Vor Diesel-Gipfel: Regierung ringt um Geschlossenheit

DUH beschwert sich: Kein Zutritt zum Diesel-Gipfel

 

Umwelt- und Verbraucherschutzverbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die zwingend mit am Tisch sitzen müssten, werden nicht mit einbezogen. Aus Sicht der DUH ist dies ein alarmierendes Signal dafür, dass die Kumpanei zwischen Industrie und Politik, die sich mit Placebo-Maßnahmen und Software-Updates abspeisen lässt, unbeirrt weitergeht. Die DUH fordert uneingeschränkte Transparenz sowie die Berücksichtigung ihres am Montag, 31.7.2017 vorgestellten „Acht-Punkte-Sofortprogramms für saubere Luft“ (siehe: solarify.eu/duh-mit-acht-punkte-sofortprogramm-fuer-saubere-luft) . Die DUH setzt darauf, auch kurzfristig noch zur Teilnahme am Forum eingeladen zu werden und wird sich für diesen Fall am Eingang einreihen.

Die DUH kündigte weitere juristische Schritte an, falls beim Diesel-Gipfel aus ihrer Sicht faule Kompromisse geschlossen werden sollten. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch bewertete die von den Autokonzernen geplanten Software-Veränderungen „als technisch weitgehend unwirksam und als klar EU-rechtswidrig. Tatsächlich ist die maximal mögliche Gesamtreduktion der Emissionen noch weitaus kleiner als vom Gericht als Maximalwert dargestellt, da die Industrie weniger als die Hälfte der Bestands-Diesel-Pkw in diese Maßnahme einbezieht, die aktuelle versprochene Minderung der Emission bei durchschnittlich 25 und nicht 50 Prozent liegen soll und schließlich nur ein kleiner Teil der Autohalter an dieser „freiwilligen“ Maßnahme teilnehmen wird. Wir gehen von deutlich weniger als 5 Prozent Verbesserungspotential der NO2-Belastung in unseren durch Dieselabgase vergifteten Städte aus“.

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte geurteilt, die Behörde sei nicht befugt, das zur Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte sofort (01.01.2018) erforderliche Verkehrsverbot wegen der „Nachrüstlösung“ auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben“ – Dieselkonzerne wollen ohne vorherige Prüfung und Genehmigung durch die Behörden Motorsteuersoftware verändern – Unter plus 10 Grad Celsius will die Politik die faktische Abschaltung der Abgasreinigung und damit tausende unnötige Todesfälle akzeptieren – DUH kündigt an, „alle rechtlichen Möglichkeiten“ auszuschöpfen, um die erneute rechtswidrige Kungelei zu stoppen.

BUND fordert von Merkel „klare Richtlinien für die Aufarbeitung des Dieselskandals“

Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, forderte derweil von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Offenen Brief klare Richtlinien für die Aufarbeitung des Dieselskandals. Prioritär müsse sich die Bundeskanzlerin für vollumfängliche Transparenz bei den Stickoxid-Emissionen der Diesel-Pkw einsetzen. Voraussetzung hierfür seien unabhängige Abgasmessungen aller im Verkehr befindlichen Diesel-Modelle – nicht im Labor, sondern auf der Straße. Bisher seien erst 83 Diesel-Modelle unter realen Bedingungen getestet worden, teils von nicht-staatlichen Akteuren, da das Kraftfahrtbundesamt seine Pflicht diesbezüglich nicht angemessen wahrgenommen habe. Nur sechs der getesteten Modelle halten die gesetzlichen Stickoxid-Grenzwerte auch im Realbetrieb auf der Straße ein.

Der BUND-Vorsitzende forderte, dem Kraftfahrtbundesamt die Zuständigkeit für Abgasmessungen zu entziehen und Tests aller Diesel-Modelle durch das Umweltbundesamt. Nötig sei zudem ein Verkaufsverbot für alle fabrikneuen Pkw der Abgasnorm Euro 6, die auf der Straße ihre Grenzwerte nicht einhalten. Gesetzeswidrige Euro-5- und Euro-6-Diesel-Pkw müssten auf Kosten der Hersteller nicht nur durch Software-Updates nachgebessert werden, sondern durch wirksame Hardware-Lösungen wie SCR-Katalysatoren. Auch müsse sich die Bundeskanzlerin für die Einführung einer Blauen Umweltplakette einsetzen, um den Gesundheits- und Umweltschutz sicherzustellen.

Die Regierung müsse jetzt endlich den Primat der Politik gegenüber der Automobilwirtschaft durchsetzen, damit nicht die Demokratie massiv beschädigt werde, sagte der BUND-Vorsitzende anlässlich der Veröffentlichung des Brandbriefs. „Die Kanzlerin muss sich persönlich mit der Aufarbeitung des Dieselskandals befassen. Frau Merkel muss die Salamitaktik der Autoindustrie und ihres Verkehrsministers jetzt beenden. Minister Dobrindt lässt sich, wenn überhaupt, nur zu homöopathischen Maßnahmen bewegen. Auch der aktuell diskutierte Mobilitätsfonds ist nur eine Art Ablasshandel. Die Ignoranz von Herrn Dobrindt gegenüber den Menschen, die durch Abgase krank werden, ist nicht mehr hinnehmbar“, kritisierte Weiger. Er forderte zudem den sofortigen Stopp der steuerlichen Besserstellung von Dieselkraftstoff.

Folgt: Union: Autohersteller müssen jetzt liefern – ohne Fahrverbote Luftqualität verbessern – Dieselfahrer in Gruppenhaft für verfehlte Stadtentwicklungspolitik