hohen Anzahl geeigneter Mietwohngebäude sowie Regionen mit verhältnismäßig hohen Netzentgelten wäre mit einem deutlichen Anstieg der Netzentgelte zu rechnen. Denn angesichts der Einsparmöglichkeiten bei Netzentgelten und den weiter geplanten Befreiungen von Konzessionsabgaben, Stromsteuern und KWKG-Umlage sei das Mieterstrommodell dort besonders attraktiv.

In Berlin drohe Netzentgelt-Grundpreis um 13 % – Arbeitspreis um 9 % – anzusteigen

Würden beispielsweise in Berlin 20 Prozent der geeigneten Mietwohngebäude das Mieterstrommodell nutzen, könnte das zu einem Anstieg des Netzentgelt-Grundpreises um mehr als 13 Prozent führen. Der Netzentgelt-Arbeitspreis könnte um neun Prozent steigen. In Hamburg und Schwerin wäre in diesem Szenario ein etwas moderaterer Anstieg der Netzentgelte zu erwarten: In Hamburg könnte der Grundpreis um über neun Prozent und der Arbeitspreis um über sechs Prozent steigen. In Schwerin könnte der Preisanstieg bei jeweils etwa elf Prozent liegen. Bei einer höheren Marktdurchdringung oder einem Anstieg der Netzentgelte infolge des Netzausbaus würden die Umverteilungseffekte deutlich höher ausfallen.

Mehrheit der Mieter würde nicht profitieren

„Die Mehrheit der deutschen Mieter würde vom aktuell geplanten Mieterstrommodell nicht profitieren. Im Gegenteil: Sie würden es über Mehrbelastungen beim Strompreis finanzieren. Das Resultat wäre eine erhebliche Umverteilung zwischen den Mietergruppen. Das Ziel ‚Akzeptanzsteigerung‘ wird die Politik mit diesem Konzept beim Gros der Bevölkerung gewiss nicht erreichen. Ganz abgesehen davon, dass es sich nicht in eine konsistente Energiepolitik eingliedert“, so Kapferer.

BDEW-Vorschläge für eine gerechtere Verteilung der Lasten

Damit ein größerer Anteil der Mieter von der Energiewende profitieren kann, hat der BDEW eigene Vorschläge entwickelt:
Der Bau von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Mietwohngebäuden sollte ausschließlich über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert werden. Das ließe sich über Ausschreibungen im vereinfachten Verfahren organisieren. Da die Kosten des EEG bundesweit auf alle Verbraucher umgelegt werden, wäre diese Herangehensweise kosteneffizient und sozial gerecht.

Soll der Strom aus der PV-Dachanlage direkt an den Mieter geliefert werden, könnte dies per Direktvermarktung im EEG ohne Zusatzkosten erreicht werden. Hierbei könnten auch die im EEG 2017 eingeführten regionalen Herkunftsnachweise ausgestellt werden.

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