Deutsche Autoschmiede könnten Kartell bereuen

Samuel White – Foto © privat_twitter

Emissions-Absprachen dämpften EU-Schwung
Kommentar von Samuel White, EURACTIV

„Nachdem der Volkswagen-Diesel-Emissions-Skandal Ende 2015 losbrach, zeigte sich schnell, dass der deutsche Riese nicht die einzige Autofirma mit schmutzigen Geheimnissen war. Studien zeigten, dass fast alle Autohersteller die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte überschritten haben, dabei war VW bei weitem nicht der schlimmste Täter“, so der EURACTIV-Autor am 27.07.2017, der überzeugt ist, die europäischen Autobauer seien eben dabei, die ostasiatische Herausforderung zu verschlafen.

„Es war irgendwie keine große Überraschung, als man diese Woche erfuhr, dass die großen Namen der deutschen Automobilindustrie wahrscheinlich seit den 90er Jahren illegal gemeinsame Sache gemacht haben. Einige der bekanntesten Automarken Europas sehen sich nun mit der Anklage konfrontiert, geheime Arbeitsgruppen für alles gebildet zu haben – von Kosten und Lieferungen bis hin zu harten Emissionsstandards.

Quellen mit Verbindungen zur Automobilindustrie zufolge haben die Hersteller Jahrzehnte damit verbracht, Druck auf Regierungen auszuüben, damit diese Regulierungen verwässerten und ihre Emissions-Übertretungen ignorierten. In großer Angst, als unternehmensfeindlich angesehen zu werden, haben sich Führungspersönlichkeiten in exportorientierten Volkswirtschaften wie Deutschland konsequent tot gestellt. Die europäischen Behörden wurden gar vor Jahren über die Emissionsprüfungen von VW informiert, aber sie entschieden sich, nichts zu tun.

Doch die jüngsten Signale aus einigen EU-Ländern deuten darauf hin, dass jetzt der Wandel absehbar ist. Frankreich enthüllte in diesem Monat Pläne, den Verkauf von Benzin- und Diesel-Autos bis 2040 zu verbieten. Das Vereinigte Königreich folgte am 26.07.2017. 2040 scheint zwar immer noch als langer Weg und gibt den Autoherstellern viel Zeit, sich anzupassen. Aber einige zukunftsorientierte Unternehmen haben bereits einen viel kürzeren Weg in Richtung einer elektrifizierten Zukunft aufgezeigt. Volvo hat angekündigt, dass es ab 2019 nur Elektro- und Hybridfahrzeuge produzieren wird und BMW machte diese Woche eine kryptische Andeutung über die Elektroantriebe in seinem neuen Mini. Wenn die Luftverschmutzung jährlich 400.000 Europäer tötet und den Kontinent mehr als 1,3 Billionen Euro pro Jahr kostet, wird klar, dass dringende Maßnahmen erforderlich sind. Und Regierungszusagen sind ein guter Anfang für eine Branche, die Gewissheit braucht, um für die Zukunft zu planen.

Dennoch kommt der echte Weckruf aus dem Osten, und viele der Verbrenner-Giganten Europas könnten noch die Jahre bereuen, in denen sie sich zur Umgehung der Verschmutzungsvorschriften verschworen hatten, anstatt wettbewerbsfähige saubere Technologien zu entwickeln. Ein Anstieg des Ehrgeizes und des technologischen Know-hows in Indien und China, zwei der weltweit größten und am schnellsten wachsenden Märkte, hat die europäischen etablierten Unternehmen im Schlaf erwischt. Indien sagte, dass es plane, seinen Straßenverkehrssektor bis 2030 vollständig zu elektrifizieren, während China damit rechnet, dass es bis 2025 die Verkaufsziffern von Elektroautos auf zu 20% seiner Gesamtmenge erhöhen kann.

Wenn sich beide Länder diesen Zielen nähern, würden es die Errungenschaften ihren inländischen Autoherstellern erlauben, nicht nur den europäischen Markt zu durchdringen, sondern auch die europäischen Exporteure zu unterbieten und sie damit zu übertreffen. Die Veränderung wird kommen, ob europäische Unternehmen Teil daran haben oder nicht: Sie können sich entweder entwickeln oder sehen sich dem Aussterben gegenüber. Dies ist endlich die Art Sprache, welche die etablierten europäischen Automobilhersteller zu verstehen in der Lage sein sollten.

->Quelle:

euractiv.com/the-brief-emissions-collusion-dampened-eu-spark

Übersetzung: Gerhard Hofmann