CEO Stadler im Zwielicht
Bereits am 27.09.2016 veröffentlichte Solarify einen Bericht über Audi unter dem Titel „Audi Mutter des Abgas-Betrugs“ (solarify.eu/audi-mutter-des-abgas-betrugs). Danach hat der Ingolstädter Autoriese entgegen bisherigen Angaben offenbar über Jahre hinweg bei eigenen Dieselfahrzeugen gezielt eine Manipulationssoftware eingesetzt, um die Abgas-Grenzwerte in den USA einhalten zu können, schreibt der Rechercheverbund aus Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR laut n-tv. Die betrügerische Software sei in den Dreiliter-Motoren eingesetzt worden. Nun – ganze neun Monate später – hat sich der Verkehrsminister von Audi abgewandt, und Audi-Chef Stadler reagierte unangemessen.
Die Frankfurter Allgemeine titelte: „In Ingolstadt brennt es lichterloh“ – Autor Henning Peitsmeier kanzelte den Audi-CEO kurz und bündig ab: „Stadler hat von Anfang an als Krisenmanager versagt.“ Denn er sei „verantwortlich für das Dieseldesaster“. Die FAZ und andere Blätter wunderten sich mehr oder weniger stark, warum der 54jährige einstige Büroleiter von VW-Urgestein Piëch und Winterkorn-Kumpel immer noch im Amt ist.
Der Fall: In den großen Audis erkennt eine Software Lenkbewegungen, das Abgas-Reinigungssystem wird aber nur bei kleinen Bewegungen – wie auf dem Prüfstand – angeschaltet, bei größeren Bewegungen (mehr als 15 Grad) nicht, dann kann sich sich der Ausstoß von gesundheitsschädigendem Stickoxid sogar verdoppeln. Das ist illegal, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt jetzt (endlich) erläuterte. Audis betrügerische Software erkenne, wenn das Auto auf dem Prüfstand sei und schalte die Reinigungssysteme nur dann voll wirksam ein. Dobrindt setzte für Lösungsvorschläge eine Frist bis zum 12.06.2017. Offenbar merkte der CSU-Politiker, dass der Skandal allmählich bei ihm anzukommen drohte.
Audi gilt als „Mutter des Betrugs“
Bereits 2007 soll ein Audi-Ingenieur an einen größeren Kreis von Audi-Managern geschrieben haben, dass man es „ganz ohne Bescheißen“ nicht schaffen werde, die strengen US-Normen für Stickoxide einzuhalten. Nach neuen Erkenntnissen sollen die Ingenieure von Audi auch maßgeblich an den Manipulationen im Mutterkonzern VW mitgewirkt haben, so dass Audi mittlerweile im Konzern als die „Mutter des Betrugs“ gilt. Die Staatsanwaltschaften Braunschweig und München seien mit dem Fall befasst, schrieb Rechtsanwalt Alexander Jüngst im Portal vw-abgasskandal-diesel.de.
Stadler greift Dobrindt dreist an
In den USA musste Audi für den verbotenen Lenk-Trick mehr als eine Milliarde (890 Mio. Euro) Dollar Strafe zahlen. Jetzt will der Vier-Ringer endlich auch in Deutschland 24.000 Diesel der Jahrgänge 2010 bis 2014 in die Werkstätten zurückrufen – ein angeblich harmloser Rückruf – Audi will die „Auffälligkeiten“ selbst festgestellt haben. Stadler kritisierte den Verkehrsminister scharf. „Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht“, sagte er in einem Interview mit der „Automobilwoche“.
Dabei brenne es in Ingolstadt – so die FAZ – auch ohne die neuen Schuldzuweisungen „lichterloh. Überall im Konzern laufen die Untersuchungen, werden Mitarbeiter verhört, sind ganze Abteilungen verunsichert. Besonders verheerend verlief der Tag der Bilanzpressekonferenz Mitte März. Da waren neben all den Journalisten auch rund 100 Ermittler der Staatsanwaltschaft angerückt. Sie durchsuchten die Büros an den Audi-Standorten in Ingolstadt und Neckarsulm sowie Privatwohnungen von Audi-Mitarbeitern.“ Dobrindts Äußerungen hatten unter anderem zur Folge, dass die Staatsanwaltschaft München II ihre Betrugsermittlungen gegen unbekannt bei Audi ausgeweitet hat.
„Stadler hat von Anfang an als Krisenmanager versagt“, stellt die FAZ trocken fest – und tut heute immer noch so, als habe er von den betrügerischen Machenschaften im eigenen Konzern nichts gewusst – er habe „seine Leute“ gefragt, „ob wir sauber sind“ und versucht den Anschein zu erwecken, als hätten die ihn angelogen. Dass seine Diesel ebenfalls manipuliert wurden und viel mehr schädliche Abgase emittierten als behauptet, leugnete Stadler, obwohl von einem leitenden Mitarbeiter schwer belastet, uneinsichtig lange – er ließ zu Beginn des Skandals sogar vorsorglich Strafanzeige gegen unbekannt erstatten, wegen „sämtlicher nach deutschem Strafrecht in Betracht kommender Delikte“. Doch dann sickerte allmählich die Wahrheit durch: Audi steht kein Jota besser da als Volkswagen – „mit dem Unterschied, dass Stadler noch im Amt ist, während sein langjähriger Weggefährte Martin Winterkorn als VW-Chef die politische Verantwortung übernommen hat“ (FAZ). Peitsmeiers vernichtendes Fazit: „Mit ihrem Gebaren bringen Audi und VW Deutschlands komplette Manager-Elite in Verruf. Stadlers Abgang ist überfällig.“
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