Keine rechtlich belastbare Grundlage, Ausfuhrgenehmigungen von AKW-Sicherheit in Nachbarstaat abhängig zu machen
Es gibt keine rechtlich belastbare Grundlage, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen von der Sicherheit eines genehmigten Betriebs – wir haben es mit einem genehmigten Betrieb zu tun – von Atomkraftwerken in einem der Europäischen Union angehörigen Nachbarstaat abhängig zu machen. Das Atomgesetz entspricht damit bindenden Vorgaben des Europarechts, die ich nicht aufheben kann. Das können Sie gerne ausführlich in dem umfangreichen Rechtsgutachten des ansonsten auch von Ihnen so geschätzten Verwaltungs- und Atomrechtsexperten Professor Ewer nachlesen.
In dem gleichen Gutachten wurde festgestellt, dass ein Widerruf vorhandener Genehmigungen aus solchen Gründen nicht eingefordert werden kann. Solange in Deutschland Kernbrennstoffe produziert werden, müssen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen auch Ausfuhrgenehmigungen erteilt werden. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) gestern die inzwischen dritte Stellungnahme ein und derselben Rechtsanwältin in gleicher Sache vorgestellt hat, die das Gegenteil behauptet.
Es ist verantwortungslos, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als könne über einen Stopp von Brennelementelieferungen aus Deutschland der Betrieb der Atomkraftwerke in Belgien verhindert werden. Sie wecken damit eine Hoffnung, die niemand in Deutschland erfüllen kann, auch Sie selbst nicht, auch nicht der Landesminister. Die belgischen Betreiber haben, was Ihnen ebenfalls gut bekannt sein dürfte, Frau Kollegin Haßelmann, jederzeit die Möglichkeit, auf dem Weltmarkt, auch außerhalb Deutschlands, Brennelemente zum Betrieb ihrer Anlagen zu beschaffen. Das hat nichts mit „Geschäft“ zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass ein Stopp der Ausfuhr aus Deutschland eben nicht zur Versorgungsunsicherheit für Brennelemente in Belgien führt; Brennelemente gibt es auch woanders. Alles andere nützt niemandem, auch nicht den Bürgerinnen und Bürgern in der Region.
Schließung der Uranfabriken wird rechtlich geprüft
Der einzige Weg, um den Export von Brennelementen zu verhindern, wäre eine Schließung der Uranfabriken. Darum lassen wir genau diese Option jetzt rechtlich prüfen. Gemäß dem Auftrag der Umweltministerkonferenz lässt mein Haus derzeit ein Gutachten dazu erstellen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Stilllegung der Urananreicherung und der Brennelementeproduktion in Deutschland möglich wäre.
Verantwortlich ist immer die zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde des jeweiligen Staates, auf dessen Gebiet sich die Anlage befindet. Mittlerweile gibt es allerdings eine Reihe europäischer und internationaler Gremien, in denen ganz konkrete Sicherheitsfragen erörtert werden. In diesen Gremien sind auch unsere Nachbarstaaten vertreten. Deutschland arbeitet in allen entscheidenden Gremien aktiv mit und setzt sich für höchste Sicherheitsanforderungen ein, gerade auch vor dem Hintergrund der grenznahen Anlagen.
Eine Oberaufsicht der EU über AKW macht deswegen keinen Sinn, weil die zuständigen nationalen Behörden viel detailliertere Kenntnisse über die einzelnen Anlagen haben, als das die Europäische Kommission europaweit für alle Anlagen je haben könnte. Aber der entscheidende Punkt ist, dass alle Mitgliedsländer einer Übertragung der Kompetenz auf die EU zustimmen müssten und dass deswegen überhaupt nicht klar ist, ob denn unsere Vorstellungen und unsere sehr hohen deutschen Standards zugrunde gelegt würden. Im Gegenteil: Es wäre eher zu befürchten, dass dann Sicherheitsstandards abgesenkt werden – und damit auch in Deutschland. Wollen Sie das wirklich?