Expertenanhörung in Bundestagsausschuss
Die Vorstellungen der Bundesregierung zur Entlastung von Haushalten und Industrie von den Stromnetz-Kosten sind bei Sachverständigen auf unterschiedliche Kritik gestoßen – wie der parlamentseigene Pressedienst „heute im bundestag“ mitteilt. Das habe sich bei einer Anhörung zum Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur ((NEMoG – 18/11528) im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie gezeigt. Ein Kernpunkt sei die Vergütung für dezentrale Energie, weil die Einspeisung in regionale Netze weniger aufwändig sei als bei Großkraftwerken, deren Energie zunächst durch vorgelagerte Netze mit höherer Spannung geleitet werde.
Aus der Begründung des BMWi
Mit der Öffnung des Strommarktes sind dezentrale Erzeugungsanlagen den großen, überregionalen gleichgestellt worden. Sie unterliegen gleichermaßen der börsenorientierten Vermarktung des Stroms, unterstützt durch flankierende Förderinstrumente im EEG und KWK-Gesetz. Die Einbindung dezentral erzeugten Stroms steht marktseitig einer lokalen Zuordnung von Netz- oder Umspannebenen oder einem Vor-Ort–Verbrauch entgegen. Im Rahmen der Energiewende ändert die dezentrale, zunehmend fluktuierende Einspeisung im Rahmen der Energiewende schrittweise die Anforderungen an die Stromnetze. Dies gilt auch für deren notwendigen Aus- und Umbau. Der Anstieg dezentraler Erzeugung führt vor allem in lastschwächeren Gebieten dazu, dass dezentrale Erzeugung zunehmend Netzkosten verursacht und perspektivisch in immer geringerem Maße einspart. Dezentrale Einspeisung wird zunehmend nicht mehr vor Ort „verbraucht“, sondern über die vorgelagerten Netzebenen in den Markt gebracht. Schließlich fließen in die Berechnungsgrundlagen für vermiedene Netzentgelte vermehrt Kostenbestandteile ein, die dezentrale Erzeugung von vornherein nicht vermeiden kann.“
[note Anfang November 2016 hat das BMWi den Referentenentwurf für das Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (NEMoG) vorgelegt, mit dem bessere Kosten- und Verteilungsgerechtigkeit erreicht werden soll. Sogenannte vermiedene Netzentgelte sollen schrittweise abgebaut und Übertragungsnetzentgelte bundesweit vereinheitlicht werden.]
Einsparungen für Haushalte und Unternehmen erwartet
Die vermiedenen Netzentgelte sollen zunächst eingefroren werden. „Perspektivisch ist vorgesehen, das Instrument der Entgelte für dezentrale Erzeugungsanlagen, die aus den Netzentgelten finanziert werden, bis zum Jahr 2030 abzuschaffen“, heißt es im Gesetzentwurf. Unter Berufung auf Angaben der Bundesnetzagentur schreibt die Regierung, die Summe der vermiedenen Netzentgelte für KWK-Anlagen habe 2015 rund 700 Millionen Euro betragen. Die Regierung erwartet von dem Gesetz eine Reduzierung der Netzkosten und damit mittelbar auch Einsparungen für Haushalte und Unternehmen.
Stellungnahme des Bundesrates: „Grundsätzlich sachgerecht“
In seiner Stellungnahme erklärte der Bundesrat, aufgrund einiger Fehlentwicklungen im Stromsektor sei eine langfristige Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte grundsätzlich sachgerecht. Erhalten werde sollten die vermiedenen Netzentgelte jedoch für die KWK-Anlagen und Wasserkraft, da diese als nicht volatile Anlagen einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung und Entlastung der Netze leisten würden. „Um zu verhindern, dass sich daraus eine Schwächung des Schienenverkehrs im intermodalen Wettbewerb ergeben kann, sollten die Auswirkungen auf den Schienenverkehr genau evaluiert und resultierende Nachteile gegebenenfalls vollständig kompensiert werden“, schreiben die Länder außerdem. In ihrer Gegenäußerung lehnt es die Bundesregierung ab, die vermiedenen Netzentgelte für KWK-Anlagen und Wasserkraft zu erhalten, da der Zubau dezentraler Erzeugung zusätzlichen Netzausbaubedarf verursache. Die Regierung sichert zu, die konkreten Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation des Schienenverkehrs zu evaluieren und entstehende Nachteile gegebenenfalls auszugleichen.
Folgt: Die Experten im Ausschuss: Energiewirtschaft und Industrie kritisieren Entwurf