Rüge für Kretschmann aus dem Auspuff

Resch: „Kretschmann muss Chefberater Fehrenbach und Zetsche entlassen“

DUH-Bundesgeschäftsführer Resch verlangt nun von Kretschmann, dass er Wort hält „und wie im Februar angekündigt die für zulässig erachteten Diesel-Fahrverbote ab Jahresbeginn 2018 erlassen. Außerdem muss er nach diesem Urteil seine bisherigen Chefberater Franz Fehrenbach und Dieter Zetsche entlassen. Der von Daimler und Bosch entwickelte Alternativplan zu Diesel-Fahrverboten wurde vom Verwaltungsgericht als handwerklich wie inhaltlich ungeeignete Luftreinhaltemaßnahme verworfen. Es hat sich nicht bewährt, über Monate hinweg nur einseitig mit den Vertretern der Diesel-Industrie zu sprechen und alle Gesprächsangebote der Deutschen Umwelthilfe auszuschlagen. Jetzt geht es darum, schnell die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, so dass die Menschen in Stuttgart ab 2018 wieder sorgenfrei durchatmen können. Ich bin gespannt, ob unser Gesprächsangebot nun angenommen wird“.

Remo Klinger, der die DUH als Rechtsanwalt in diesem und in 15 anderen Verfahren zur Luftreinhaltung vertritt, stellte zufrieden fast: „Wir haben auf ganzer Linie gewonnen. Das Gericht hat die Behauptungen des Ministeriums zur Wirksamkeit von Software-Updates nicht einfach hingenommen, sondern hinterfragt und im Ergebnis zu Recht verworfen. Damit liegt die zweite Grundsatzentscheidung vor, die Diesel-Fahrverbote schon jetzt als zulässig und geboten ansieht. Für Düsseldorf ist dies ebenso entschieden worden. Das Verwaltungsgericht Stuttgart geht inhaltlich noch über die Entscheidung aus Düsseldorf hinaus, indem es die Verkehrsbeschränkungen nicht nur auf einzelnen Straßen, sondern in der gesamten Umweltzone zulässt.“

Das Urteil folgt einer Reihe von Entscheidungen, die die DUH in den letzten Jahren gewinnen konnte und die mit zunehmender Deutlichkeit den Handlungsauftrag von Behörden unterstreichen. Der durch das Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht wurde von Seiten der DUH bereits zugestimmt, die Zustimmung der Stuttgarter Behörde steht noch aus.

Ob es tatsächlich zu Fahrverboten für viele Dieselmodelle kommt, und wie diese aussehen könnten, ist vorerst offen. Höchstwahrscheinlich wird die Sache dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Damit rechnet jedenfalls auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Es gebe ein ähnliches Urteil aus Düsseldorf, dass nun wahrscheinlich gemeinsam mit dem Fall Stuttgart höchstrichterlich entschieden werde. „Das Urteil bestätigt meine Auffassung, dass es die Verantwortung der Autoindustrie ist, mehr zu unternehmen, um Fahrverbote zu vermeiden.“ Sie habe immer davor gewarnt, dass man nicht einfach so weitermachen könne wie bisher – der „Kollege Verkehrsminister“ hätte „früher auf sie hören können.“ Da Vorschläge, wie die Luftqualität durch Nachrüstungen an den Fahrzeugen verbessert werden könnten, „noch gar nicht auf dem Tisch liegen“, habe das Stuttgarter Gericht sie in seinem Urteil auch nicht bewerten können. Hendricks forderte mit Blick auf den Dieselgipfel am 02.08.2017, dass mit der Autoindustrie ein Zeitplan ausgearbeitet werden solle, bis wann sie Klarheit darüber schafft, welche technischen Nachrüstungen mit welchem Luftreinhalteeffekt und welchen Kosten umgesetzt werden können.
Hendricks lehnte einen gemeinsamen Fonds von Autoindustrie und Staat zur Finanzierung dieser Nachrüstungen für ältere Dieselfahrzeuge erneut ab, weil es Aufgabe der Autoindustrie sei, Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, welche die Gesundheit der Bürger nicht gefährdeten. Hendricks wiederholte ihre Überzeugung, dass die angekündigten Software-Updates nicht ausreichen werden, um die Luft in den Städten entscheidend zu verbessern.

[note Hintergrund: Seit sieben Jahren wird der gesetzlich vorgeschriebene Jahresmittelwert für NO2 von 40 µg/m3 an allen verkehrsnahen Messstationen in Stuttgart deutlich überschritten. An den Stationen Hohenheimer Straße und am Neckartor lagen die Werte 2016 mit 78 µg/m3 bzw. 82 µg/m3 rund doppelt so hoch wie erlaubt. Hinzu kommen an der Station am Neckartor deutliche Überschreitungen des Grenzwertes für die Feinstaubkonzentration PM10. Stuttgart ist damit die schmutzigste Stadt Deutschlands, was die Belastung mit den beiden Dieselabgasgiften Feinstaub und Stickstoffdioxid angeht. Wegen anhaltender Überschreitung der Grenzwerte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung in Bezug auf NO2 in Stuttgart hatte die DUH im November 2015 beim Verwaltungsgericht Klage gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart, eingereicht. Die DUH hatte beantragt, die verantwortlichen Behörden dazu zu verpflichten, den für die Stadt Stuttgart geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die für das Stadtgebiet Stuttgart erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m3 und des Stundengrenzwerts für NO2 von 200 µg/m3 (der nicht öfter als achtzehnmal im Kalenderjahr überschritten werden darf) enthält. Nach Auffassung der DUH sind Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge die wichtigste Einzelmaßnahme.]

[note Solarify meint: Das Urteil ist eine Ohrfeige für Verkehrsminister Dobrindt, eine Rüge für Ministerpräsident Kretschmann, seinen Umweltminister Untersteller und Verkehrsminister Hermann – aber auch vor allem auch eine Niederlage für die Autohersteller, die mit ihren Nachrüstangeboten durchgefallen sind.]

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