Hintergrund (Quelle: DUH):
„Die DUH hat im Februar 2016 bei der Berner Fachhochschule Abgasmessungen an einem Fahrzeug dieses Typs durchführen lassen. Die Messungen ergaben bis zu 22-fach höhere Werte bei den Stickstoffoxid-Emissionen als nach dem offiziellen Grenzwert zulässig. Für Pkw mit Dieselmotor gilt nach der Euro 6 Abgasnorm ein Stickstoffoxidgrenzwert von 80 mg/km. Im Test reichte sogar die Skala des Messgeräts nicht mehr aus, so hoch waren die gemessenen Werte. Die DUH übergab daraufhin ihre Messergebnisse dem KBA.
Eine Nachprüfung des KBA kam zu dem Ergebnis, dass das Emissionskontrollsystem des Fahrzeugs nicht nur bei Temperaturen von knapp unter + 20 Grad Celsius (der Prüfzyklus erfolgt bei knapp über + 20 Grad Celsius), sondern auch nach einer Fahrtzeit von 1.300 Sekunden (und somit nach knapp 22 Minuten – der NEFZ-Prüfzyklus im Rahmen des Zulassungsverfahrens dauert ca. 20 Minuten) abschaltet. Im Übrigen schaltet auch der NOx-Speicherkat nach sechs Regenerationen ab. Da die Fahrzeuge nicht der (in Italien erteilten) Typgenehmigung für das Modell entsprechen, hat das KBA ein Verfahren nach Artikel 30 Absatz 3 der Richtlinie 2007/46/EG eingeleitet.
Fiat nutzt für die Motorsteuerung eine Bosch-Software. Die gefundenen drei Abschalteinrichtungen sind eindeutig illegal.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2016 hat das KBA im Zusammenhang mit der Typgenehmigung des Modells Fiat 500x 2.0 die italienische Typgenehmigungsbehörde aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die hergestellten Fahrzeuge mit dem genehmigten Typ in Übereinstimmung gebracht werden. Damit steht fest, dass auch das KBA überzeugt davon ist, dass der Fiat 500x 2.0 die Anforderungen der Emissionsnorm Euro 6 nicht erfüllt.
Zwischenzeitlich hat Fiat Chrysler ein Software-Update vorgenommen. Messungen des Emissions-Kontroll-Instituts der DUH im Frühjahr 2017 an einem Fiat 500x 1.6 Diesel haben weiterhin mehr als zehnfach überhöhte NOx-Werte erbracht. Außerdem zeigen die Straßenmessungen der DUH, dass ganz offensichtlich auch nach dem Software-Update weiterhin eine zeitgesteuerte und damit illegale Abschalteinrichtung aktiv ist.“
Uralte Stellungnahme der Fiat Chrysler AG
Auf der Webseite der FIAT Chrysler AG findet sich als einzige Stellungnahme ein uralter Text (vom Dienstag, 1. November 2016). Das zeigt, was der Autobauer von der Kundschaft – und vor allem ihrer Aufklärung – hält. Solarify dokumentiert:
„Angesichts anhaltender Medienspekulationen zur Diesel Abgasthematik möchten wir Ihnen hierzu die aktuelle Position unseres Unternehmens darlegen, speziell mit Blick auf den Fiat 500X. Wie kürzlich durch Herrn Harald J. Wester, Chief Technology Officer als auch durch die zuständige italienische Homologationsbehörde bei ihren Anhörungen vor der Untersuchungskommission des Europäischen Parlaments ‚Emissionsmessungen in der Automobilindustrie‘ (EMIS) klargestellt, erfüllt der Fiat 500X alle gültigen Abgasnormen. Der 500X erfüllt die Euro 6 Werte in dem gesetzlich vorgeschriebenen NEFZ Test (Neuer Europäischer Fahrzyklus) und verfügt auch nicht über Einrichtungen, die erkennen, dass er sich im Testzyklus befindet. Wir möchten hiermit ausdrücklich Spekulationen in der Presse entgegentreten, wonach der Fiat 500X sein Emissionskontrollsystem nach 22 Minuten abschaltet. Der 500X setzt lediglich Kontrollstrategien ein, die zum Schutz des Motors und der Sicherheit der Insassen das Emissionskontrollsystem modulieren, was den geltenden europäischen Rechtsvorschriften entspricht. Darüber hinaus haben wir bereits am 2. Februar 2016 verkündet, dass FCA freiwillige Maßnahmen ergriffen hat, um das Emissionsverhalten seiner Fahrzeuge zu verbessern. So hat FCA alle Euro 6 Kalibrierungen aktualisiert, einschließlich die des Fiat 500X. Die aktualisierten Kalibrierungen, die ein verbessertes und stabileres Emissionsverhalten sicherstellen, finden sich nicht nur in allen neuen Fiat 500X Modellen, sondern sind auch für alle Besitzer von bisher verkauften 500X Fahrzeugen kostenfrei verfügbar. Vor diesem Hintergrund beziehen sich die Vorwürfe und Spekulationen (die wir in vollem Umfang zurückweisen) nur auf Kalibrierungen, die in gegenwärtig verkauften Fahrzeugen keine Anwendung mehr finden.“
FOCUS: Massive Vorwürfe der EPA gegen Chrysler
Das Magazin FOCUS bringt eine relativ objektive Darstellung (allerdings unter irreführender Überschrift: „Nach VW wehrt sich auch Fiat erfolgreich gegen Deutsche Umwelthilfe“) und lässt beide Seiten zu Wort kommen: „Das Gericht verwies darauf, dass die italienischen Behörden auch nach weiterer Prüfung davon ausgehen, dass die Euro-6-Zulassung des Fiat 500X 2.0 zu Recht ergangen war und keine illegale Abschalteinrichtung vorliegt“, habe FAC mitgeteilt. Während die italienischen Behörden keine illegale Software entdeckt hätten, sehe sich der Fiat-Chrysler-Konzern allerdings massiven Vorwürfen der US-Umweltbehörde EPA ausgesetzt. Auch „Auto Motor & Sport“ und der ADAC hätten „zum Teil erhebliche Überschreitung von Stickoxid-Messungen bei diversen Diesel-Fahrzeugen im realen Verkehr ermittelt.“ Allerdings singt der FOCUS dann das absurde Lied der Autokonzerne: Die Messungen auf der Straße führten „zwar real zu zu einem teils massiv erhöhten Schadstoffausstoß“, sie seien aber von den offiziellen Messungen (im Labor) zu trennen. „Darum gehe es den Autoherstellern in „diversen Rechtsstreitigkeiten mit dem Umweltverein“.
Links:
- duh.de/fiat-chrysler-erkennt-klageanspruch-der-deutschen-umwelthilfe
- Prüfbericht Fiat 500x 1.6 Diesel: duh.de/p170607
- Pressemitteilung vom 6.7.2016: duh.de/p160706a
- solarify.eu/13-fache-nox-grenzwertueberschreitung/
- autohaus.de/naechste-schlappe-fuer-duh
- fiat.de/news/fca-sales-september
- focus.de/nach-vw-wehrt-sich-auch-fiat-erfolgreich-gegen-deutsche-umwelthilfe