Dokumentation der Pressekonferenz zum Gespräch der Bundeskanzlerin mit Vertretern der Kommunen
Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesminister Sigmar Gabriel, Ministerpräsident Armin Laschet, Regierender Bürgermeister Michael Müller, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Oberbürgermeister Dieter Reiter, Oberbürgermeister Marcel Philipp, Oberbürgermeister Fritz Kuhn
BK’in Merkel: Meine Damen und Herren! Sie sehen, dass wir heute in ungewöhnlicher Zahl vor Ihnen sitzen, was darauf hindeutet, dass es sich um ein ungewöhnlich großes Problem handelt, das wir beackern. Ich möchte gleich vorneweg sagen: Wir haben bis 14.25 Uhr Zeit. Ich möchte mich bei den Ländern und Kommunen bedanken, die heute an dem Gipfel teilgenommen haben, den wir durchgeführt haben, um uns mit dem Thema der NOx-Grenzwertüberschreitung in Städten in Deutschland zu befassen. Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir alle der Meinung sind, dass wir pauschale Fahrverbote für einzelne Antriebsarten oder Kfz-Typen ablehnen und deshalb alles denkbar Mögliche unternehmen wollen, um solchen Fahrverboten vorzubeugen. Die Zeit drängt. Wir alle sind uns einig, dass das ein großer Kraftakt ist. Denn wir haben auf der einen Seite eine sehr individuelle Situation in den einzelnen Kommunen, aber auf der anderen Seite auch sehr systemische Effekte, so zum Beispiel den hohen Anteil an NOx-Überschreitungen, der von den Pkws in den Städten ausgeht. Zu der Systematik, wie wir als Bundesregierung vorgehen, möchte ich darauf hinweisen, dass wir zwei Stränge haben, in denen wir arbeiten. Strang eins sind die Diskussionen mit der Automobilindustrie, so wie wir das Anfang August hatten. Dieser Strang wird natürlich weiterverfolgt. In Arbeitsgruppen werden jetzt die Maßnahmen besprochen, Stichwort „Software-Update“, Stichwort „Prämien zum Austausch älterer Dieselfahrzeuge“.
Dies hier ist ein zweiter Strang, der ergänzend dazu eingesetzt wird. Das heißt, wir haben heute keine Gespräche mit der Automobilindustrie geführt, sondern wir haben heute Gespräche mit den Kommunen und den Ländern geführt, wie wir vorankommen können. Der Bund hat sich zum heutigen Gipfel bereit erklärt, den Fonds von 500 Millionen Euro, der zur einen Hälfte von der Automobilindustrie und zur anderen Hälfte von der Bundesregierung gefüttert wird, auf 1 Milliarde Euro aufzustocken. Das heißt, der Bund ergänzt ihn um 500 Millionen Euro durch Priorisierung seiner Ausgaben im laufenden Haushalt. Wir sind ja in der Situation, dass wir erst Mitte 2018 einen neuen Haushalt haben werden. Dann können wir neu entscheiden. Aber bis dahin stehen diese Gelder zur Verfügung.
Wir werden, um die Mobilitätskonzepte und Vorschläge der Länder, die individuell für die einzelnen Kommunen erarbeitet werden müssen, sachgerecht und schnell umsetzen zu können, jetzt sofort eine Koordinierungsstelle aus Vertretern der Ministerien des Bundes, der Länder und der Kommunen einrichten, um über förderfähige Projekte in den einzelnen Kommunen beraten zu können. Die Reichweite dessen, was wir tun und unternehmen können, ist weit. Es geht um den öffentlichen Personennahverkehr. Es geht um eine beschleunigte Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Es geht um die Verbesserung der Ladeinfrastruktur. Bei den Hafenstädten geht es um Landstromanschlüsse. Es geht um die Verkehrsführung, die Verkehrsleitung, Parkplätze, die effiziente Logistik in Städten zur Bewältigung der wachsenden Lieferverkehre, die umfassende Förderung des Ausbaus für Fahrrad- und Fußgängerverkehr und die Beseitigung einer Vielzahl von regulatorischen Hemmnissen. Darüber haben die Oberbürgermeister heute sehr ausführlich gesprochen.
Wir werden uns Ende Oktober, Anfang November wieder in diesem Kreis treffen. Wir müssen das nächste Treffen sehr sorgsam vorbereiten, um dann auch sehr spezifische Reduktionsmöglichkeiten auszuloten und ein Gefühl dafür zu bekommen, was wir mit den Maßnahmen schaffen können. Dazu ist aber noch eine Vielzahl von Detailarbeit notwendig. Die Bundesregierung hat für dieses Treffen ein Papier erarbeitet. Das haben die Länder zum Teil zustimmend, zum Teil kenntnisnehmend bewertet, die Kommunen auch kenntnisnehmend. Das werden wir Ihnen später geben. Das ist ein Raster, entlang dessen wir arbeiten wollen. Darüber gibt es, glaube ich, im Grundsatz ein breites Einvernehmen. Das war es von meiner Seite. Ich erteile jetzt Herrn Gabriel das Wort.
