„Robuster und genauer“
Seit 01.09.2017 gelten in der EU neue Normen für „robustere und genauere“ Abgastests bei KFZ-Neuzulassungen. Zudem wird das Typengenehmigungssystem laut EU-Kommission komplett überarbeitet. In diesem Maßnahmen sieht die Kommission einen von mehreren Schritten für eine „saubere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Automobilindustrie“, schreibt Steffen Stierle auf EURACTIV.de. Geplant seien auch neue Luftqualitätsnormen sowie die Förderung schadstoffarmer Mobilität.
Deutschland sträubte sich
Die EU-Länder hatten sich am 29.05.2017 gegen den Widerstand Deutschlands für strengere Regeln bei Abgastests von Autos ausgesprochen. Die EU-Kommission soll mehr Aufsichtsrechte erhalten und bei Manipulationen von Abgastests Strafen verhängen können.
Der zuständige EU-Kommissar Jyrki Katainen erklärte: „Die neuen Emissionsprüfungen sind ein Meilenstein in unserer Arbeit für sauberere und nachhaltigere Kraftfahrzeuge in den kommenden Jahren. Aber es bleibt noch viel zu tun.“ Der Abgasskandal habe gezeigt, dass wir bei der Fahrzeugprüfung mehr Unabhängigkeit brauchen, aber auch eine strengere Marktüberwachung. Katainen verlangte weiter, dass die Kommission gegenüber den Mitgliedsstaaten bessere Durchgriffsmöglichkeiten brauche: „Die Kommission muss die Möglichkeit haben, bei Fehlverhalten zu intervenieren. Im Januar 2016 hatte die Kommission einen Vorschlag vorgelegt, mit dem genau das erreicht werden sollte. Seitdem liegt er auf dem Tisch, und das Europäische Parlament und der Rat sollten ihn sobald wie möglich verabschieden. Wir müssen entschlossen unsere EU-weiten Anstrengungen fortsetzen, um die emissionsarme Mobilität zu fördern.“
Der Verband der Automobilindustrie begrüßte die neuen Tests. VDA-Präsident Matthias Wissmann: „Die Reform der Abgas- und Verbrauchsmessungsverfahren ist wichtig und gut. Damit wird der gesetzliche Rahmen präzisiert. Die Kunden erhalten mehr Klarheit und Verlässlichkeit für ihre Kaufentscheidung. Zudem werden die Fahrzeuge durch die neuen Vorgaben nochmals deutlich sauberer, Fortschritte für die Luftqualität werden damit schneller wirksam.“ In Deutschland wurde zuletzt die Erwartung geäußert, dass die Kommission eine Initiative für mehr Elektromobilität ergreift. Von einer E-Quote war die Rede. Die aktuellen Ankündigungen der Kommission sind in dieser Hinsicht jedoch eher vage.
[note Was ändert sich?
Bevor Autohersteller in Europa ein neues Auto verkaufen dürfen, muss dieses gemäß dem bisherigen Messverfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) auf den Rollenprüfstand. Dort werden der CO2-Ausstoß, Feinstaub und Stickoxide gemessen. NEFZ wird nun abgelöst durch WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicle Test Procedure). Der neue Test soll CO2-Emmissions- und Kraftstoffverbrauchswerte liefern, die realen Fahrbedingungen besser entsprechen. Er gilt ab dem 01.09.2017 allerdings nur für Fahrzeugmodelle, die neu auf den Markt kommen und dazu eine neue Typgenehmigung benötigen. Ein Jahr später, ab dem 01.09.2018, muss dann jedes zum ersten Mal neu zugelassene Fahrzeug den neuen Testzyklus bestehen. Der Spritverbrauch nach dem neuen Messverfahren wird wohl um 15 bis 20 Prozent über dem Wert des alten Testverfahrens liegen, schätzt der Automobilverband VDA.
Die Testverfahren im Überblick
Aber viele Kunden werden die neuen Testwerte erst einmal gar nicht zu sehen bekommen, denn ihnen dürfen noch bis Ende 2018 die weniger realistischen NEFZ-Spritverbrauchsangaben genannt werden. Begründung der EU-Kommission: Man wolle die Kunden nicht verwirren, denn es seien noch viel mehr ältere Autos mit alten Verbrauchsangaben unterwegs. Damit bleiben die neuen, realistischeren Angaben erst einmal nur freiwillig. Und das nur, was Feinstaub und Stickoxid anbelangt, beim CO2 bleibt alles beim Alten: Die gültigen Grenzwerte müssen auch weiterhin nur nach dem bisherigen Testverfahren eingehalten werden*). Allerdings müssen Fahrzeuge in der EU zusätzlich zum Prüfstand nun auch auf der Straße zeigen, dass sie die Schadstoffgrenzwerte einhalten, in sogenannten Real Drive Emission Tests (RDE). Aber auch die müssen zunächst nur neu auf den Markt kommende Fahrzeugmodelle absolvieren. Aus Expertensicht sind die neuen Regelungen denn auch nicht streng genug: Die Hersteller dürfen die Schadstoffgrenzwerte aus dem Labor bei den Straßentests um das 2,1-Fache überschreiten.]
*) In der Rheinischen Post wird das unter der Schlagzeile „Neues Messverfahren für CO2-Werte“ etwas anders dargestellt.
->Quellen: