Der March for Science und die Wirtschaft in den USA
Die Trump-Administration wird das Pariser Klimaabkommen nun vielleicht doch nicht aufkündigen. Fest steht: In den USA wächst der Widerstand gegen revisionistische Klimapolitik, wie der March for Science gezeigt hat. Aus bizzenergy – mit freundlicher Genehmigung von Joachim Müller-Soares und Jutta Maier.
US-Energieminister Rick Perry hat seinem Präsidenten Donald Trump diese Woche geraten, den Pariser Klimavertrag nicht aufzukündigen, sondern nachzuverhandeln. Der Widerstand gegen revisionistische Klimapolitik wächst, das zeigte nicht zuletzt der March for Science, der am Wochenende 15.000 Teilnehmer nach Washington brachte und in 600 Städten auf der ganzen Welt Nachahmer fand. Allein in Washington protestierten rund 15.000 Teilnehmer gegen Trumps „alternative Fakten“ und seine allgemein als wissenschaftsfeindlich eingestufte Regierung.
Trump selbst war davon offenbar beeindruckt und veröffentlichte flugs eine Erklärung über sein Herangehen an Umweltfragen: „Peinlich genaue Wissenschaft ist entscheidend für die Bemühungen meiner Regierung, die beiden Ziele des Wirtschaftswachstums und des Umweltschutzes zu erreichen“.
Universitäten als „HR-Department für das Silicon Valley“
Viele Forscher sehen den Marsch als Erfolg, so auch Chemieprofessor Robert Schlögl vom Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin, der als Gutachter für das US-Energieministerium regelmäßig die USA bereist. Er betont die Unterstützung der Silicon-Valley-Unternehmen für den March for Science. Die US-Universitäten ziehen traditionell Nachwuchswissenschaftler an, von denen etliche nach ihrer Ausbildung im Silicon Valley anheuern. Trumps Vorbehalte gegen Wissenschaft und Einwanderung gefährdeten die Rolle der US-Universitäten als „HR-Department für das Silicon Valley“.
Mitarbeiter von Technologie-Firmen wurden bei den Events in San Francisco sowie im Silicon Valley gesichtet. Das Magazin TechCrunch machte Beschäftigte von IT- und Tech-Unternehmen wie IBM, SpaceX (Weltraumfirma von Tesla-Gründer Elon Musk), Salesforce und Slack unter den Demonstranten aus. Beim kalifornischen Cloud-Anbieter Salesforce heißt es, es habe den Mitarbeitern freigestanden, an dem Marsch teilzunehmen. Eine Entwicklerin der Salesforce-Plattform für Nonprofit-Organisationen kommentierte die Veranstaltung auf Twitter: „Man muss sich vor nichts im Leben fürchten, man muss es nur verstehen.“ Zudem kritisierte sie Gegner des Events: „Antiwissenschaftliche, Alternative-Fakten-Menschenmenge nutzt ihre technischen Geräte (dank Wissenschaft), um den March for Science zu stören.“
Unternehmen kämpfen für Clean Power Plan
Microsoft wollte sich offiziell nicht zu der Veranstaltung äußern, setzt sich jedoch für wirkungsvolle Klima-Gesetze ein. So machte sich der IT-Konzern bereits 2016 gemeinsam mit Amazon, Google und Apple für den Clean Power Plan stark. Das Regelwerk von Trumps Amtsvorgänger Obama war zentraler Baustein, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, konnte jedoch nie in Kraft treten, weil mehrere US-Bundesstaaten dagegen geklagt hatten. Nachdem Trump ein Dekret unterzeichnet hatte, um den Clean Power Plan auszuhebeln, wollen die Tech-Konzerne weiterkämpfen. „Wir glauben, dass starke Gesetze fürs Klima und saubere Energie wie der Clean Power Plan die Energieversorgung mit Erneuerbaren stabiler machen, die ernsthafte Bedrohung durch den Klimawandel angehen und gleichzeitig Amerikas Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Jobwachstum unterstützen“, veröffentlichten sie in einem gemeinsamen Statement.
Trotz der Unterstützung aus dem Silicon Valley hat die Forschung jedoch besonders in konservativ geprägten Landstrichen einen schweren Stand. „Viele Amerikaner dort betrachten Wissenschaftler als den gottlosen Feind“, sagt eine Dozentin der Universität von Wisconsin-Milwaukee, die namentlich nicht erwähnt werden möchte, zu bizz energy. Sie verweist darauf, dass in den USA jeweils die örtlichen Schulbezirke für die Lehrpläne verantwortlich seien. „Das bedeutet, dass nicht jeder das Gleiche lernt.“ Wenn ein Schulbezirk den Wissenschaften gegenüber misstrauisch eingestellt sei, würden die Schulen den Lehrstoff mitunter so anpassen, dass er sich mit ihren religiösen Weltanschauungen deckt. „Die Folge ist, dass eine erstaunliche Anzahl von Menschen nicht an den Klimawandel glaubt“, sagt die Dozentin. „Als ob es sich um eine Religion handeln würde!“
Rick Perry ist Kreationist
Als wissenschaftsfeindlich gelten insbesondere auch die Kreationisten, die das Lehren der Evolutionstheorie von Charles Darwin an Schulen und Universitäten verhindern wollen – oder zumindest darauf pochen, dass ihr Glaube vom „Intelligent Design“ gleichberechtigt gelehrt wird. Einer der prominentesten Anhänger des Kreationismus ist übrigens: US-Energieminister Rick Perry.
->Quelle: Dieser Artikel von J. Müller-Soares und J. Maier erschien am 26.04.2017 in bizzenergy.