BM Gabriel: Meine Damen und Herren! In der Tat: Das sind nach dem Gipfel zum Thema Diesel mit der Automobilindustrie und den Ländern, jetzt mit den Kommunen und in ein paar Tagen auch mit den Betriebsräten und Gewerkschaften Arbeitsschritte hin zur Konkretisierung all dessen, was in den kommenden Jahren auf den unterschiedlichen Ebenen passieren muss, damit es in Deutschland keine Fahrverbote gibt und damit die Lasten der Probleme, die wir in den letzten Monaten zu sehen bekommen haben, am Ende nicht bei Kommunen, bei Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch nicht bei den Beschäftigten der Automobilindustrie hängen bleiben.
Insofern fand ich es gut, dass wir das jetzt trotz des bestehenden Wahlkampfes und trotz der Tatsache, dass wir über die laufenden Haushalte hinaus keine Entscheidungen treffen können, gemacht haben. Die Bundeskanzlerin hat eben darauf hingewiesen, dass wir in dem Rahmen, in dem wir jetzt Verantwortung für den Haushalt übernehmen dürfen, vor der Wahl 1 Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Wir gehen davon aus, dass ein substanzieller Beitrag – bislang ist von 250 Millionen Euro die Rede; ich finde, es kann durchaus auch mehr sein – aus der Automobilindustrie für Mobilitätskonzepte und deren Umsetzung – das ist wichtig; nicht nur zur Erarbeitung von Plänen, sondern auch zu deren Umsetzung zur Reduktion der NOx- und der Feinstaubbelastung in den Kommunen – kommen muss. Darüber hinaus finden Sie eine ganze Reihe von Vorschlägen in dem Papier.
Wichtig ist, dass wir die Städte und Gemeinden in Deutschland mit dieser Aufgabe nicht alleine lassen; denn wenn es Gerichtsurteile gibt, die die Kommunen treffen, dann ist das nach dem alten Motto: „Den Letzten beißen die Hunde“, obwohl sie am wenigsten für das etwas können, was dort passiert ist. Ich finde die Hinweise vernünftig – vielleicht erläutert das der Kollege Kuhn nachher noch -, dass wir uns in solchen Aktionsplänen auch klare und – das würde ich raten – erreichbare Ziele für die Reduktion von Feinstaub, von NOx und auch von CO2 setzen. Ich glaube, dass dafür eine ganze Reihe von Instrumenten – ÖPNV und vieles andere mehr – genutzt werden kann, die in dem Papier der Bundesregierung eine Rolle spielen.
Am Ende werden wir allerdings nicht umhinkönnen, realistische Strategien auch für den Individualverkehr und für die Fahrzeuge, die privat genutzten Pkws zu erarbeiten. Ich glaube, das wird nicht anders gehen, weil wir noch einmal eindrucksvoll gezeigt bekommen haben, dass wir, gemessen an den Emissionen und Immissionen, über einen relativ überschaubaren Teil reden, der durch öffentlichen Nahverkehr und anderes genutzt werden kann. Bei dem Teil, der die privaten Pkws angeht, warne ich allerdings davor, dass wir erstens überzogene Hoffnungen in die Elektromobilität stecken, die sehr schnell kommt, und dass wir zweitens außer Acht lassen, welche Potenziale in den Verbrennungsmotoren der Zukunft existieren.
Die ganze Debatte leidet ja ein Stück weit darunter, dass wir über die Verbrennungsmotoren der Vergangenheit reden, dass wir natürlich den Diesel derzeit brauchen, damit wir die CO2-Emissionen reduzieren, und dass wir bereits heute Diesel-, aber auch Ottomotoraggregate haben, die deutlich weniger Emissionen vorsehen, als wir das in der Realität haben, und zwar unter Realitätsbedingungen, nicht unter theoretischen Messbedingungen. Deswegen rate ich dringend dazu, dass wir jetzt nicht dazu kommen, Verbrennungsmotoren per se und ganz schnell als etwas zu beschreiben, was keinen Bestand mehr haben wird.
Ich als Wirtschaftsminister bin beim Thema Netzausbau leidgeprüft gewesen. Gegenüber dem, was wir derzeit an Netzausbau machen, insbesondere der Ausbau auf der Verteilnetzebene bei einer ganz schnellen Einführung von Millionen Fahrzeugen im Bereich Elektromobilität, wäre das, was wir bisher hatten, ein laues Sommerlüftchen. Ich glaube, deswegen muss man sich auch da realistische Zielsetzungen vornehmen. Die Elektromobilität wird steigen, und zwar in ganz unterschiedlicher Weise, vom vollelektrischen Betrieb über Plug-in und vieles andere mehr. Aber wir werden auch den Verbrennungsmotor als Brückentechnologie brauchen. Ich nenne nur bessere Dieselaggregate und bessere Ottomotoren.
Ich finde, völlig unterschätzt ist das Thema Erdgas – wir hätten dort drastische Reduzierungen von allen Schadstoffbereichen bis hin zu CO2 -, auch synthetische Kraftstoffe, die wegen des niedrigen Erdöl- und Erdgaspreises noch immer unter Wettbewerbsproblemen leiden. Aber ohne Brückentechnologien kann ich nicht sehen, dass wir realistische Zielsetzungen beschreiben, abseits der Tatsache, dass wir – auch das darf man erwähnen – für allein elektrisch betriebene Fahrzeuge nur einen Bruchteil der heutigen Wertschöpfung hätten. Wir reden also im Bereich der Automobilindustrie auch über den Großteil dessen, was industrielle Wertschöpfung in Deutschland ausmacht. Damit wir alles andere bezahlen können, brauchen wir industriellen Erfolg, auch im Bereich des Maschinenbaus, der Elektrotechnik und der Automobilindustrie. Ich glaube, dass man das nicht einfach über Bord werfen darf.
