Akzeptanz beim Klimaschutz im Auge behalten
Zugleich gilt: Wir müssen die Akzeptanz beim Klimaschutz im Auge behalten. Die Unterstützung für eine ehrgeizige Klimaschutzpolitik in Deutschland ist hoch. Aber auch das ist nicht für alle Zeit gesichert. Es wäre Augenwischerei, wenn wir davon ausgingen, der notwendige Wandel geschähe, ohne dass Interessengegensätze auftreten. Es kommt insofern darauf an, die Akzeptanz immer wieder aufs Neue durch eine breite Beteiligung zu fördern. Der Klimaschutzplan 2050 bietet da eine Fülle von Anknüpfungspunkten. Uns kommt es darauf an, die Chancen und die Lasten dieses Wandels fair zu verteilen. Wir brauchen einen gerechten Wandel.
Ich glaube übrigens, das wollen auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Aber man muss eben auch mit den Menschen reden, die zum Beispiel Angst haben, ihre Arbeit zu verlieren, und man muss verlässlich sein. Sie beschließen im November auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Münster das Kohleausstiegsjahr 2025, im Januar in der Bundestagsfraktion 2037, und im Wahlprogramm steht jetzt 2030. Sie haben Klimaschutz und Kohleausstieg zu Ihren wichtigsten Themen für die nächste Legislatur erklärt. Kann man dann derart beliebig damit umgehen?
Frau Kollegin Baerbock, nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir auch in den Klimaschutzplan 2050 hineingeschrieben haben, dass wir im Jahr 2018, also im nächsten Jahr, die Kommission einsetzen werden, die einen sozialverträglichen Kohleausstieg vorbereiten wird, der die Menschen mitnimmt. Selbstverständlich werden wir unsere Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele in Europa umsetzen. Wir wissen auch, dass es „mindestens“ 40 Prozent heißt.
Selbstverständlich werden wir spätestens bis zum Jahresende die Erneuerung des europäischen Emissionshandels hinbekommen, verbunden mit einem Burden Sharing zwischen den europäischen Ländern. Natürlich gibt es unterschiedliche Interessenlagen – das ist klar –, aber das werden wir hinbekommen und die Menschen mitnehmen; denn – wie ich eben schon ausgeführt habe – die Akzeptanz für den Klimaschutz wird man nur erhalten, wenn man die Menschen mitnimmt. Es geht um einen gerechten Klimaschutz.
Sie versprechen zum Beispiel einen Beteiligungsprozess, verschicken aber das Ausstiegsdatum gleich mit. So gelingt Beteiligung nicht. Sie sagen: Wir können über alles reden, aber 2030 ist Schluss. Das ist also nur die Illusion einer Beteiligung. Sie nehmen die Menschen nicht ernst. Sie entscheiden auf Parteitagen über die Köpfe der Menschen hinweg.
Andersherum wird ein Schuh draus: Wir müssen – und zwar direkt nach der Bildung der neuen Regierung – alle Akteure an einen Tisch holen: die Gewerkschaften, die Arbeitnehmervertreter, die Unternehmen, die Regionen, die Umwelt- und die Wirtschaftsverbände. Wir müssen gemeinsam einen sozialverträglichen Ausstieg erarbeiten. Wir brauchen jetzt keine Debatten über Jahreszahlen, sondern eine Debatte über neue Chancen für die Menschen und Regionen, wenn der Braunkohleabbau und die Kohleverstromung einem Ende zugeführt werden. Die Akzeptanz unseres Weges zur Treibhausgasneutralität hängt an der Frage der Gerechtigkeit. Das scheinen Sie manchmal aus dem Blick verloren zu haben.
Dieser Prozess ist der Lackmustest für unsere Klimaschutzpolitik. Und nur wenn wir den Kohleausstieg sozialverträglich organisieren, werden wir glaubhaft den Transformationsprozess unserer Volkswirtschaft insgesamt angehen können. Nur wenn wir in Deutschland einen sozial gerechten Weg in Richtung Treibhausgasneutralität finden, werden andere Länder uns folgen.
Der britische Philosoph Alfred North Whitehead hat einmal gesagt: „Die Kunst des Fortschritts besteht darin, inmitten des Wechsels Ordnung zu wahren und inmitten der Ordnung den Wechsel zu wagen.“ Ich denke, das haben wir in den vergangenen vier Jahren geschafft. Daran werden wir anknüpfen können, in welcher Rollenverteilung auch immer.“
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