„Ein guter Tag für Europas Luft“ – EU-Mehrheit setzt Luftverbesserungen durch
Die EU hat am 28.04.2017 gegen den Willen der Bundesregierung und anderer Kohleländer strengere Grenzwerte für Kohlekraftwerke beschlossen: Weil die meisten EU-Länder, die über die „Umweltstandards für Großfeuerungsanlagen“ verhandelten, dafür waren, treten diese trotz des deutschen Neins in Kraft. „Ein guter Tag für Europas Luft,“ freuten sich BUND und andere Umweltverbände; weniger Menschen würden frühzeitig sterben – allerdings erst ab 2021. Genau vor drei Jahren hatte das IASS-Potsdam Grenzwerte für (zunächst neue) Kohlekraftwerke vorgeschlagen.
[note Deutsche Welle vom 28.04.2017: „Laut EU-Umweltagentur sterben jedes Jahr rund 430.000 Menschen vorzeitig durch schlechte Luft, verursacht vor allem durch Industrie und Verkehr. Viele Menschen leiden an Asthma und chronischer Bronchitis, die Krankenkassen haben deshalb Zusatzkosten von vielen Milliarden.“ (Siehe auch: dw.com/bald-bessere-luft-in-europa)]
Laut EU-Kommission wurde der Vorschlag mit qualifizierter Mehrheit angenommen. Damit soll unter anderem der Ausstoß von Feinstaub, Quecksilber, Schwefeldioxid und Stickoxiden sinken, die für Atemwegserkrankungen und Zehntausende vorzeitige Todesfälle verantwortlich gemacht werden. Die neuen Grenzwerte müssen die insgesamt 2.900 Kraftwerke in der Union bis 2021 einhalten. Das Bundesumweltministerium halte die neue Tages-Obergrenze von 175 Milligramm Stickoxide pro Kubikmeter Luft im Jahresschnitt nicht für sachgerecht, hieß es laut Rheinischer Post in einer Erklärung.
Für die BUND-Energieexpertin Tina Löffelsend war die Entscheidung der EU-Staaten, die Stickoxidgrenzwerte für Kohlekraftwerke zu verschärfen, eine „Ohrfeige für die Bundesregierung und deren kohlefreundliche Haltung“, als sie feststellte: „Die Bundesregierung ist mit ihrer Pro-Braunkohle-Haltung auf ganzer Linie gescheitert. Sie hat strengere Emissionsstandards in Gänze in Frage gestellt, nur um für Braunkohlekraftwerke bei Stickoxiden höhere Emissionen durchzusetzen. Kohlekraftwerke verursachen einen Großteil der Schadstoffbelastungen, deshalb sind strengere Umweltstandards überfällig. Mit der heutigen Entscheidung dürfen Europas Kohlemeiler künftig deutlich weniger Feinstaub, Quecksilber, Schwefel und Stickoxide ausstoßen. Dies ist guter Tag für Europas Luft und den Gesundheitsschutz der EU-Bürger“.
Weil die Bundesregierung deutsche Braunkohlekraftwerke vor den Kosten eventuell erforderlicher Nachrüstungen habe schützen wollen, habe sie sich vor der Brüsseler Entscheidung zum willigen Helfer der Kohleindustrie gemacht. Löffelsend: „Die Bundesregierung ist immer noch weit entfernt davon, im Zweifel der Gesundheit der Bevölkerung Vorrang vor Industrieinteressen einzuräumen. Selbst die Bundesumweltministerin hat sich schützend vor die Kohlemeiler gestellt und war gegen strengere Umweltstandards. Dabei gehören deutsche Kohlekraftwerke zu den schmutzigsten und klimaschädlichsten in ganz Europa. Schon um das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen, müssen sie schnellstmöglich vom Netz genommen werden.“