Deswegen plädiere ich sehr dafür, dass wir diesen Prozess fortsetzen. Ich fand die Hinweise richtig – ich wiederhole es -, dass wir konkrete Aktionspläne mit Marktsignalen brauchen, wie dies vorhin, ich glaube, der Kollege Kuhn gesagt hat. Aber ich bin auch dafür, dass wir die Brückentechnologien hin in das Zeitalter der Elektromobilität nicht einmal eben beiseiteschieben und so tun, als ob wir morgen auf den Verbrennungsmotor verzichten könnten. Dann würden wir nämlich erneut Enttäuschungen in der Öffentlichkeit produzieren. Davon kann ich jedenfalls nur abraten.
MP Laschet: Ich kann an das anknüpfen, was der Vizekanzler gerade beschrieben hat. Dieses Treffen war, obwohl wir drei Wochen vor einer Bundestagswahl stehen, von großer Sachlichkeit getragen. Das ist der Frage, um die es hier geht, auch angemessen. Es geht um die Zukunft des Industrielandes Deutschland und um eine große Verunsicherung, die wir derzeit erleben. Der kann man mit konkreten Maßnahmen abhelfen.
Das, was heute mit den Kommunen und den Länder verabredet worden ist, ist ein konkreter Plan, wie wir die nächsten Schritte gehen. Die Perspektive ist zunächst, eine Perspektive aufzuzeigen, wie die Luftreinhaltepläne in den Kommunen, die alle Kommunen schon erarbeitet haben, jetzt weiter mit Substanz versehen werden können. Der Weg auf Dauer in die Elektromobilität kann an einzelnen Punkten vorbereitet werden. Wir haben das Beispiel StreetScooter, das die Post jetzt für ihre Fahrzeuge nutzt. Das brauchen wir für andere Dienste wie Taxis oder soziale Dienste, wo ein solches Modell entstehen kann. Aber das hilft nicht kurzfristig bei den Messwerten. Die Stickoxidwerte müssen schnell sinken.
Deshalb bin ich der Bundesregierung dankbar dafür, dass sie eine Anregung aufgegriffen hat, ein Programm aufzulegen, um alte Dieselbusse jetzt mit moderner Technologie nachzurüsten. Ein Prozent aller Fahrzeuge in Deutschland sind Busse, aber sie verursachen 20 Prozent der Ausstöße. Wenn wir da schnell zu Ergebnissen kommen, dann kann uns das in manchen Städten helfen.
Wir haben heute auch erlebt, dass die Städte sehr unterschiedlich sind. Eine Stadt mit perfekter U-Bahn-Infrastruktur wie München hat andere Probleme als eine Stadt im Ruhrgebiet, die noch zu weit über 50 Prozent alte Dieselbusse hat. Dass man beiden gerecht wird, das ist das Ergebnis des heutigen Gipfels. Deshalb begrüßt Nordrhein-Westfalen diese Ergebnisse.
BGM Müller: Meine Damen und Herren, auch ich möchte zu Beginn betonen, dass es gut und richtig war, heute erneut zusammenzukommen. Der Auftakt vor vier Wochen war wichtig, aber er war eben nur ein erster Schritt. Uns allen war bewusst: Es müssen weitere folgen, und es muss deutlich und schneller vorangehen, wenn wir Fahrverbote vermeiden wollen – was wir alle miteinander betont haben – oder auch andere erhebliche Eingriffe, zum Beispiel auch in Form einer blauen Plakette. Wenn man solche Maßnahmen vermeiden will, dann muss es Schritte geben, die die Kommunen und die Städte unterstützen. Wir alle haben einen riesigen Maßnahmenkatalog, Luftreinhaltepläne, die umgesetzt und die von uns auch finanziert werden. Wir ergreifen selbst die unterschiedlichsten Maßnahmen, um unsere Werte zu erreichen. In Berlin haben wir uns das Ziel gesetzt, 2050 klimaneutrale Stadt zu sein. Dafür tun wir selbst sehr viel. Aber wir brauchen eben andere unterstützende Wege, die wir gemeinsam beschreiten. Dabei spielt natürlich auch der Diesel-Pkw der Privaten eine Rolle. Denn allein über die Maßnahmen eines Umbaus der öffentlichen Mobilitätsangebote und der Nachrüstung der öffentlichen Busflotte wird es nicht möglich sein.
