Prof. Dr. Hermann E. Ott: Die Kommunikation zur Wachstumswende – Projekt Fokus Wachstumswende
Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Ott – Mitglied der Enquetekommission „Wohlstand, Wachstum, Lebensqualität“ – ist an seine frühere Wirkungsstätte zurückgekehrt: Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Ott: Die G20 hätten (unter deutscher Führung!) ein Klima- und Energieprogramm „für Wachstum“ verabschiedet – „was ist da eigentlich passiert?“
Mitglieder der Enquete-Kommission „Wohlstand, Wachstum, Lebensqualität“ seien damals als Wissenschaftler alle „große Schlachtschiffe“ gewesen, die Politiker aber nur „aus der zweiten Reihe“ gekommen. Ott hob hervor, dass die Enquete das Thema Wachstum für eine Zeit auf die deutsche Agenda gebracht habe. Alle Medien beschäftigten sich damit. Es seien in der Tat neue Wohlstandsindikatoren entwickelt worden – unterschiedlich viele von den verschiedenen Parteien.
Was gefehlt habe, sei ein Composite Indicator gegen die Magie des BIP gewesen. Einige Landesregierungen hätten einen Wohlstandsindikator entwickelt. Das habe dann der der Jahreswohlstandsbericht 2016 und 2017 im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen geleistet. Und im 2013er Koalitionsvertrag stand „Indikatoren- und Berichtssystem“ zum Fortschritt der Lebensqualität. Es kam aber „Einheitsbrei statt Lebensqualität“ heraus.
„2015 hatten wir gedacht, wir hätten es mit COP21 geschafft, „da kommt ein Jahr später ein ‚Trumpeltier‘ und macht alles nieder“. Vor ein paar Jahren hätte zwar niemand gedacht, dass das Thema eine solche Relevanz bekommen würde – aber „wir brauchen Schurken“. Ott ließ es offen, ob er glaubt, dass das auch beim Wachstum möglich sein könnte. Ott verwies auf „Wie Suffizienzpolitiken gelingen“ von Manfred Linz. „Kommunikationsstrategien müssen unterschiedliche Milieus ansprechen und Botschaften framen.“ Ott wies auf Elisabeth Wehling hin, die sich damit ausführlich auseinandergesetzt habe.
Dann kam die zivile Enquete „Wohlstand, Wachstum, Lebensqualität“ als Plattform, auf der“ gestritten werden kann,“ auf Einladung Otts zustande. Sie hat eine elektronische Plattform „wachstumsende.de„, es wurden Veranstaltungen organisiert, viele davon sofort überbucht. Z.B.: „Postwachstums-Politiken in Zeiten des Rechtspopulismus“. Das Thema der Wachstumswende sollte hier mit aktuellen Diskursen verknüpft werden. Oder:“ Politikvorschläge für eine Wirtschaft ohne Wachstum“ einschließlich von Empfehlungen hinsichtlich „Kommunikationswegen für eine Wachstumswende“.
Für eine etwaige weitere Enquete-Kommission im kommenden Bundestag nannte Ott drei Themen: „Ressourcenpolitik“, „Zukunft der Arbeit“ und „Zukunft der sozialen Sicherheitssysteme“. Zum Abschluss lenkte Ott den Blick der Teilnehmer auf die mangelnden Mittel der Initiative. Es gehe um Schicksalsfragen unserer Zivilisation. Wie schnell Dinge umschlügen, habe das Thema „Ehe für alle“ gezeigt – nacheinander seien alle vorherigen Gegner umgefallen – mit Blick auf die bevorstehende Wahl.
Zweiter Tag: Dr. Joachim Borner: Innovationen im Bereich Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Borner leitet das Kolleg für Management und Gestaltung nachhaltiger Entwicklung in Berlin. Seiner Meinung nach sind Erzählungen besser geeignet, Inhalte und Wege zu vermitteln, als reine Informationsangebote. Der Begriff „Große Transformation“ stamme von Polanyi, das müsse immer mitgedacht werden. Sie sei ein kulturell-gesellschaftlicher Wandel, der alle betreffe. Über Erzählungen könnten wir Handlungsweisen verstehen, Emotionen, wir sähen Gesichter – wichtig sei serielles Erzählen, Beschreiben unterschiedlicher Handlungsweisen, aus der Zukunft abgeleitet, Visionen, Utopien, die Präferenzen ergeben, wohin wir wollten. Wir könnten nur transmedial, partizipativ verstehen. Der Inhalt einer Erzählung entstehe interaktiv.
Folgt: Wilfried Kraus: Wissenskommunikation: Prinzip Hoffnung oder aktive Zukunftsvorsorge?