Kopernikus hat schon viel erreicht

3. Zukunft deutscher Kernbranchen
und Schlusswort aus dem BMBF

Martin Brudermüller von der BASF wies zunächst auf die Grenzen hin, die einem Chemieunternehmen die Thermodynamik setze. Dennoch seien Innovation und Technologieentwicklung richtige Wege. Die Schlüsseltechnologie Wasserelektrolyse sei in seinen Augen die einzige, die wirklich tauge, obwohl sie (noch) sehr viel Strom verbrauche und daher sowohl energetisch wie investorisch (noch) eher unattraktiv und ineffizient sei. „Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten. Die dicken Bretter an Technologien muss man zusammen bohren“. Riesenanstrengungen seien „zum Schwenk in die E-Mobility“ ebenfalls nötig für neue Batteriematerialien. „Wir brauchen viel mehr langfristige Unternehmungen und Technologien – und verlässliche Rahmenbedingungen – nicht rein deutsch, sondern international.“

ifo-Instituts-Präsident Clemens Fuest sprach von einer verwirrenden Anzahl von Zielen – das zentrale sei seiner Überzeugung nach die CO2-Reduktion. Danach teilte er kräftig aus: Mit der Energiewende werde „kraftvoll in die falsche Richtung gerannt“, indem man nicht effiziente Technologien ausbaue. Viel zu viel Geld sei zum Beispiel in ineffiziente Windräder gesteckt worden. Die ganze Welt amüsiere sich: Viel sei ausgegeben und unglaublich wenig erreicht worden – viel sei so verschwendet worden.

Christoph Heinrich, WWF - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify Diese Sicht traf nicht nur bei Christoph Heinrich vom WWF auf Widerspruch – er fuhr Fuest in die Parade: „Ich erlebe etwas ganz anderes als Sie: Nicht die Erneuerbare Energien-Industrie hat das Land in den Klammergriff genommen, ich erlebe das Klammern an die letzten Braunkohlegruben.“ Die Energiewende habe mit massiver staatlicher Unterstützung angeschoben werden müssen – allerdings räumte Heinrich ein, dass es auch Förderexzesse gegeben habe.  Jedoch sei die Energiewende in den Mühen der Ebene angelangt, die Luft drohe rauszugehen. Daraus leitete Heinrich eine Forderung ab: Unternehmen und Wissenschaft dürften den Weckruf namens Energiewende nicht verstummen lassen. Im Ordnungsrecht müssten verlässliche, aber auch harte Rahmenbedingungen her – erst dann ändere sich etwas. „Und zuverlässige Anreizsysteme, schließlich Anstöße wie Kopernikus“.

Wilfried Kraus(Unterabteilungsleiter Nachhaltigkeit, Klima, Energie) vom Veranstalter BMBF, sagte abschließend, bereits im Projekt FONA verfolge man den integrativen Forschungsansatz. Man sei mit den Kopernikus-Projekten auf dem richtigen Weg, brauche aber immer wieder Impulse. Kraus versprach, entsprechende Anregungen aufzunehmen. Wissenschaft könne Ideengeber und Kompass sein, Entscheidungshilfen geben. Es seien aber zu viele Ziele unterwegs, eines davon sei wichtig: das CO2 zu reduzieren. Die G20 und COP23-Konferenzen seien gute Gelegenheiten, die deutschen Beiträge dazu vorzustellen. Man brauche strategische Allianzen; „wir müssen die Idee der Energiewende nach Europa tragen. Noch ist sie zu teuer für unsere Partner in Europa, geschweige denn für andere ärmere Länder der Welt“. Ein energieautarkes Europa sei das wichtige Ziel. Kraus nannte ein Beispiel für „Bürger mitnehmen“: die Schweiz habe eben für die Energiewende gestimmt.

Der Strommarkt mache aber nur 20% aus – 80% hätten wir noch gar nicht richtig im Blick – davon 30% Erneuerbare Energien seien aufs Ganze bezogen nur 6% – und dafür zahlten wir 25-30 Mrd. im Jahr. Wir müssten die Branchen im Blick halten – Kraus nannte Carbon2Chem als Beispiel aus der Stahlbranche; so etwas erlaube uns, solche Branchen in Europa zu halten. Wir brauchten Wärme- und Verkehrswende, müssten gleichzeitig auf Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit zu achten. Das Energiewendedreieck habe eben drei Ecken: Ökologie, Ökonomie und Soziales – „letzteres ist mir sehr wichtig“.
Die Kopernikus-Projekte resultierten aus unserem Verständnis, dass wir auch für den Plan B zuständig seien, nicht nur Technologien untersuchten, sondern auch die Implikationen – daher brauche es Kopernikus, um auf Dauer und mittelfristig Alternativen zu haben. Es könnten durchaus noch weitere Kopernikus-Projekte dazukommen. Dabei sei die Technologieoffenheit wichtig, als eine Form des Wettbewerbs. „Können wir unter dem Aspekt ‚CO2‚ Richtwerte für Wohnungen festlegen? Wir müssen das Förderungs-Instrumentarium genau anschauen und immer wieder nachjustieren – die Subventionen waren Innovationsbremsen – wir haben das Spiel zu lange getrieben“.Wilfried Kraus vom BMBF - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

[note Solarify meint: Eine sehr verdienstvolle Sache, dass das Forschungsministerium nicht nur Fördergeld in konkrete Forschungsvorhaben und technologische Fragestellungen steckt, sondern dass man am Berliner Kapelle-Ufer den Blick auch auf komplexe Zusammenhänge richtet – und das über langfristige Problemlösungen, bzw. Vorschläge dazu. Vor allem in einer Zeit, wo alle stets die ständigen Bankrotterklärungen der Kurzfristigkeit beklagen. Es wäre zu wünschen, dass andere Ministerien auch so weit voraus dächten.]

->Quellen:

Präsentationen (PPTX – auf Hannover Messe am 27.04.2017 vorgestellt):