Ich weiß, dass die Softwarelösung ein gutes erstes Angebot ist. Das wollen wir natürlich gern aufgreifen. Die Hardwarelösung will ich nicht ausschließen. Ich weiß, wie schwierig und wie langfristig diese Lösungen möglicherweise umzusetzen sind. Aber man kann und sollte sie nicht ausschließen. Zumindest für die Diesel, die „auf Halde“ stehen, kann es eine Lösung sein, mit entsprechenden Hardwarelösungen zu reagieren. Ich will ein Beispiel nennen, bei dem ich deutlich mehr Initiative der deutschen Automobilwirtschaft erwarte. Das sind die Busflotten. Hamburg und Berlin haben im vergangenen Jahr ein Abkommen unterzeichnet, praktisch eine Einkaufsgemeinschaft, weil wir ab 2020 auf Elektrobusse umstellen werden. 200 Busse pro Jahr werden wir gemeinsam anschaffen. Wir lösen damit eine erhebliche Nachfrage aus. Nur haben wir bisher von der deutschen Industrie keine entsprechenden Angebote. Da muss mehr passieren, wenn wir gemeinsam die Klimaziele erreichen wollen. Das ist nur ein Beispiel. In der Diskussion heute ist deutlich geworden, dass wir dringend die Innovation unserer ja wirklich gut aufgestellten Industrielandschaft brauchen, damit wir den Anschluss nicht verlieren.
Ich will abschließend betonen, dass es gut ist, dass heute auch miteinander vereinbart werden konnte, dass der Fonds aufgestockt wird, dass es auch richtig ist, insgesamt den Mobilitätsumbau zu organisieren, vernetzte Angebote zu machen, die Verkehrsträger miteinander zu vernetzen. All das sind langfristige Programme. Das bedeutet, dass wir jenseits des Fonds und des jetzt konkreten Aufstockens auch über die künftigen Haushalte der Bundesebene eine dauerhafte Unterstützung für diesen Umbau und auch für den verstärkten Einsatz der Elektromobilität brauchen.
MP Kretschmann: Meine Damen und Herren, das Treffen war für mich erst einmal sehr wertvoll, weil wir von den Städten in sehr kompakter Form erfahren haben, wo ihre Probleme liegen und wo sie Lösungsansätze sehen, was die ersten, die mittelfristigen und die längerfristigen Schritte sind. Ich will es einmal so sagen: Das Ergebnis gibt uns jetzt eher Aufgaben für den nächsten Gipfel nach der Bundestagswahl, bei dem wir dann die eigentliche Herausforderung schultern müssen: Wie verhindern wir nach Möglichkeit Fahrverbote, wie verhindern wir, dass die Gerichte uns möglicherweise dazu zwingen? Das ist die große Herausforderung. Dazu sind erhebliche Reduktionen bei NOx notwendig. Das Softwareupdate war ein erster und auch wichtiger Schritt. Aber er wird noch nicht ausreichen, um der Gefahr zu entrinnen.
Ich habe die Bundesregierung noch einmal gebeten, dass insbesondere auf die ausländischen Hersteller, die ja 35 Prozent des Marktes ausmachen und sich bisher an diesen Updates leider nicht beteiligen, Druck ausgeübt wird, damit sie sich daran beteiligen. Zum Zweiten habe ich die Bundesregierung noch einmal gebeten, dass wir das Augenmerk auch einmal auf die NOx-Emissionen, die nicht aus dem Verkehr kommen richten. Das sind immerhin 60 Prozent. Denn sonst, wenn wir es nur aus dem Dieselpark heraus erreichen wollen, werden wir es ganz schwer erreichen.
Ich will aber noch einmal betonen: Natürlich steht jetzt die Luftreinhaltung in besonderer Weise im Vordergrund. Aber wir müssen das unter Beachtung zweier anderer Ziele tun, zum einen unter Berücksichtigung des Klimaschutzes als einer der ganz großen Menschheitsaufgaben dieses Jahrhundert, aber zum anderen auch unter Berücksichtigung der Wertschöpfung der Arbeitsplätze durch die Automobilindustrie, die ja insbesondere in meinem Land zu den tragenden Säulen unseres Wohlstands und der Arbeitsplätze gehört. Deswegen muss das unter Beachtung dieser beiden Ziele getan werden.
Ich will einfach noch einmal betonen, dass wir natürlich zügig in die Elektromobilität wollen. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung den Fonds jetzt aufstockt. Wir in den Ländern werden selbst überlegen, wie wir auch unsere eigenen Bemühungen, die allerdings schon sehr groß sind, noch weiter anstrengen, um den Kommunen aus der schwierigen Situation zu helfen. Ich bin sicher: Wie alle Schadstoffdiskussionen, die ich in meinem langen politischen Leben erlebt habe, werden wir auch diese lösen. Aber zaubern kann niemand. Dafür, das auf diese schnelle Art und Weise zu erreichen, bedarf es noch sehr, sehr großer Anstrengung. Aber wir können der Bevölkerung mit Sicherheit sagen, dass wir das Problem lösen werden. Das Problem ist nur, es so schnell zu lösen, wie es jetzt durch die Gerichtsentscheidungen ansteht.
Ich will aber noch einmal sagen: Es gab eine Kontroverse. Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass wir die blaue Plakette als ein Instrument benötigen. Natürlich bedeutet die blaue Plakette letztendlich auch Fahrverbote, die wir eigentlich nicht wollen. Aber sie ist ein Instrument, das so angelegt ist, dass wir sie erst bei einer Durchdringung des Marktes mit Euro 6 von 80 Prozent ankündigen – so haben wir es frühestens ab 2020 vorgesehen -, damit sich alle auf das einstellen können, was auf sie zukommt. Das ist eine Maßnahme, die nur die Stadt ergreifen muss, die das für notwendig erachtet.
