Ohne Hardware-Nachbesserung bei Diesel-Pkw keine saubere Luft – Hendricks und Krautzberger: „Umtauschprämie nur für saubere Fahrzeuge einsetzen“
Das Umweltbundesamt hat in Szenarien berechnet, wie sich die am 02.08.2017 beim Dieselforum beschlossenen Software-Updates und die Umtauschprämien auf zwei beispielhaft gewählte Messstellen auswirken. Sie führen laut einer gemeinsamen Medienmitteilung von UBA und BMUB zu einer Senkung der NO2-Belastung in den deutschen Städten von lediglich maximal sechs Prozent. Das BMVI widersprach prompt: Es seien Verkehrsbeschleunigungsmaßnahmen beschlossen worden. Der VDA reagierte trotzig-uneinsichtig.
Diese Senkung reicht in den meisten betroffenen Städten nicht aus, um den Jahresmittelwert von 40 µg/m³ einzuhalten, der in der EU zum Schutz der menschlichen Gesundheit gilt. Das ergeben Modellrechnungen des UBA, die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Auftrag gegeben hatte und am 23.08.2017 der Öffentlichkeit vorstellte.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: „Die Bevölkerung in den deutschen Städten hat ein Recht auf saubere Luft. Deshalb brauchen wir Maßnahmen, die zu einer raschen Senkung der Stickstoffdioxidbelastung führen. Der Dieselgipfel war ein erster Schritt, dem dringend weitere und größere Schritte folgen müssen. Es kann nicht sein, dass sich einige Hersteller selbst vor Software-Updates drücken. Auch die Weigerung der Autoindustrie, sich mit technischen Nachrüstungen zu befassen, ist für mich nicht akzeptabel. Ich kann den Automobilherstellern nur raten, hier schnell Lösungen zu entwickeln. Eines muss dabei klar sein: Wie bei den Software-Updates sind auch bei den Hardware-Nachrüstungen die Hersteller verantwortlich. Und auch die Kosten hierfür müssen natürlich vollständig von den Fahrzeugherstellern getragen werden.“
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: „Dass die Luft in den Städten trotz Software-Update kaum spürbar besser wird, liegt ganz einfach am viel zu schlechten Ausgangsniveau der Fahrzeuge. Euro 5-Diesel ohne Update stoßen heute im Schnitt 906 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer aus. Das ist fünfmal mehr als der Grenzwert von 180 Milligramm. Auch aktuelle Euro 6-Diesel ohne RDE stoßen sechsmal mehr Stickstoffoxide aus dem Auspuff aus als zulässig.“
Das Umweltbundesamt hat in Szenarien berechnet, wie sich die beim Dieselforum beschlossenen Software-Updates sowie die Umtauschprämien auf zwei beispielhaft gewählte Messstellen auswirken – die Landshuter Allee in München mit einer sehr starken NO2-Belastung von 80 µg/m³ sowie die Parcusstraße in Mainz mit einer mittleren Belastung von 53 µg/m³ im Jahresdurchschnitt. Im Ergebnis wirken sich Updates und Prämien an stärker belasteten Straßen natürlich stärker aus als an weniger stark belasteten Standorten. In den wahrscheinlichsten Szenarien liegt die Minderung demnach etwa zwischen zwei und fünf Mikrogramm.
Grenzwerte mit Software-Update nur in rund 20 Städten einhaltbar
Krautzberger: „Für fast 70 deutsche Städte reichen die Maßnahmen voraussichtlich nicht aus, um die Atemluft unter den Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid im Jahresmittel zu senken. Nur in rund 20 Städten, die derzeit knapp über dem Grenzwert liegen, werden die Beschlüsse des Diesel-Gipfels dazu führen, die seit 2010 geltenden EU-Grenzwerte endlich einzuhalten.“
Die von den deutschen Automobilherstellern angebotenen Software-Updates können die NOx-Emissionen der gesamten Pkw-Flotte nach UBA-Schätzung um drei bis sieben Prozent senken – je nachdem, wie viele Besitzer das Update durchführen lassen (Annahme: zwischen 3,5 und 5 Millionen Fahrzeughalter) und je nachdem, wie viel das Update bringt (Annahme: zwischen 15 und 25 Prozent bezogen auf die Situation vor dem Update).
Umtauschprämie geringer eingeschätzt als Software-Updates
Die Wirkung der Umtauschprämie wird insgesamt geringer eingeschätzt als die der Software-Updates und dürfte je nach Annahmen zwischen null und zwei Prozent liegen. Deutlich höher wäre die Wirkung, wenn die Prämie nur für den Kauf sehr sauberer Fahrzeuge eingesetzt würde – und nicht für die Euro-6-Diesel, die die neuen Straßentests noch nicht erfüllen.
Hendricks: „Für die Umwelt ist es am besten, wenn die Prämie dazu motiviert, vor allem kleine und sparsame Autos zu kaufen. Autofahrer sollten beim Autokauf darauf achten, die Prämie für wirklich saubere Fahrzeuge einzusetzen. Das sind etwa Elektroautos, solche mit Hybrid- und Gasantrieb, sparsame Benziner oder modernste Diesel, die geringe reale Emissionen auf der Straße haben, wie sie die neuesten Emissionsvorgaben vorsehen. Das sollten sich die Käuferinnen und Käufer vom Hersteller bestätigen lassen.“
Hendricks: Fahrverbote vermeiden