DUH-Prozess in Stuttgart um Fahrverbote begann

Daimler rüstet drei Millionen Diesel nach

Stuttgart wird zahlreichen Medienberichten zufolge zum Präzedenzfall für die Luftreinhaltung deutscher Städte. Vor dem Verwaltungsgericht begann am 19.07.2017 das Verfahren über die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land Baden-Württemberg. Das Land machte dabei klar, dass es Fahrverbote erst einmal verschieben will. Daimler hat offenbar etwas verstanden und will Millionen von Dieseln nachrüsten.

Um die NOx-Belastung zu reduzieren, will die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aber ein generelles Fahrverbot für Dieselautos in der Innenstadt durchsetzen. Allerdings hat das Gericht Zweifel an Nachrüstungen älterer Fahrzeuge angedeutet.

Richter Wolfgang Kern erklärte beim ersten Verhandlungstermin am 19.07.2017, die Berechnungen des Landes Baden-Württemberg zur Frage, wie rasch welche Dieselmodelle nachgebessert werden könnten, und wie weit sich die Schadstoffe dabei reduzieren ließen, sei „von maximalem Optimismus getragen“.

In Berlin wird derweil ein Diesel-Gipfel unter dem Namen „Nationales Forum Diesel“ für den 02.08.2017 vorbereitet; dabei sollen mit den Autoschmieden (VW, Audi, Porsche, BMW, Daimler, Ford Deutschland und Opel) und betroffenen Bundesländern Schritte für die Verringerung des Schadstoffausstoßes besprochen werden. Die Hersteller sollen dabei nach Mitteilung des BMVI – das Fahrverbote vermeiden will – erklären, welche Motoren der Emissionsklassen Euro 5 und Euro 6 mit neuer Software nachgebessert werden können. Eingeladen sind die Ministerpräsidenten der Autoländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, dazu Berlin und Hamburg als von NOx betroffene Stadtstaaten. Zudem sollen der Verband der Automobilindustrie (VDA) sowie der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) teilnehmen. Gebeten sind zudem der Deutsche Städtetag, die IG Metall und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Stuttgart als Focus

In Stuttgart und Baden-Württemberg werden Fahrverbote besonders aufmerksam und kontrovers diskutiert, weil so etwas dort bereits für Phasen hoher Schadstoffbelastung geplant war. Inzwischen setzt die Landesregierung unter Kretschmann aber eher auf Nachrüstungen der Autokonzerne. Das Verwaltungsgericht war infolge der DUH-Klage gegen einen neuen Luftreinhalteplan aktiv geworden, der vom 01.01.2018 in Stuttgart gelten soll. Seit mindestens sieben Jahren werden dort die NO2-EU-Grenzwerte teils um das Doppelte übertroffen. Das Gericht will am 28.07.2017 entscheiden.

[note Aus einer Daimler-Medienmitteilung vom 18.07.2017: „Der Daimler Vorstand hat einen umfassenden Zukunftsplan für Diesel-Antriebe verabschiedet: ‚Die öffentliche Debatte um den Diesel sorgt für Verunsicherung – allen voran bei den Kundinnen und Kunden. Wir haben uns deshalb für weitere Maßnahmen entschieden, um den Dieselfahrern wieder Sicherheit zu geben und um das Vertrauen in die Antriebstechnologie zu stärken‘, sagte Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars. ‚Wir sind davon überzeugt, dass der Diesel nicht zuletzt wegen seiner niedrigen CO2-Emissionen auch künftig ein fester Bestandteil im Antriebsmix sein wird.‘ Der Zukunftsplan umfasst eine massive Ausweitung der bereits laufenden freiwilligen Servicemaßnahmen bei Fahrzeugen in Kundenhand…
Um auch das Emissionsverhalten weiterer Baureihen wirkungsvoll zu verbessern, hat das Unternehmen jetzt die Ausweitung der Servicemaßnahmen auf über drei Millionen Mercedes-Benz Fahrzeuge beschlossen. Dazu nutzen die Ingenieure unter anderem aktuelle Erkenntnisse aus der Entwicklung der neuen Dieselmotorenfamilie.Die Maßnahmen für nahezu alle EU5 und EU6 Fahrzeuge in Europa werden in enger Zusammenarbeit mit den deutschen Zulassungsbehörden durchgeführt. Das Unternehmen investiert einen Betrag von rund 220 Millionen Euro. Für die Kunden entstehen durch die Servicemaßnahmen keine Kosten. Mit der Umsetzung der Maßnahmen wird in den nächsten Wochen begonnen. Aufgrund der großen Anzahl an Fahrzeugen wird dies über einen längeren Zeitraum andauern…
Daimler wird weiter seinen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität in den Städten und zum Klimaschutz leisten mit der konsequenten Elektrifizierung seiner Fahrzeuge, mit Mobilitätsdienstleistungen wie moovel und car2go und mit immer saubereren Verbrennungsmotoren. Der Diesel wird dabei aufgrund seiner deutlich höheren Effizienz im Vergleich zum Benziner noch lange eine wichtige Rolle spielen.“]

„Dobrindt muss blaue Plakette einführen“

Die Haltung Kretschmanns gegenüber der Autoindustrie und dem Umweltschutz bewertete Grünen-Chef Özdemir im SWR positiv: „Er setzt sich für eine blaue Plakette ein, er setzt sich für das Nachrüsten ein. Er hat mit der Automobilindustrie ja etwas verhandelt, das es eigentlich nicht gibt: nämlich die Möglichkeit, dass noch nachgerüstet werden kann. Lange wurde uns ja gesagt, dass das technisch nicht möglich ist.“ Özdemir hält es daher für absurd, dass die DUH-Klagen auf die Kommunen abgeschoben würden. Eine blaue Plakette könne nur Dobrindt einführen.

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