Ich will noch einmal sagen: Hätten wir das Instrument früher eingeführt, hätte es viele Probleme gar nicht gegeben. Deswegen gab es eine Kontroverse. Die Bundesregierung will das erst einmal nicht, andere auch nicht, weil sie generell Fahrverbote vermeiden will. Dem stimme ich natürlich zu, wenn wir es denn erreichen. Aber es ist auch zugleich ein Mittel, um den Gerichten zu sagen, dass wir eine verbindliche Maßnahme hätten, mit der wir das zu einem bestimmten Zeitpunkt hinbekommen. Es wäre auch ein wichtiges Marktsignal.
Ansonsten habe ich bei allen die Bereitschaft erkannt – darüber herrschte im großen Maße Übereinstimmung -, dass wir alle Kraft darauf verwenden, die drei Ziele Klimaschutz, Gesundheit der Bevölkerung, aber auch Erhalt der Automobilwirtschaft – und zwar vorne dran und nicht hinten dran – zu ermöglichen. Diese Einheit und der einheitliche Wille waren überall erkennbar. – Vielen Dank!
BGM Reiter: Meine sehr verehrten Damen und Herren, erst einmal will ich mich bei der Bundeskanzlerin und dem Vizekanzler bedanken, dass es in diesen Zeiten heute zu diesem Termin kam. Das war allerdings nicht zu früh, sondern ich glaube, es war dringend notwendig, dass die Städte an diesem Prozess beteiligt sind. Denn wir sind nicht die Verursacher des Problems, sondern wir müssen das Problem lösen. Insofern möchten wir auch gerne maßgeblich an den Lösungen beteiligt sein, was heute begonnen wurde.
Deswegen ist es mir heute auch als Münchner Vertreter gelungen, einmal den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten und der Bundesregierung klarzumachen, wie sich beispielsweise in München die Rollen verteilen, wie die Verteilung der Verursacher der NOx-Problematik in München ist. In München ist es so, dass drei Viertel aller Emissionen, also fast 75 Prozent, von Diesel-Pkw ausgestoßen werden. Deswegen brauchen wir – die Kanzlerin hat das auch gesagt – für diesen Fahrzeugbereich dringend Lösungen. In München würde mir zum Beispiel eine Umstellung der Busflotte als eine grundsätzliche Erwägung sehr zu Pass kommen. Das würde aber nur vier Prozent meiner Probleme lösen, weil wir nur vier Prozent des Ausstoßes von städtischen Bussen erfolgt, weil es eben, wie Herr Laschet gesagt hat, ein ausgebautes elektrifiziertes Nahverkehrssystem gibt.
Deswegen stimmt es auch – deswegen war es auch wichtig, dass die Kommunen hier unterschiedlich vertreten waren -, dass die Lösungsansätze in den einzelnen Kommunen sicher unterschiedlich sein müssen. Klar ist aber für alle, dass wir schnellstmöglich die umrüstbaren Euro-5-/Euro-6-Dieselfahrzeuge nachrüsten müssen, und zwar durch Softwareupdates. Dort, wo es möglich ist, muss man, denke ich, nach wie vor über Hardwareupdates nachdenken. Ich bin jetzt nicht der Techniker, der das abschließend beurteilen kann, will nur – darum geht es nämlich – keine Möglichkeit ausschließen, die wirksam ist. Am Ende des Tages werden über die weitere Vorgehensweise nur Messwerte entscheiden und sonst nichts. Wenn wir die Messwerte nicht erreichen, weil wir von vornherein Maßnahmen nicht bedacht haben oder auf Anraten der Automobilindustrie nicht in Betracht gezogen haben, kommen wir nicht weiter. Deswegen, glaube ich, dass wir dringend und so schnell wie möglich diese Nachrüstungen brauchen.
Wir brauchen übrigens aus meiner Sicht verpflichtend und nicht freiwillig – das ist aber eine Frage, die die Bundesregierung klären muss – Umstiegsanreize für diejenigen, die ein Euro-4-Dieselfahrzeug oder ein älteres Fahrzeug haben, damit nicht diejenigen die Dummen sind, die sich quasi weder wirtschaftlich noch aus sonstigen Gründen trotz nennenswerter Prämien der Autoindustrie ein neues Dieselfahrzeug kaufen können. Ich habe das Wort „Abwrackprämie“ wieder in den Mund genommen, das uns zum Beispiel beim Thema Katalysator ja durchaus weitergeholfen hat. Das ist also eine nächste Frage.
Ich bin froh, dass es einen Folgetermin gibt. Denn heute sind wir zu einem Austausch von Fakten gekommen, den ich ausdrücklich begrüße, aber, jedenfalls nicht in dem Bereich, den ich gerade skizziert habe, nicht wirklich zu konkreten Handlungsschritten. Wir brauchen aber kurzfristig Lösungen, um zu vermeiden, dass uns jedenfalls in Bayern schon im nächsten Jahr die Gerichte dazu verpflichten werden, Fahrverbote zu verhängen. Niemand will das – das will ich auch ausdrücklich sagen -, aber ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass uns, wenn wir nicht genug wirksame Maßnahmen beschließen werden, die Gerichte dazu einfach verdonnern werden. Deswegen, glaube ich, ist klar: Wer den Verbrennungsmotor zumindest als Brückentechnologie weiterhin behalten will, muss jetzt handeln. Ich hoffe, dass wir bei dem Folgetermin dann tatsächlich konkrete Maßnahmen beschließen werden, die dann auch wirksam werden, um im nächsten Jahr den Grenzwerten nennenswert näher zu kommen beziehungsweise sie auch zu erreichen.
