2. Wärmewende
Andreas Kuhlmann, Chef der Deutschen Energieagentur dena, kann ebenfalls wenig mit dem Wort Sektorenkopplung anfangen: „Das ist so ein ein Berliner Begriff, der gefällt mir nicht – integrierte Energiewende wäre besser,“ meinte er zu Beginn seiner Wortmeldung. 35 Milliarden Einsparpotenzial gebe es im Wärmebereich. Daher sei Materialforschung wichtig, dazu die Erforschung der beim Bau benötigten grauen Energie („die Zementproduktion hat größeres Energiepotenzial als die Luftfahrt“). Das Marktwissen sei aber zu stark verengt auf die Strommarktperspektive – möglicherweise sei ein anderes Marktumfeld nötig. Die Effizienzfrage sei die absolute Grundfrage – zum Beispiel für Wärmepumpen. Wir müssten aufpassen, dass wir nicht so fixiert seien auf Schlüsseltechnologien. „Warum liegt die energetische Sanierung immer noch unter 1%? Warum nicht mit grünen Brennstoffen heizen?“ Die Unterscheidung zwischen Eigentumswohnungen und Mietgebäuden sei nach wie vor hinderlich; das Ordnungsrecht passe sich zu langsam an. Der Durchdringungsgrad von synthetischem Gas sei noch zu gering. „Wir wollen zu perfekt sein und verschenken dadurch oft Potenzial“, so Kuhlmanns Diagnose: Noch vor kurzem hätten viele gesagt: „Raus aus Wind-Offshore – jetzt merken alle: das stimmte wohl gar nicht“. Power-to-X müsse stärker in den Fokus gestellt werden. „So wie wir vor 15 Jahren wie wild in Sonne und Wind investiert haben, sollten wir jetzt mehr Mut und Kraft für andere neue Technologien haben. Denn wir müssen breiter aufgestellt sein. Es gibt die eine Antwort nicht.“ Vielleicht sollten Niedertemperatur-Wärmenetze geprüft werden. Die Energiewende vom Ende her zu denken determiniere unsere Gegenwart zu sehr, wenn wir so täten, als wüssten wir, wie es 2050 aussieht. „Lassen Sie uns einen neuen Blick auf die Energiewende werfen – Bottom-Up wird neue Begeisterung schaffen!“
BDEW-Chef Stephan Kapferer setzte sich in Gegensatz zu Bareiß, als er forderte, die Stromsteuer müsse fallen, denn sie habe keine Lenkungswirkung. Insgesamt lautete seine Diagnose: „Wir haben nicht die Mengen an Erneuerbaren Energien, die wir bräuchten – schon zur Durchsetzung der E-Mobilität. Die Umstellung des Wärmesektors auf Strom bedeutet noch mehr Kohlestrom.“ Allerdings verschenkten wir CO2-Sekungspotenziale im Wärmesektor. Die Mobilitätswende scheitere an mangelnder Infrastruktur, stellte er wie alle anderen auch fest – und das, obwohl es heute zwei Anreizsysteme gebe: Förderung für Ladesäulen und Kaufzuschüsse. Die BDEW-Unternehmen sähen Forschungsbedarf in anderen Bereichen als in der Wärmewende: Niedertemperatur-Solarthermie und Baustoffe vor allem. „In der nächsten Legislaturperiode müssen wir das Potenzial im Heizungskeller heben.“
DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sieht in niedrigen Gaspreisen das falsche Förderungssystem; denn so würden immer noch fossile Heizungen gefördert – höchste Zeit, dass das bis 2019 auslaufe. Dieser schlummernder Riese schlafe dennoch weiter. Der Grund: Das Ungleichgewicht in der Besteuerung vor allem im Vergleich zu den Fossilen. Müller-Kraenner verlangte eine CO2-Komponente in Form einer Steuer, sah großes Potenzial in Wärmepumpen, diese seien der Schlüssel zur Heizungsmodernisierung. Zu alldem müsse eine Beteiligungskultur entstehen: „Obwohl alle immer Gebäudesanierung wollten, scheiterten die Regierungen an läppischen Differenzen über Gegenfinanzierungsfragen“. Wir bräuchten einen viel höheren Erneuerbare-Energien-Korridor, und bei der Favorisierung von Quartierslösungen müsse man aufpassen, dass Gentrifizierung oder Verdrängung verhindert würden. Forschungsbedarf sah der DUH-Chef noch etwa im Thema Kreislaufwirtschaft und Dämmmaterialien, was geschehe danach mit den Dämmstoffen?
Folgt: 3. Zukunft deutscher Kernbranchen und Schlusswort aus dem BMBF