Schon immer „bewohnt“
Entgegen den bisherigen Vorstellungen von Tropenwäldern als „grünen Wüsten”, die sich als Lebensraum für den Menschen nicht eignen, weiß man heute, dass die Besiedlung und Veränderungen dieses Lebensraumes mindestens 45.000 Jahre zurückreicht. Die erste umfassende Studie über die globalen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Tropenwälder zeigt, dass menschliche Eingriffe diese Wälder schon so lange verändern. Das ist das Ergebnis einer gemeinsam mit drei europäischen Partner-Instituten von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte (SHH-MPG) verfassten Studie.
Neben dem Jenaer SHH-MPG waren Forscher der Liverpool John Moores University, des University College London und der École française d’Extrême-Orient an der Arbeit beteiligt. Das Ergebnis der unter dem Titel „The deep human prehistory of global tropical forests and its relevance for modern conservation“ am 03.08.2017 in nature plants veröffentlichten ersten umfassenden Studie über die globalen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Tropenwälder widerspricht der Auffassung, dass Tropenwälder bis zum Aufkommen der modernen Landwirtschaft und der Industrialisierung unberührte Natur waren. Über Techniken, die von Brandrodung einzelner Abschnitte über Pflanzenanbau und Tierhaltung bis hin zum Kahlschlag reichen, üben Menschen seit Zehntausenden von Jahren einen dramatischen Einfluss auf das Ökosystem Wald aus. Während sich frühere Untersuchungen mit dem menschlichen Einfluss auf spezielle Waldregionen und Ökosysteme beschäftigten, liegt jetzt zum ersten Mal eine Studie vor, die Daten aus aller Welt zusammenführt.
Die Studie beschreibt drei Phasen der menschlichen Einwirkung auf die Tropenwälder, die ungefähr mit den Lebenshaltungsformen Jäger- und Sammlerkultur, kleinformatige Landwirtschaft und großformatige urbane Siedlungen korrespondieren.
Großer Einfluss kleiner Jäger- und Sammlergruppen
Offensichtlich haben bereits vor 45.000 Jahren die ersten modernen Menschen als Gruppen von Jägern und Sammlern, vor allem in Südostasien, ganze Tropenwaldgebiete brandgerodet. Belege für ähnliche Aktivitäten des kontrollierten Abbrennens gibt es in Australien und Neuguinea. Das Roden von Teilen der Wälder diente dazu, mehr „Waldrand“-Gebiete zu schaffen, um das Vorkommen von Tieren und Pflanzen zu begünstigen, die den Menschen damals als Nahrungsgrundlage dienten.
Darüber hinaus gibt es Hinweise, die allerdings kontrovers diskutiert werden, dass diese Eingriffe des Menschen im Spätpleistozän (vor ca. 125.000 bis 12.000 Jahren) zur Auslöschung der in den Wäldern lebenden Megafauna, wie etwa Riesenfaultiere, Waldmastodone und Riesenbeuteltiere, beigetragen haben. Das Aussterben dieser Tiere hatte erhebliche Auswirkungen auf die Strukturen des Waldes, wie die Verbreitung und die die Reproduktionsmechanismen sowie den Lebenszyklus der Waldpflanzen, die sich bis heute bemerkbar machen.
Folgt: Waldbewirtschaftung