BGM Philipp: Der aufgelegte Fonds und die in Aussicht gestellte Aufstockung zeigen zunächst einmal, wie ernst die Lage ist. Zugleich versetzt uns das aber auch in die Lage, die Maßnahmen, die kurzfristig überhaupt möglich sind, sehr schnell anzupacken. Das ist wichtig, denn wir wollen Fahrverbote verhindern. Die kommunalen Ebenen sind die Leidtragenden, wenn so etwas nötig sein sollte. Insofern brauchen wir dies dringend. Die Städte sind in der Tat unterschiedlich. Bei uns ist so, dass ganz maßgeblich die Umstellung der Busflotte auf Elektromobilität eine große Rolle spielt, weil wir eben keine U-Bahn und keine Straßenbahn haben. Generell ist die ÖPNV-Förderung ein wichtiges Instrument, um umzusteuern und auch wirklich messbare Effekt zu erzielen.
Gleichwohl reichen uns die kurzfristigen Effekte nicht aus. Wir müssen eine Vision davon entwickeln, wo wir insgesamt hin wollen. Die emissionsfreie Mobilität ist eben nur mit Elektromobilität möglich. Deshalb muss jede Stadt für sich entscheiden, welche Schritte sie gehen möchte und was das jeweils passende Konzept ist. Ich glaube, dafür sind heute sind zwar fast alle denkbaren Maßnahmen auf dem Tisch gewesen, aber letztlich ist es noch eine Menge Arbeit, das so zu sortieren, dass zukünftige Fördermechanismen auch wirklich greifen können.
Ich glaube, dass bewusst ist, wie hier die Ebenen – die Kommunen und die Länder und der Bund – zusammenarbeiten müssen, aber dass wir letztlich noch am Beginn eines Weges, eines hoffentlich gemeinsamen Weges zu einer möglichst emissionsfreien Innenstadt, zu einem möglichst emissionsfreien Verkehr stehen. Ich bin froh, dass wir als Kommunen auf dieser Ebene eingebunden sind.
BGM Kuhn: Ich möchte mich für meine Stadt auch bedanken, dass die Bundesregierung, die Frau Bundeskanzlerin und der Vizekanzler, heute zu dem Gespräch eingeladen haben. Das war auch höchste Zeit, weil die Gemeinden vieles vor Ort erleben, was auch auf Ebene des Bundes entschieden wird. Deswegen war das ein guter Termin. Ich teile die Ansicht, dass es richtig ist, den Fonds auf eine Milliarde Euro zu erhöhen, weil das den Gemeinden ermöglicht, kurzfristige Maßnahmen – Umrüstung, Steigerung der Elektromobilität und verschiedene andere Dinge – mit größerer Vehemenz umzusetzen.
Der Gesundheitsschutz ist ein extrem hohes Gut. Die Städte und die Landesregierungen müssen die Gesundheit der Bevölkerung schützen. Deswegen wollen wir die Grenzwerte einhalten, und zwar, wenn es irgendwie geht, ohne Verbote. Verbote sind für die Städte – das muss man wissen – ziemlich fatal. Jetzt kommt es darauf an, dass wir in der Summe die Maßnahmen ergreifen, um schnell die Grenzwerte einzuhalten. Die Grenzwerte gibt es ja schon seit vielen Jahren. Wir müssen sie schnell in allen Städten einhalten.
Was nicht gehen wird, ist, dass wir das, was die Automobilindustrie versäumt hat, bei den städtischen Bussen korrigieren. Ich muss klar sagen: Das wird nicht möglich sein. Deswegen ist die Frage ziemlich elementar, ob die Automobilindustrie die 30 Prozent, die beim ersten Gipfel im Zusammenhang mit den Softwarelösungen angeboten wurden, auch wirklich einhält. 35 Prozent, nämlich die ausländischen Hersteller, machen gar nicht mit. Die Frage, ob die Leute zur Softwareuntersuchung gehen oder nicht, ist ja bislang eine freiwillige Geschichte. Aber am Ende des Tages müssen 30 Prozent geliefert werden. Man muss auch – das hat man ja zugesagt – noch einmal die Frage stellen, was man technischer Art in Bezug auf die Fahrzeuge nachrüsten kann. Man muss das genau prüfen und Vorschläge machen, und zwar jetzt schon beginnend in einer Arbeitsgruppe.
Ich will noch eines für die Städte sagen: Wir nehmen ja schon lange mit vielen Programmen und Masterplänen Stickoxidreduzierungen vor. Es ist gut – das will ich noch einmal betonen -, wenn jetzt zusätzliches Geld dafür aufgewendet wird. Aber ohne eine bessere Finanzierung des ÖPNV wird es nicht gehen. Darüber haben wir heute zwar gesprochen, aber die Diskussion über dieses Thema wird nach der Bundestagswahl sicherlich auch fortgesetzt werden. Bei der Investitionen in Schieneninfrastruktur, aber auch bei der Investition in Schienenfahrzeuge müssen die Gemeinden gesetzlich auf sicherere und stabilere Grundlagen gestellt werden. Ich habe mich gefreut, dass wir zumindest signalisiert bekommen haben, dass man nach der Bundestagswahl darüber reden kann. Manches ist nicht so weit, wie es sein sollte. Jetzt redet die ganze Welt von Elektrobussen.
