Tool für bedarfsgerechten Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur
Ein bedarfsgerechtes Netz an Ladesäulen ist ein wichtiger Schlüssel für die Akzeptanz von Elektromobilität. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI haben für die Region Stuttgart ein Geoinformations-Tool für die Analyse von Standorten für Schnellladestationen entwickelt. Wie das KIT mit Pressemitteilung 110/2017 mitteilt, berücksichtigt das Planungswerkzeug unter anderem die Erreichbarkeit der Stationen, prognostiziert den Ladebedarf und lässt sich an unterschiedliche Rahmenbedingungen anpassen.
Der „Masterplan Schnellladeinfrastuktur Region Stuttgart“ spielt verschiedene Fragestellungen und Szenarien für die rund 3.600 Quadratkilometer große Region Stuttgart durch: Wie hoch ist der Bedarf an öffentlich zugänglichen Schnellladestationen für welche Anzahl von Elektroautos? Wie viele Standorte werden benötigt, wenn sie von jedem Punkt der Region aus innerhalb einer bestimmten Fahrtzeit erreichbar sein sollen? Wie viele Ladevorgänge pro Tag sind bei welcher Anzahl von Elektrofahrzeugen zu erwarten, und wieviel Energie wird je Ladevorgang abgegeben?
So würden zum Beispiel 58 Ladestationen benötigt, wenn sie jeweils innerhalb von zehn Autofahrminuten erreichbar sein sollten, und 218 für eine Erreichbarkeit innerhalb von fünf Minuten, heißt es. Das Bewertungsinstrument haben die Forscher des Instituts für Verkehrswesen am KIT und des Fraunhofer ISI im Auftrag des Verbands Region Stuttgart erarbeitet.
Eine ausreichende, öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge tsei eine wesentliche Voraussetzung für die Alltagstauglichkeit und Akzeptanz von Elektrofahrzeugen. Schnellladestationen mit einer Ladeleistung von circa 50 kW ermöglichten es, den Fahrzeugakku innerhalb von knapp 20 Minuten soweit aufzuladen, dass das Elektroauto eine Strecke von rund 100 Kilometer zurücklegen könne. An den bislang im öffentlichen Raum zumeist üblichen 22-kW-Ladesäulen dauere der Ladevorgang länger.
„Außerhalb von Autobahnen finden sich bislang allerdings kaum Schnellladestationen“, sagt Martin Kagerbauer vom Institut für Verkehrswesen am KIT. Das von den Wissenschaftlern entwickelte Planungsinstrument unterstütze die Kommunen und mögliche Investoren darin, geeignete Standorte für den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur in der Region Stuttgart zu finden. Der Masterplan Schnellladeinfrastruktur berücksichtige unter anderem die Zahl der in der Region bereits vorhandenen Ladesäulen, stark besuchte Punkte wie Museen, Einkaufszentren oder Restaurants sowie die Anbindung an das Stromnetz und die zu erwartende Wirtschaftlichkeit.
Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI betont: „Bei gut ausgelasteten Standorten ist in wenigen Jahren ein wirtschaftlicher Betrieb möglich. Die dafür notwendige Anbindung der Ladesäulen an das Mittelspannungsnetz ist jedoch sehr komplex und von vielen lokalen Faktoren abhängig, hier müssen konkrete Lösungen gefunden werden.“
Für die Erstellung des Masterplans hätten Forscher des KIT Daten des von ihnen entwickelten mikroskopischen multi-agentengestützten Verkehrsnachfragemodells mobiTopp zugrundegelegt, heißt es weiter. Das Modell bilde in einem Simulationszeitraum von einer Woche die Mobilität aller Einwohner der Region Stuttgart mit allen zurückgelegten Wegen, Zielen und Verkehrsmitteln ab, zum Beispiel die regelmäßige Nutzung bestimmter Verkehrsmittel oder das routinemäßige Aufsuchen bestimmter Ziele.
Die Verkehrsnachfragesimulation, die im Auftrag des Verbands Region Stuttgart erstellt worden sei, beinhalte rund 50 Millionen zurückgelegte Wege je Woche mit allen Verkehrsmitteln und spiegele das vollständige Mobilitätsprofil der Region Stuttgart wider.
Neben den Verkehrsmitteln Rad, Pkw und öffentlicher Verkehr sei im Schaufenster Projekt „LivingLab BWe mobil“ Elektromobilität in die Modellierung integriert worden. Zudem flössen auch weitere Pilot- und Forschungsprojekte des Bundes und des Landes Baden-Württemberg in die Berechnungen ein.
„Der Masterplan ist durch die zugrundeliegenden Daten speziell auf die Region Stuttgart zugeschnitten, die Methodik ist jedoch auf andere Regionen übertragbar“, betont Kagerbauer. Der Verkehrsplaner erwartet für die kommenden fünf bis zehn Jahre einen signifikanten Zuwachs an Elektrofahrzeugen. „Ich nehme wahr, dass die Einstellung der Menschen sich zugunsten der E-Mobilität ändert“, sagt Kagerbauer. Umweltaspekte spielten dabei ebenso eine Rolle wie die Tatsache, dass die technischen Entwicklungen voranschritten. Der Ausbau eines flächendeckenden Netzes von Ladesäulen im Land gehöre auch zu den Zielen der aktuellen „Landesinitiative Elektromobilität III“, die Baden-Württemberg in Deutschland zur Leitregion für Elektromobilität machen solle.
->Quelle: KIT