Beispiel 3: Clean Oil und Clean Gas
Apropos Gegenwehr gegen die Einführung von Technologie: Als in den 1980’ern die Brennwerttechnik stärker aufkam und Richard Vetter 1982 den ersten Brennwertkessel entwickelte, wurde von Seiten der Branchengrößen zunächst blockiert und madig gemacht. In den Medien und mit Unterstützung vom Fachhandwerk wurde vielfach abgeraten, diese „wirtschaftlich fragwürdige Technik“ einzusetzen. Es gab zahlreiche Veröffentlichungen in denen beispielsweise festgestellt wurde: Für Brennwerttechnik ist in Eigenheimen kein Platz! Nachdem auch die großen Kesselhersteller Gas-Brennwertkessel im Programm hatten, wurde alles relativiert. Auch später, nachdem die Öl-Brennwerttechnik stärker nachgefragt war, wurde diese genauso stark beworben.
Diese Vorgehensweise ist gleichzeitig üblich, wie in ihrer Wirkung verheerend. Unter dem sicheren Schirm der Marktmacht versucht, man so wenig wie nur nötig zu ändern, um letztendlich so verantwortungslos wie nur möglich zu handeln. Alles im Sinne des Konzerninteresses. Leider ist das kein Einzelfall, wie man an den beiden anderen Beispielen erkennen kann. Die Liste der fossilen Ignoranz könnte man noch lange fortsetzen. Ein Verbot von Ölheizungen, egal zu welchem Zeitpunkt, ist nach wie vor undenkbar. Es wird so lange wie nur möglich auf Geräte, die auf der Technologie der frühen Industrialisierung basieren, gesetzt. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe ist die Grundlage. Da nutzt es auch wenig, wenn man solar unterstütze Heizkessel (wenn es wenigstens fossil unterstütze Solarheizungen wären) zu Hybridheizungen umtituliert und vermeintlich effiziente Produkte präsentiert. Speicher und Kollektorflächen werden immer kleiner, von einer Solarisierung unserer Gebäude sind wir immer noch weit entfernt.
Was steckt dahinter?
Die Kartelle der „sauberen Energie“ sind in vielen Lebensbereichen zu finden. So lange wie nur möglich wird dort an alten Modellen, die allesamt auf dem Umsatz von fossilen Rohstoffen basieren, festgehalten. Durch jahrzehntelange Kungelei mit Politik und letztendlich auch der Gesellschaft, sind Abhängigkeiten entstanden, die schwer zu durchbrechen sind. Jedoch bergen diese verkrusteten Strukturen, abgesehen von den irreparablen globalen Schäden, eine ganz andere Gefahr. Jenseits möglicher Fahrverbote droht vielmehr der unkontrollierte Zusammenbruch ganzer Volkswirtschaften mit Verwerfungen riesigen Ausmaßes. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Kipppunkt erreicht ist und die Kohlenstoffblase platzt. Und wir alle sind letztendlich dafür verantwortlich. Unser ganz persönlicher Selbstbetrug wirkt dabei als Bremsklotz auf dem Weg hin zu einer solarisierten Gesellschaft. Wer heute behauptet, sein Dieselauto wäre ein ökologisch vertretbares Fortbewegungsmittel, sein Fossilheizkessel eine zeitgemäßes umweltfreundliches Produkt oder ähnliches, der muss sich letztendlich vorwerfen lassen, nicht genau hingeschaut haben zu wollen.
Epilog: Übergangstechnologie
Gerne werden „Clean Energy“ Technologien als Übergangs- oder Brückentechnologien bezeichnet. Sie sollen als Brücke vom fossilen Zeitalter hin zu einem der Erneuerbaren Energien dienen. Genau genommen befindet man sich, Stand heute, nach wie vor im Zeitalter der fossilen Verbrennung. Eine Übergangszeit steht vielmehr für den Zeitraum in der keine fossile Verbrennung mehr stattfindet, die Auswirkungen des fossil-industriellen Zeitalters jedoch immer noch wirksam sein werden. Die Klimaveränderung findet ja nicht zeitgleich, sondern zeitlich versetzt zu dem Eintrag von Emissionen in die Atmosphäre statt. Die Übergangszeit ist folglich nicht „heute“, sondern erst „morgen“. Die ganze Begrifflichkeit ist umso absurder, wenn man bedenkt, dass wir über die Konsequenzen unseres Handels bereits seit “gestern“ wissen. Dieser Zusammenhang entlarvt die Aussage, man könne nicht alles von heute auf morgen ändern als billige Ausrede. Solange unser heute auf morgen verschoben wird, bleibt alles wie es ist.
¹Einschub: In Deutschland gilt als Grenzwert für Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken ein Tagesmittelwert von 30 µg/m³N. Ab dem Jahr 2019 wird auf einen Jahresmittelwert von 10 µg/m³N reduziert. Auf EU-Ebene wurden im Rahmen des aktuell laufenden Verfahrens zur Revision des Merkblattes „Reference Document on Best Available Techniques for Large Combustion Plants“ eine mit der zurzeit besten verfügbaren Technik im Jahresmittel erreichbare Quecksilberkonzentration für Kraftwerke mit einer Feuerungswärmeleistung ?300 MW(th) von <1 bis 4 µg/m³N für Steinkohle und von <1 bis 7 µg/m³N für Braunkohle identifiziert und zur Diskussion in die nachgeschalteten Gremien eingebracht. In den USA gelten für Steinkohle- bzw. Braunkohlekraftwerke mit sehr niedrigen Wirkungsgraden Grenzwerte von 1,5 bzw. 5 µg/m³N und für Steinkohle- bzw. Braunkohlekraftwerke mit Wirkungsgraden nach dem heutigen Stand der Technik Grenzwerte von 2,2 bzw. 5,4 µg/m³N. (Quelle: Alfons Kather und Mathias Klostermann, Grenzwerte für Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken: www.vgb.org/vgbmultimedia/PT201512KATHER.pdf ).
->Quelle: dgs.de/040817-clean-energy-ihr-seid-doch-nicht-ganz-sauber