Wir stellen fest: Es gibt keine voll elektrischen Busse. Es gibt einen Hersteller in Polen und einen Hersteller in China. Die Heizung dieser Busse läuft aber über Dieselverbrennung. Das heißt, manchmal reden wir in der Öffentlichkeit über Optionen, die nicht stattfinden. Ich habe jetzt 43 voll elektrische Fahrzeuge für den städtischen Fuhrpark bestellt. Da es aus Deutschland keine Angebote gab, die ich nach dem Vergaberecht nehmen kann, sind wir bei französischen Herstellern herausgekommen. Das heißt, da ist es schon notwendig, dass man die Elektromobilität jetzt mit Schnelligkeit voranbringt. In der Summe war dies ein positiver Termin für uns Städte, aber auch einer, der uns zeigt, dass es noch viel zu tun gibt. Meine Bitte an die Bundeskanzlerin und an der Regierung ist einfach: Lasst die Städte nicht allein, denn die Gerichte haben Urteile gesprochen, mit denen wir umgehen müssen.
BK’in Merkel: Das werden wir nicht tun. Deshalb sitzen wir auch hier. Aber es ist noch viel zu tun, da gebe ich recht.
Frage: Ich hätte zwei Fragen, zum einen zu der einen Milliarde Euro, die es jetzt anstatt der bisherigen 500 Millionen Euro werden soll: Wo kommt denn der Rest her? Die Automobilindustrie hat noch nicht einmal ihre Hälfe der 500 Millionen Euro zusammenbekommen, wenn ich das richtig gesehen habe. Zahlen die auch mehr? Zum anderen: Was soll denn jetzt mit diesem Geld passieren? Die Elektromobilität, die Umrüstung von Bussen usw. war nämlich eigentlich zumindest nach dem letzten Gipfel in einem gesonderten Topf – zusätzlich zu diesem Städte-Aktionsplan-Topf – vereinbart worden. Wo kommt so etwas her, und wo geht es hin?
Meine dritte Frage wäre, wenn Sie jetzt alle betont haben, Sie wollen mit diesen Maßnahmen Fahrverbote verhindern: Zumindest in Stuttgart hat das Gericht doch schon ziemlich klar gesagt, dass es außer einem Fahrverbot für alte Diesel keine vergleichbar wirksamen Maßnahme gibt. Streuen Sie den Leuten nicht Sand in die Augen, wenn Sie so tun, als wären Fahrverbote hiermit jetzt tatsächlich zu verhindern?
BK’in Merkel: Nein, wir haben ja noch nicht gesagt, dass wir am Ende des Diskussionsprozesses sind. Wir wollen keine Fahrverbote; das ist einmal die politische Zielstellung. Jetzt sind wir noch nicht so weit, dass wir Ihnen heute sagen können, dass wir das auch unterlegen können. Aber wir werden bei einem zweiten Treffen dann ein ganzes Stück weiter sein. Zweitens: Wie setzt sich die Milliarde zusammen? Wir gehen davon aus, dass die ersten 500 Millionen Euro zu 250 Millionen Euro aus Bundesgeld und zu 250 Millionen Euro aus Automobilindustriegeld gespeist werden. Jetzt legt der Bund durch die Priorisierung von Ausgaben noch einmal 500 Millionen Euro drauf. Außerdem sind wir aber der Meinung – das hat Herr Gabriel gesagt -, dass wir auch mit der Automobilindustrie, die ja heute nicht dabei war, darüber reden werden, inwieweit sie noch zusätzliche Beiträge leisten kann.
Was die Frage dessen, was gefördert werden kann, anbelangt, so werden wir jetzt sehr kurzfristig eine Koordinierungsstelle von Bund, Ländern und Kommunen schaffen und dann festlegen, was mit diesem Geld genau gefördert werden kann. Sie haben recht: Es gibt außerdem Programme, zum Beispiel zur Bereitstellung der Ladeinfrastruktur und Ähnlichem, die davon nicht betroffen sind, sondern das sind jetzt noch einmal zusätzliche Dinge. Da gibt es ein breites Spektrum dessen, was die einzelnen Kommunen so im Sinn haben.
Frage: Um noch einmal das aufzugreifen, was der Kollege vorhin angesprochen hat: Das Gericht in Stuttgart hat gesagt, zum 1. Januar müssten die Grenzwerte eingehalten werden. Die Maßnahmen, die Sie jetzt vorgestellt haben und die finanziert werden sollen, werden das innerhalb dieser kurzen Zeit nicht schaffen. Deshalb wüsste ich gerne bezüglich der von Herrn Kretschmann angesprochenen blauen Plakette: Warum ist das für Sie keine Option? Warum geben Sie den Ländern nicht die Möglichkeit, dass sie die dann einsetzen können?
BK’in Merkel: Herr Kretschmann zum Urteil und Herr Gabriel zu blauen Plakette!
MP Kretschmann: Es liegt uns ja die schriftliche Begründung des Urteils noch gar nicht vor. Wenn die Urteilsbegründung vorliegen wird – das ist eine schwierige Materie -, dann werden wir sie sorgfältig prüfen und dann entscheiden, ob wir das Urteil annehmen, ob wir in Berufung oder in die Sprungrevision gehen.
BM Gabriel: Zum 1. Januar gibt es kein rechtskräftiges Urteil; das ist einmal sicher. Zweitens, zur blauen Plakette: Diejenigen, die das vorschlagen, schlagen eine stufenweise Einführung für den Fall vor, dass es Fahrverbote gibt, und dies dann übrigens auch nicht ab sofort. Meine Sorge ist, dass wir mit der blauen Plakette ein Vielfaches dessen an öffentlicher Irritation erleben werden, was wir mit der Einführung von Umweltzonen bereits erlebt haben, und dass das Verwerfungen mit sich bringt, die wir, glaube ich, einmal in Ruhe beraten müssen. Die IG Metall fordert zum Beispiel auch die Einführung der blauen Plakette. Wenn man sie sofort einführen würde, dann würde man dort nur noch mit Euro-6-Fahrzeugen und, wenn man Pech hat, nur noch mit Euro-6d-Fahrzeugen fahren, je nachdem, was sozusagen am Ende bei der Umstellung vom Neuen Europäischen Fahrzyklus auf „Real Driving Emissions“ herauskommen wird. Deswegen, glaube ich, wäre selbst die blaue Plakette für das von Ihnen beschriebene Problem keine Lösung.
Ich verstehe, und so habe ich auch Herrn Kretschmann und Herrn Kuhn verstanden, dass man sagt: Wenn es solche Urteile gibt, die rechtskräftig werden, dann brauchen wir generelle Lösungen und nicht, wie ein Kollege dort gesagt hat, das Hereinschauen in jeden Kraftfahrzeugbrief durch die öffentliche Verwaltung einer Stadt. Das habe ich verstanden. Aber für das aktuelle Problem, das Sie beschrieben haben, ist auch die blaue Plakette, selbst wenn wir sie einführen würden, keine Lösung. Die löst gar nichts, weil sie sowieso nicht sofort gilt und weil sie zweitens nicht dazu führt, dass man Fahrverbote vermeidet. Bei all denen, die die blaue Plakette vorschlagen, gilt: Die schlagen das ab 2020 oder 2021 vor. Dann kann man sich sozusagen die Jahreszahl aussuchen, je nachdem, wie viele Sorgen eine öffentliche Verwaltung vor Ort hat und wie schnell sie so etwas umsetzen kann. Eine schnelle Umsetzung des Urteils wäre damit ohnehin nicht möglich.
Außerdem rate ich dringend dazu, dass wir diese Frage in Ruhe weiter bereden, damit wir nicht eine Totalverwirrung am öffentlichen Markt und auch in der Automobilindustrie erzeugen. Deswegen bin ich sehr zurückhaltend, weil das, wenn wir es jetzt fordern würden, letztlich von allen als ein Fahrverbot gewertet werden würde, nur unter anderem Titel, und genau das – das haben wir uns zum Ziel der Maßnahmen gesetzt, über die wir hier beraten – wollen wir gerade nicht.
BK’in Merkel: Dem schließe ich mich ausdrücklich an und verweise auf persönliche Erfahrungen im Zusammenhang mit Fahrverboten hinsichtlich des Sommersmogs. Wenn Sie damit beginnen, sich einmal mit Ausnahmeregelungen, Härtefällen und all dem zu beschäftigen, dann sehen Sie, was das für Komplikationen mit sich bringt. Deshalb lohnt es sich, alle anderen Anstrengungen in den Vordergrund zu schieben.
Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich habe noch eine konkrete Verständnisfrage zu dem Fonds. Der sollte ja ursprünglich auf 28 stark belastete Regionen abzielen. Bleibt diese Beschränkung jetzt bestehen, auch wenn die Summe doch so hoch ist? Zum Zweiten: Wie wollen Sie die ausländischen Hersteller dazu bewegen und ins Boot bekommen, sowohl bei den Softwareupdates als auch bei den Beiträgen für diesen Fonds jetzt endlich mitzumachen?
BK’in Merkel: Was die Frage nach den Kommunen anbelangt, so haben wir geklärt, dass alle Kommunen, in denen es Grenzwertüberschreitungen gibt, zu den Förderberechtigten gehören werden. Wie wir mit den Regionen umgehen, muss man sich noch einmal genau anschauen. Aber wir haben den Kreis erweitert; es geht nicht nur um die 28, gegen die EU-Vertragsverletzungsverfahren laufen. Mit den ausländischen Herstellern müssen wir natürlich sprechen. Eine Möglichkeit dafür wird es schon bei der IAA geben. Diesbezüglich kann ich heute natürlich kein Ergebnis verkünden. Aber die Mitteilung der Städte, dass eben 35 Prozent der Verkehre von den ausländischen Herstellern herrühren und dass wir da natürlich ein erhebliches Potenzial haben, war sehr wichtig. Ich würde sagen, wir müssen aus Zeitgründen schließen. Ich bedanke mich bei allen. Selten hatten wir eine so große Pressekonferenz!
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